Saudi-Arabien

Saudische Frauen erfahren jetzt per SMS von ihrer Scheidung

Eine weitere kleine Reform im wahhabitischen Gottesstaat: Bisher wurden seine Bewohnerinnen nicht zwangsläufig davon in Kenntnis gesetzt, sollten ihre Männer die Ehe beenden. Jetzt soll es keine heimlichen Scheidungen mehr geben, um den Frauen Unterhaltsforderungen zu ermöglichen und den Missbrauch von Vollmachten zu verhindern.

Seit Sonntag werden Frauen in Saudi-Arabien "über jegliche Änderung ihres Familienstandes benachrichtigt", zitiert der Spiegel das dortige Justizministerium – und zwar per SMS. Die zugehörigen Dokumente sollen zudem auf der Website der Behörde einsehbar sein. Auf diese Weise will man verhindern, dass sich Ehemänner ohne das Wissen ihrer Frauen von diesen scheiden lassen, wie das bisher wiederholt vorkam. Viele unverhoffte Ex-Frauen hätten in diesen Fällen die Gerichte angerufen, sagt die saudische Rechtsanwältin Samia al-Hindi. Auch soll die Maßnahme einem Missbrauch von erteilten Vollmachten vorbeugen und es den Frauen ermöglichen, Unterhaltsforderungen zu stellen, so eine weitere Anwältin aus dem Königreich, Nisreen al-Ghamdi, gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg.

Männer in Saudi-Arabien müssten ihre Frauen gemäß der islamischen Gesetzgebung nicht darüber unterrichten, wenn sie sich von ihr scheiden lassen wollen oder eine neue Frau heiraten, sagen Shuruq und Ziad, ein Paar, das aus Saudi-Arabien geflohen ist, gegenüber dem hpd. Gründe müsse der Mann nicht nennen. Wird die Trennung von ihm angestrebt, sei das eine reine Formalität, während die Frau – wenn sie nicht einen außergerichtlichen Deal mit dem Mann schließe – ein unislamisches Verhalten des Ehepartners nachweisen müsse, wie zum Beispiel, dass er nicht bete, so die beiden Ex-Muslime, die von der Säkularen Flüchtlingshilfe Berlin unterstützt werden. Sollte es zur Scheidung kommen, müsse die Frau außerdem die Mitgift zurückzahlen.

Die Gesetzesänderung reiht sich in eine Kette von Reformen ein, die Kronprinz Mohammed bin Salman in der letzten Zeit auf den Weg gebracht hat. Unter anderem ist es Frauen seit vergangenem Sommer von staatlicher Seite erlaubt, Auto zu fahren. Darüber hinaus ist das wahhabitische Königreich jedoch noch weit von einer Gleichberechtigung der Geschlechter entfernt: So können Frauen ohne einen männlichen Vormund noch immer nicht reisen oder ein Bankkonto eröffnen. Die vorsichtig progressiven Maßnahmen stehen außerdem im Widerspruch zum demokratiefeindlichen Vorgehen bin Salmans gegen Andersdenkende: So soll er unter anderem mutmaßlicher Drahtzieher im Fall des ermordeten Journalisten Jamal Khashoggi sein.