"Es gibt in der Welt eine objektive Wahrheit, und unsere Aufgabe ist es, sie zu finden" (S. 17) – mit diesen Worten beschreibt einer der wichtigsten Denker unserer Zeit die Ziele seines Lebens. Der 1941 geborene britische Evolutionsbiologe Richard Dawkins gehört zu den bekanntesten Verfechtern von Wissenschaft und Aufklärung; seine zahlreichen Bücher, Aufsätze, Vorträge etc. finden weltweit ein begeistertes Publikum, stoßen wegen ihrer z. T. atheistischen und religionskritischen Inhalte aber auch auf heftige Ablehnung.
Das vorliegende Buch enthält 41 – davon 20 bislang unveröffentlichte – Beispiele aus Dawkins Essays, Vorträgen und journalistischen Schriften der letzten drei Jahrzehnte, die er zusammen mit der Herausgeberin Gillian Somerscales ausgewählt, thematisch gruppiert und mit hilfreichen Kommentaren und aktualisierenden Nachworten versehen, präsentiert.
Die Beiträge behandeln neben naturwissenschaftlichen Themen Überlegungen zum Wert von Wissenschaft, Ausführungen zur Geschichte und Rolle der Wissenschaft sowie übergreifende Themen der Philosophie, Religion und Politik; oftmals mit Humor und feiner Ironie, aber auch mit persönlicher Betroffenheit gewürzt. Alle Abschnitte beginnen mit informativen Einleitungen durch Gillian Somerscales, die die Hintergründe der Texte und Denkweisen des Autors offen legen:
"Richard Dawkins ist nicht nur ein Prophet der Vernunft, er ist auch ihr unermüdlicher Wächter, seine Prinzipien sind dabei durch und durch von Mitgefühl, Großzügigkeit und Freundlichkeit durchtränkt …. Er will komplexe Wissenschaft nicht nur zugänglich, sondern begreiflich machen, und das ohne 'verdummende Vereinfachung'. Immer besteht er auf Klarheit und Richtigkeit, und dabei dient ihm die Sprache als Präzisionswerkzeug, als chirurgisches Instrument." (S. 23 ff.)
Es würde den Umfang dieser Besprechung bei weitem sprengen, auf allef oder auch nur auf viele der behandelten Themen einzugehen. Acht große Teilbereiche mit 41 Unterkapiteln, ergänzt durch einen umfangreichen Anmerkungsteil mit Quellen- und Literaturverzeichnis, vermitteln ein weit umfassendes Panorama an Wissen mit tiefgründigen weiterführenden Gedanken und Analysen; hervorzuheben ist dabei auch die (hervorragend übersetzte) klare und schöne Prosa der Texte, die laut Gillian Somerscales alle 13 Bücher und Schriften Dawkins auszeichnet.
Wie kann man das Buch lesen? In einem Zug, oder wie ein Nachschlagewerk, Kapitel für Kapitel, mal vorne, mal hinten: So hat es sich dem Rezensenten erschlossen, der noch oft und mit Begeisterung darin "schmökern" wird. Aus der Vielzahl der ihm besonders bemerkenswert erscheinenden Themen sei – ohne inhaltliche Gewichtung – eine kleine Auswahl vorgestellt:
Teil I, "Wert(e) der Wissenschaft", behandelt in vier großen Aufsätzen den Kern von Wissenschaft: Was ist sie, was macht sie, wie betreibt man sie am besten. Ein offener Brief an Prinz Charles (S. 78 ff.), in dem er dessen Wissenschaftsfeindlichkeit und Sammelsurium widersprüchlicher Alternativen beklagt ("Am meisten betrübt mich, Sir, dass Ihnen so Vieles entgeht, wenn Sie der Wissenschaft den Rücken kehren") verdeutlicht Dawkins Anliegen. In einem aktuellen Nachwort zu diesem Brief analysiert und kritisiert er außerdem sehr scharfsinnig das Referendum über die britische Mitgliedschaft in der EU: "Konnte es eine Frage geben, die sich weniger für ein einziges Plebiszit eignete? … Um des kurzfristigen politischen Manövers in seiner eigenen Partei willen spielte David Cameron russisches Roulette mit der langfristigen Zukunft seines Landes, Europas und sogar der ganzen Welt" (S. 84 f.).
