Die spanische Regierung hat verkündet, sexuellen Missbrauch Minderjähriger in Zukunft nicht mehr verjähren zu lassen. Dazu ist die Änderung der Gesetzeslage notwendig. Sexuelle Übergriffe auf Minderjährige stehen dann in einer Reihe mit Verbrechen wie terroristischen Morden und Genozid, die ebenfalls nicht verjähren. Regierungsvertreterin María del Carmen Calvo Poyato informierte den Vatikan im Rahmen eines Besuches über die Neuerung.
Aktuell kann sexueller Missbrauch Minderjähriger in Spanien noch verjähren. Die Verjährungsfrist beginnt, wenn die betroffene Person 18 Jahre alt wird und endet, je nach Schwere des Verbrechens, nach fünf bis 15 Jahren. Bisher haben Missbrauchsopfer also maximal bis zum Alter von 33 Jahren Zeit, Verbrechen anzuzeigen. Jedoch nicht allen gelingt es, das Verbrechen in diesem Zeitraum zur Anzeige zu bringen. Nach Aussagen der Organisation "Save the children" äußerten Betroffene sich im Schnitt erst mit 35 Jahren über das Erlittene.
Ausgelöst durch die Aufdeckung zahlreicher Fälle sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch katholische Würdenträger und die Bemühungen Betroffener, die Verjährungsfrist abzuschaffen, musste die Politik endlich reagieren. Während zunächst nur eine Ausdehnung der Verjährungsfrist vorgesehen war, ist nun eine komplette Abschaffung der Frist geplant. Wann mit der Umsetzung zu rechnen ist, ist noch offen.
Regierungsvertreterin Carmen Calvo überbrachte bei ihrem Rom-Besuch Vatikan-Vertreter Pietro Parolin die Nachricht von der sich ändernden Gesetzeslage. Daneben wurden weitere Themen angeschnitten, die Staat und Kirche betreffen. Darunter auch Steuerprivilegien für Bischöfe und die Exhumierung des ehemaligen Diktators Francisco Franco. Da die Kirche die Sorge der spanischen Regierung um die Gerechtigkeit für die Betroffenen des Missbrauchs teile, so Calvo, wolle sie den Vatikan darüber informieren, dass die Verjährung abgeschafft würde. Dieser Schritt solle dazu beitragen, zukünftige Verbrechen zu verhindern.
Die weltweit aufgedeckten Fälle von sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen von Kindern und Jugendlichen sowie der Umgang mit Anzeigen und Verjährungen durch Vertreter der katholischen Kirche haben in mehreren Ländern zum Überdenken der Verjährungsfrist beim Missbrauch Minderjähriger geführt. In Frankreich wurde die Verjährungsfrist von 20 auf 30 Jahre angehoben. Chile plant, seine Gesetzgebung der spanischen anzupassen, und einige Bundesstaaten der USA, insbesondere das von unzähligen Missbrauchsfällen erschütterte Pennsylvania, planen ebenfalls, ihre Fristen auszudehnen.
12 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Da ist ein hoch Katholisches Land wie Spanien schon weiter als unser träges Deutschland.
Auf die 27 Strafanzeigen ist bei uns noch keine Reaktion erfolgt ? was ist los mit unserer
Staatsanwaltschaft.
Ulrich Bock am Permanenter Link
Ich fürchte, dass die Anzeigen einfach zu den Akten gelegt wurden. Möglichst unauffindbar. Vielleicht arbeiten sie schon, ohne es groß an die Glocke zu hängen. Letzteres hoffentlich kein Wunschdenken.
A.S. am Permanenter Link
Die Kirchen haben den deutschen Staat fest im Griff. Das ist los mit unserer Staatsanwaltschaft, und dem BVerfG.
Gondel am Permanenter Link
Auf change.org läuft gerade eine Petition gegen die Verjährung von Kindesmissbrauch und hat schon binnen kurzer Zeit über 150.000 Unterschriften. Ziel sind eine Million.
Bitte beteiligt Euch, bitte ALLE!
Eingeben: tour41e.v.
Michaela Goldau am Permanenter Link
Ja, unbedingt! Macht bitte alle mit!!! Einfach Petition Kindesmissbrauch googeln.
Hans Trutnau am Permanenter Link
"Da die Kirche die Sorge der spanischen Regierung um die Gerechtigkeit für die Betroffenen des Missbrauchs teile, so Calvo, wolle sie den Vatikan darüber informieren, dass die Verjährung abgeschafft würde.
Finde den Fehler.
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Ich sehe Kindesmissbrauch und Mord auf einer Linie. Kindesmissbrauch ist Mord an der Seele
eines Kindes.
mgs am Permanenter Link
Lieber Herr Schaefer, immerhin gut, dass Sie Ihren Beitrag als 'Meinungsäußerung' markieren.
Ich, als engagierter Humanist, sehe Äußerungen wie die Ihre in einer schlimmen Tradition stehend, die durch eine Gleichsetzung - xxx = Mord - Reflexe abruft. Mord ist m. W. n. geplante Tötung, eine Tat, die für das Opfer mit dem Ableben endet.
Es wird Zeit, dass wir in diesem Diskurs genauer hinschauen. Zuerst gilt es zu definieren, was sind: Kind, Missbrauch, Seele, Mord.