Teil II, "All ihre gnadenlose Pracht", beschreibt, wie Wissenschaft betrieben wird. Er beschäftigt sich mit der Entwicklung der Evolutionstheorie, die heute als wissenschaftliche Tatsache voll anerkannt ist; in vier Kapiteln werden besonders wichtige Aspekte (Aufsätze von Darwin und Wallace, Universeller Darwinismus, Ökologie der Replikatoren, 12 Missverständnisse der Verwandtenselektion) behandelt.
Teil III, "Bedingte Zukunft", bilden Aufsätze zum Internet, zur Frage nach intelligenten Außerirdischen, zur Suche nach außerirdischem Leben sowie auch Gedanken "zur Seele" (S. 233 ff.):
Die "Seele-1", als spiritueller Teil des Menschen, von dem man glaubt, dass er nach dem Tod weiterlebt, wird von der Wissenschaft nach und nach zerstört; eine "Seele-2" als "Erschaudern vor dem Schönen, als intellektuelle oder spirituelle Kraft", wie sie z. B. von Einstein, Carl Sagan und Dawkins selbst ("Der entzauberte Regenbogen") beschrieben wurde, steht im Zusammenhang mit subjektivem Bewusstsein; "… nach meiner Überzeugung werden wir es verstehen, und zwar irgendwann vor 2057." (S. 237)
Teil IV: "Denkverbote, dummes Zeug und Durcheinander": Sieben Kapitel bieten u. a. brillante Widerlegungen des Kreationismus und untersuchen nüchtern, umfassend, nachdenklich das Phänomen Religion sowie das "Warum" von Glauben und Glaubenspraxis.
Eine der Kernfragen dazu lautet: "Welchen Überlebenswert hatte in der Vergangenheit unserer wilden Vorfahren ein Gehirn, dessen Disposition sich in der kulturellen Gegenwart als Religion manifestiert?" Eine von mehreren Antworten liegt in der natürlichen Selektion von Kindergehirnen zur Neigung, alles zu glauben, was Eltern und Stammesälteste sagen (S. 290/291).
Ein Unterkapitel führt die Behauptung, "Glaube" an die Naturwissenschaft sei selbst eine Form von Religion, ad absurdum: "Zwischen einem Glauben, den man verteidigen kann, indem man sich auf Belege und Logik beruft, und einem Glauben, der durch nichts anderes gestützt wird als durch Tradition, Autorität oder Offenbarung, liegen Welten." (S. 305)
In einem offenen Brief "Frohe Weihnachten, Herr Premierminister" an David Cameron (S. 273) bekennt sich Dawkins zum Wert religiöser Traditionen, legt dabei aber auch dar, weshalb Unterricht von und über Religionen handeln soll und nicht Religionen indoktrinieren darf. Konfessionelle Etikettierungen von Kindern (katholisch, protestantisch, muslimisch usw.) führen zu einem "Ethos der Spaltung" und ebnen "zumindest an Orten wie Belfast und Glasgow den Weg für lebenslange Diskriminierung und Vorurteile." (S. 274)
Teil V, "Leben in der Wirklichkeit", widmet sich in mehreren Unterkapiteln dem Engagement und nüchternen Zutrauen zur Fähigkeit der objektiven Vernunft, "vielleicht nicht immer Lösungen, stets aber positive Wege in die Wirklichkeit aufzuzeigen."
In "Die tote Hand Platons" beschreibt Dawkins die "Tyrannei des diskontinuierlichen Geistes": Platons "Essentialismus" ist "eine der heimtückischsten Ideen der gesamten Geistesgeschichte." (S. 321)
Eine Abrechnung mit dem Lamarckismus und Plädoyers gegen Gläubigkeit an Übernatürliches sowie für Engagement zu Vernunft, Logik, Wissenschaft und evidenzbasierter Wahrheit bilden weitere Ausführungen, denen auch ein leidenschaftlicher Aufruf gegen oft verdrängtes Tierleid beigeschlossen ist.
Teil VI, "Die heilige Wahrheit der Natur" und Teil VII, "Lachen über lebende Drachen", erläutern einerseits die "Arbeitsweise" "natürlicher Evolutionswerkstätten" (Galapagos-Inseln) am Beispiel der komplexen Evolution von Riesenschildkröten und ironisieren, persiflieren andererseits religiöses Spendensammeln und religiöse Ansichten zur Abstammung des Menschen. Dawkins versteht sich dabei auf geistreiches Spotten und widerlegt damit einmal mehr die Behauptung, er sei ein humorloser Atheist.
Teil VIII, "Der Mensch ist keine Insel", ist als letzter Teil Menschen gewidmet, die Dawkins besonders schätzt und verehrt. Neben Lies und Niko Tinbergen sowie seinem Vater John Dawkins und Onkel A. F. "Bill" Dawkins ist es vor allem Christopher Hitchens, den er würdigend in eine Reihe mit Bertrand Russel, Robert Ingersoll, Thomas Paine und David Hume stellt: "[Hitchens] Charakter selbst ist zu einem herausragenden, unverkennbaren Symbol für die Ehrlichkeit und Würde des Atheismus geworden, aber auch für den Wert und die Würde des Menschen, der nicht durch das infantile Geplapper der Religion herabgewürdigt wird." (S. 459)
Die Herausgeberin Gillian Somerscales vermerkt zu dieser Rede Dawkins anlässlich einer Preisverleihung an Hitchens: "Es ist eine eigenartige, aber durchaus passende Ironie des Schicksals, dass vieles von dem Lob, das [Dawkins] Hitchens zollt, mit ebenso großer Rechtfertigung auch ihm selbst gezollt werden könnte: 'der führende Kopf und Gelehrte unserer atheistisch/säkularen Bewegung', ein 'sanft ermutigender Freund der Jungen, der Zaghaften', gleichermaßen fähig zu 'durchdringender Logik', 'schneidendem Witz' und 'Mutig-Unkonventionellem'. Kein Wunder, dass sie Seelenverwandte waren." (S. 433 f.)
Ein Buch, aus dem nicht nur Dawkins-Anhänger, sondern alle unvoreingenommen einschlägig Interessierten Gewinn ziehen werden. Es bietet reichen Erkenntnisgewinn bei hohem Lesegenuss und wird dem Anliegen, "das Absperrseil zwischen begründeter Fantasie und unbegründeter Spekulation aufzuspannen, das Undenkbare zu denken und es damit denkbar zu machen" (S. 202), voll gerecht. Uneingeschränkte Leseempfehlung!
Richard Dawkins: Forscher aus Leidenschaft – Gedanken eines Vernunftmenschen. Ullstein Verlag Berlin, 2018, 524 S., ISBN-13 9783550050268, 26,00 Euro
Siehe auch das Interview mit Richard Dawkins, das der hpd exklusiv mit Richard Dawkins führen durfte und die Rezension von Uwe Lehnert zum gleichen Buch.
39 Kommentare
Kommentare
David See am Permanenter Link
jemanden so zu überhöhen ist nicht gut, wenn der Richard versucht Richard zu sein ist das schon viel als mensch, wenn man versucht groß zu sein macht man nur kaputt
Bernhard Zaugg am Permanenter Link
Richard Dawkins ist ein bescheidener, ehrlicher und engagierter Mann, der sich nicht selbst überhöht.
Thomas Waschke am Permanenter Link
@Bernhard Zaugg:
als ich den ersten Teil seiner Autobiographie las, war ich deiner Meinung. Nach der Lektüre des zweiten Teils sehe ich das nicht mehr.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Thomas, ist mit "Autobiographie" das hier besprochene Buch gemeint?
Und was inwiefern nach dem zweiten Teil "nicht mehr"?
Thomas Waschke am Permanenter Link
@Hans Truntnau
nein, es ging um 'An Appetite for Wonder' und 'A Brief Candle in the Dark'.
Das Buch, um das es hier geht, habe ich mir aufgrund der Rezension von Uwe Lehnert gekauft, bin aber noch nicht zum Lesen gekommen. Nach dem zu urteilen, was Gerfried Pongratz geschrieben hat, ist es auf jeden Fall interessant, ich freue mich schon auf die Lektüre.