A. S. Neill nannte seinerzeit die Dinge beim Namen, seine Gesellschaftskritik griff an die Wurzeln: Der anerzogene Gehorsam sei eine Ursache für die Weltkriege und den Holocaust. Die Kirche trage ihre Schuld daran, denn sie sei nichts anderes als institutionalisierter Kindesmissbrauch. Wobei Neill nicht vordergründig den später aufgedeckten körperlichen Missbrauch meinte, sondern den geistig-seelischen Zugriff: bevor das Kind laufen könne, sei es schon derart falsch konditioniert, dass es das Natürliche als unnatürlich ansehe.
Wenn wir die sexuellen Übergriffe an Schutzbefohlenen durch die Kirchen-Priester mit "Seelenmord" und den wiederum mit Mord gleichsetzen, verwischen die Begriffe und die Taten.
Wichtig bleibt, die gesamte Struktur der Kirche als verlogen zu entlarven und aufzuzeigen, dass die, die die Verteufelung aller Lust predigen, ihre eigene nicht im Griff haben. Die Übergriffe können nur in aufgebauten Machtstrukturen passieren. Jede einzelne Tat ist zu verurteilen, je nach schwere des Verbrechens: hat da ein Schweinepriester einen Jungen unter der Dusche betatscht, hat dort ein anderer während der Beichte zu sexuellem Verhalten animiert usw. usf. = alles zu verurteilende Taten. Jede einzelne nach Schwere des Falls.
Doch eine überkandidelte Hysterie, die an die Zeiten des "Besagen" (Hexenjagd) erinnert, hilft niemanden außer wieder der Kirche, die durch eine vermeintliche Aufarbeitung der körperlichen Übergriffe vom Eigentlichen ablenkt: vom geistig-seelischen Zugriff. Wobei "seelisch" hier für das Gefühlsleben steht.
hj_allemann am Permanenter Link
Sorry, das darf ja wohl nicht wahr sein!
Wenn ich jemanden zusammenschlage und der den Rest seines Lebens als Krüppel, geistig und/oder körperlich verbringen muß, dann verjährt das. Wenn ich ihn seelisch durch sexuellen Mißbrauch verkrüppele, dann verjährt das genau so wenig wie Mord oder gar Genozid? Das soll richtig sein?
Das kommt mir vor, wie das total überhöhte "Sexualisieren", wie es große Teile der MeToos und letztlich all die prüden Religiösen wollen.
Laßt uns mal zurückkommen auf eine fröhliche Sexualität mit allem Drum und Dran. Das schließt die Bestrafung und Verjährung von Mißbrauch ein, auf einem Niveau wie jeder Körperverletzung.
Die heutigen Schlagzeilen in Spanien werden beherrscht zu den Vorgängen um die Hypothekensteuer. Vor ca. 1 Woche hat das oberste spanische Gericht bestimmt, dass die Banken die den Kunden zu Unrecht belastete Hypothekensteuer rückerstatten muß. Noch am selben Tag ruderte das Gericht zurück und bis jetzt gibt es keine Entscheidung, schließlich wird das die Banken 5 Milliarden kosten. Das Gericht hat also eine Entscheidung verkündet und die am selben Tag noch für "Moment mal, so war das nicht gemeint!" entschieden. Das ist beinahe noch frecher als die deutsche Dieselpolitik.
In D muss man in dieser Situation Ablenkungen a la Maaßen produzieren und glücklicherweise sind jetzt die Midterms. In Spanien muss sich die PSOE als "links" darstellen und prüde scheint das neue "links" - oder irre ich mich da? Auf jeden Fall lenkt es prima ab.
Wenn Betroffene sich erst nach 35 Jahren äußern, dann hat das auch damit zu tun, das man den Mut aufbringen muß, gegen die Kirche vorzugehen, nicht mit der eigentlichen seelischen Verkrüppelung. Wenn nachweislich die Betroffenen sich nicht innerhalb von 15 oder 20 Jahren äußern können, dann muss man es trotzdem auf eine entsprechende Jahreszahl begrenzen, aber es verjährungsmäßig auf eine Stufe mit Genozid zu stellen verharmlost irgendwie Mord und Genozid.
Marvin am Permanenter Link
Dann schafft die Verjährung doch ganz ab... was ein Blödsinn... Missbrauch auf eine Stufe mit Mord... selbst Totschlag ist von Verjährung betroffen...
mgs am Permanenter Link
"Sexuelle Übergriffe auf Minderjährige stehen dann in einer Reihe mit Verbrechen wie terroristischen Morden und Genozid"
Oh really? Schlimmer als der Holocaust?
Ist das nicht im Grunde absolut katholisch?
Werden wir mit diesem Diskurs nicht in vielerlei Hinsicht aufs Glatteis geführt?
Das Hauptverbrechen der RKK sind doch nicht die in ihrer Ausrichtung immanenten sexuellen Übergriffe (die sind ein Teil), sondern der geistige Missbrauch, zu der die Verteufelung aller Lust der körperlichen Freude gehört. Dass diese Niedertracht in Priestertracht, die dem Menschen das Menschsein austreibt, bevor er überhaupt bis drei zählen kann, sowieso das Gegenteil dessen tat, was sie predigte, ist doch der eigentlich böse Witz. Überraschend ist das jedoch nicht. Sondern nur ein Beleg für die Lüge und den Betrug ihrer Menschen verachtenden Organisation.
Marco la Bonte am Permanenter Link
Hoffe es wird in ganz Europa gelten denn ich bin auch ein opfer und hab keine schanze mehr weil es verjährt ist!!!!!