Ich habe die meisten Bücher von Dawkins kurz nach deren Erscheinen gelesen. Die ersten ('The Selfish Gene' ist mit Sicherheit eins der besten populärwissenschaftlichen Bücher, die je geschrieben wurden, 'The Blind Watchmaker' enthält schon alles an Religionskritik was wichtig ist und ist eines der wichtigsten Plädoyers für Gradualismus, das ich kenne, obwohl man immer bedenken muss, dass Dawkins *Adaptation* meint, wenn er 'Evolution' schreibt) noch mit 'heißen Ohren', aber je mehr ich von Evolutionsbiologie verstand, desto klarer wurde mir, dass Dawkins eine Außenseiter-Position ('Ultra-Darwinismus') vertritt und in der fachwissenschaftlichen Diskussion keine große Rolle spielt.
Eins aber kann er hervorragend: Popularisieren. Genau das, was sein Lehrstuhl als Titel trug. Er ist ein aufrechter Agnostiker und hat eine Fangemeinde, die vermutlich nicht so viel von Evolutionsbiologie versteht, um zu bemerken, dass Dawkins nicht der Maßstab der Forschung ist. Und die wenigsten werden so viel von Philosophie und Theologie verstehen, um zu bemerken, welche Blößen Dawkins sich auf diesen Feldern gibt. 'The God Delusion' ist auf jeden Fall ein Buch, das er besser nicht geschrieben hätte oder sich zumindest jemanden hätte suchen sollen, der ihm 'unter die Arme greift'.
Bernhard Zaugg am Permanenter Link
@Thomas Waschke:
Du meinst wohl "Die Poesie der Naturwissenschaften"? Ich bin momentan am Lesen des ersten Teils. Kannst du mir spoilern, was mich denn so Grausames im zweiten Teil erwartet?
Thomas Waschke am Permanenter Link
@Bernhard Zaugg:
Uli am Permanenter Link
"Es gibt in der Welt eine objektive Wahrheit, und unsere Aufgabe ist es, sie zu finden."
Hans Trutnau am Permanenter Link
Haha, der Kommentar wurde freigeschaltet, während ich meinen (s.u.) schrieb und gegen 14:40 abschickte; so viel dazu, Uli Katholik...
Peter Linke am Permanenter Link
Warum sollte man sich auf der Suche nach der Wahrheit ausgerechnet in den eng gesetzten Grenzen der Vorstellungskraft von bronzezeitlicher Nomaden bewegen, für die, auf Grund ihres beschränkten Wissens, nur das Wirken
Wenn man schon dem Glauben verhaftet ist: Warum sollte man sich bei der Suche nach Wahrheit ausgerechnet auf der Suche nach der katholischen Variante der abrahamitischen Gottheit befinden und nicht auf der Suche nach einer der restlichen 500.000 heute weltweit geglaubten Gottheiten?
Bruno Kaufmann am Permanenter Link
Lieber Uli, weil wir 2019 haben, bin ich so frei und wandle Frau Steins Zitat in die heutige Zeit: «Wer Gott sucht, der sucht die Wahrheit, ob es ihm klar ist oder nicht." In meinem Umfeld gibt es zu viele Gottes
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Ich schütte ungern Weihwasser in Ihren Messwein. Aber von einem wie auch immer gearteten "Gott" hat Richard Dawkins nichts geschrieben.
Die Aussage von Frau Stein, ob sie von den Nazis umgebracht wurde oder nicht, ist und bleibt in diesem Sinn falsch. Strenggenommen suchen ja nicht mal dogmatisierte Katholiken nach der Wahrheit, weil sie im Wahn leben, diese in der Bibel schon gefunden zu haben.
Nach Art. 4 GG haben wir sogar höchst offiziell die "Erlaubnis" nicht nach dem christlichen Gott westlicher Lesart und katholischer Prägung zu suchen - auch nach keinem anderen - weil wir das Recht zur negativen Religionsfreiheit haben. Frau Stein wusste das noch nicht, obwohl die Weimarer Verfassung bereits die Trennung von Staat und Kirche vollzogen hatte. Aber die Altvorderen aus den religiösen Restbeständen brauchen halt immer ein wenig länger, bis sie die Realität akzeptieren...
Heinz König am Permanenter Link
""Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht.""
Was zu beweisen wäre...
Wolfgang Graff am Permanenter Link
Da hatte die Edith aber nicht ihren besten Tag.
Kay Krause am Permanenter Link
Uli beweist es wieder einmal mehr: Ein religiös Gläubiger kann jedes Wort, jeden Satz, jede Aussage zu einer Verkündung der"Wahrheit"(?) Gottes ummünzen.
Thomas B. Reichert am Permanenter Link
Monogötter sind Personifikation der Lichtenergie und damit kann der Theologe natürlich alles sagen und somit dem Volk ein kollektives Ueber-Ich einreden.
Andreas Scholz am Permanenter Link
"Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht."
Also wenn ich die Wahrheit suche, warum am Ende des Geldes immer noch soviel Monat übrig ist, suche ich in Wirklichkeit Gott?
Wahnsinn. Aber wenn ich dann Gott auch wirklich gefunden habe, kann ich dann mit Gott beim Bäcker bezahlen?
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Uli, haben Sie eine Ahnung wieviele Millionen von ermordeten Menschen weltweit auf das Konto der Christen gehen, welche bei der Verbreitung ihres Glaubens und als Ketzer oder Hexen auf den Scheiterhaufen bei lebendige
Emmerich Lakatha am Permanenter Link
@ Uli
Sie zitieren:
"Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht."
Obwohl man bei der Evolution keine Voraussagen treffen kann, ist davon auszugehen, dass es einmal ein postreligiöses Zeitalter geben wird. Ich bin 86 Jahre alt und werde dieses mit Sicherheit nicht mehr erleben. Da ich mit meinen Mitmenschen nicht ständig in Feindschaft leben möchte, sehne ich mich nach Harmonie. Doch gerade Katholiken, die immer und überall von Gott sprechen, machen diese Harmonie unmöglich. Wer aber offen nach Wahrheit sucht, kommt früher oder später zu einem monistischen Weltbild. Dessen ungeachtet haben wir alle gemeinsame Bedürfnisse. Ich, z. B., kann ohne Gemeinschaft nicht leben. Die gemeinschaftsbildende Kraft der Religionen ist derzeit stärker als die von atheistischen Bewegungen. Die Betonung liegt aber auf "derzeit"! Darum meine Bitte: Anerkennen Sie, dass es für Wahrheitssuchende keineswegs selbstverständlich ist, dass ihre Suche zu Gott führt. Bei mir war das jedenfalls nicht der Fall. Oder wollen Sie leugnen, dass Dawkins ein Wahrheitssuchender ist?
Kay Krause am Permanenter Link
Ich bin seit über 70 Jahren auf der Suche nach mir selbst. Habe keine Zeit, Uli's "Wahrheit zu suchen! Anmerkung für Uli: das soll Satire sein!
Hans Trutnau am Permanenter Link
Große Arbeit von Gerfried Pongratz; ich stolperte schon nach Uwe Lehnerts Rezension über das Buch, habe es aber immer noch nicht...
Und was gibt es sich "zum Wert religiöser Traditionen" zu bekennen? Ohne Wert für mich. Hitchens' Schreibe ist da konsequenter und eindeutig. Oder liegt's an der Übersetzung?
Gerfried Pongratz am Permanenter Link
Danke fürs Kompliment!
Über "objektive Wahrheit" bin auch ich ein wenig gestolpert, aus anderen Schriften Dawkins meine ich aber zu verstehen, wie er das meint:
Unter der (metaphysischen) Annahme, dass es die Welt gibt, können wir deren Eigenschaften - z.B. die Naturgesetze - mit der Methodik des kritischen Rationalismus (Falsifizierunsvorbehalt!) objektiv - nicht von subjektiven Erfahrungen und religiösen Offenbarungen usw. ausgehend - erforschen und als Wahrheit ("bewährt" im Popperschen Sinne) erkennen. (Dazu hat er als Wissenschaftler sehr viel beigetragen!)
Die Formulierung "zu finden" beinhaltet m.E. auch "zu suchen".
Worin Dawkins den Wert religiöser Traditionen erkennt, beschreibt er im Buch recht schlüssig (z.B. auch Atheisten feiern Feste wie Weihnachten etc.).
Hans Trutnau am Permanenter Link
Vllt. meinen wir dasselbe, Gerfried?
"Wer suchet, der findet" - *kann* also irren.
Und manche 'Atheisten' mögen sich noch zu einem Wert religiöser Traditionen bekennen; ich als Atheist mache das nicht mehr mit, habe den Klumpatsch komplett über Bord geworfen, feiere auch Weihnachten nicht mehr. C. Hitchens oder S. Fry sind mir da näher.
Thomas Waschke am Permanenter Link
Gerfried Pongratz:
"(Dazu hat er als Wissenschaftler sehr viel beigetragen!)"
Hans Trutnau am Permanenter Link
Das Buch habe ich noch nicht, aber es gibt eine Google Books Vorschau; darin z.B.:
Die bemerkenswerte (!) Ausnahme wird aber nicht näher erläutert (gerade für einen Evolutionsbiologen schon äußerst bemerkenswert); aber wichtiger, alternative Erklärungsmodelle, wie z.B. von Gerta Keller (https://de.wikipedia.org/wiki/Gerta_Keller), werden mit keinem Wort erwähnt.
Das fiel mir nicht zuletzt auch in einem Buch von Michael Schmidt-Salomon auf.
Verschweigen von solchen alternativen Erklärungsmodellen, die fraglos begründet sind, wirft ein interessantes Schlaglicht auf die eigene (subjektive!) Perspektive...
Und wohlbemerkt - Kellers Alternative ist nicht irgendeine krude Verschwörungstheorie.
Vllt. hat RD davon einfach nichts gehört? Wohl kaum, denke ich.
So what - nobody's perfect.
Thomas Waschke am Permanenter Link
@Hans Trutnau
"Vllt. hat RD davon einfach nichts gehört? Wohl kaum, denke ich."
Mir ist das zum Beispiel an Irreduzibler Komplexität aufgefallen. Er hat dieses Konzept (unter dem Begriff 'brittle') schon dargestellt, bevor der Begriff geprägt wurde. Dass derartige Systeme, sollte es sie geben, nach seinem Mechanismus ('Climbing Mount Improbable') nicht generierbar wären, kam ihm aber nicht in den Sinn. Ich kann mir das nur so vorstellen, dass Dawkins, wie er selber einräumte, unter 'Evolution' meist nur Adaptation versteht. So weit hat er Recht.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Nee, Thomas; ich meinte, dass er von Gerta Keller wohl kaum *nicht* gehört haben kann.
In diesem Fall also die neuere Theorie gerade nicht rezipiert hat.
Es ist ja an den Grenzen der jeweiligen Wissenschaft häufiger zu konstatieren, dass sich die 'community' der Mehrheitsmeinung anschließt - was nicht unbedingt richtig sein muss...
Thomas Waschke am Permanenter Link
@Hans Truntau
"Gerta Keller wohl kaum *nicht* gehört haben"
Wenn ich richtig informiert bin, ist die ganze Sache mit dem Aussterben der Dinos noch nicht endgültig geklärt. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als die Alvarez-These neu in die Diskussion eingebracht wurde. Es gab auch Menschen, die vertraten, dass durch den Meteoriten-Einschlag massiver Vulkanismus ausgelöst wurde.
Es ist halt immer auch ein wenig zufällig, welche neue Theorie sich durchsetzt und muss nicht unbedingt etwas mit deren Stichhaltigkeit zu tun haben. Zudem sind Wissenschaftler meist 'konservativ' und tendieren eher zum Bewährten (aus guten Gründen, denn die große Mehrzahl der als sensationell und neu vorgeschlagenen Theorien entpuppt sich meist als zumindest überzogen). Klar, es ist zudem problematisch, wenn eine Frau diese vorstellt. Denk an Lynn Margulis und was zu der alles gesagt wurde, als sie die Endosymbionten-Theorie vorschlug.
Sven F am Permanenter Link
"aber wichtiger, alternative Erklärungsmodelle, wie z.B. von Gerta Keller (https://de.wikipedia.org/wiki/Gerta_Keller), werden mit keinem Wort erwähnt."
Was meinen Sie zu den Fußnoten [6] und [7] bei dem von Ihnen verlinkten Artikel, die sich ja gegen Frau Kellers Hypothese aussprechen?
Hans Trutnau am Permanenter Link
Och jo, Sven F; tun die Fußnoten das? Werde ich jetzt nicht extra nachsehen.
Aber darum gings mir ja auch gar nicht, sondern dass ein Wissenschaftler, der seine Wissenschaftlichkeit so klar herausstellt, solche Widersprüche / Alternativen noch nicht einmal erwähnt (und ebenso die bemerkenswerte Ausnahme der Vögel nicht weiter erläutert). Wie ich schon sagte - nobody's perfect.
A.S. am Permanenter Link
Lese gerade selbst das Buch, bin derzeit in Abschnitt III. Lesenswert.
Aber zu Dawkins selbst:
- "Objektive Wahrheit": Ich denke hier eher an Platons Höhlengleichnis: Mehr als ein wissenschaftliches Erahnen (basiert auf systematischer Beobachtung) wird uns Menschen nicht gelingen.
Thomas R. am Permanenter Link
"Es gibt in der Welt eine objektive Wahrheit, und unsere Aufgabe ist es, sie zu finden."
-
Uli am Permanenter Link
"Es gibt in der Welt eine objektive Wahrheit, und unsere Aufgabe ist es, sie zu finden."
...
"Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht."
1. Es gibt eine objektive Wahrheit. D.h. rein logisch, wenn eine Aussage wahr ist, kann das Gegenteil davon nicht gleichzeitig auch wahr sein.
2. Die Wahrheit ist das, was ist.
3. Gott ist die erste Ursache allen Seins. Dass etwas überhaupt ist und nicht nicht-ist, folgt daraus, dass esvon Gott geschaffen ist.
4. Die geschaffenen Dinge verweisen auf ihre Ursache schon allein durch ihr Dasein, was ihre wichtigste Eigenschaft ist.
5. Wer die Natur (oder das Wesen) der geschaffenen Dinge erforscht, gewinnt dabei Einsicht in deren Ursache, d.h. Gott.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Jetzt noch einmal von vorne. Und dann noch einmal. Und dann...
Aber nein - es wird nix nützen.
Uli ist und bleibt Katholik. Auf Teufel komm raus.
awmrkl am Permanenter Link
"Gott ist die erste Ursache allen Seins. Dass etwas überhaupt ist und nicht nicht-ist, folgt daraus, dass es von Gott geschaffen ist."
Das sind erstmal nur wilde Behauptungen. Woher weißt Du das?
Beleg(e)? Nachweis(e)? Zumindest Indizien?
Zitate aus Märchenbüchern zählen nicht!
Rainer am Permanenter Link
"Es gibt in der Welt eine objektive Wahrheit, und unsere Aufgabe ist es, sie zu finden"
Das stammt von Richard Dawkins?
Objektiv, aus wessen Sicht? ;-)
Ich empfinde: Eine Aussage, die eines bemerkenswerten Mannes unwürdig ist. Prometheus?
Ich schätze Dawkins dafür, dass er den "Religiösen" und den ideologischen Linken (andere gibt es nicht) stets tüchtig Contra gab. Aber bisweilen habe ich auch einen Eindruck, er leidet auch unter einer gewissen Hybris.
Es gibt keine "Wahrheit". Wahrheit ist ein Begriff verstiegener Religion. Und Wissenschaft sollte sich nicht dazu verführen lassen. Denn dann wird ihre Kritik am Religiösen hinfällig.
Es gibt Realität. Und die ist an Wahrnehmungsfähigkeit und Wahrnehmungsverarbeitung gebunden. Das macht unsere Welt bisweilen schwer erträglich. Aber es bewahrt uns auch vor dem Tod durch Langeweile.
Wie dem auch sei - Dawkins "Selfish gene" war und ist noch ein Meilenstein des populär vermittelten Wissenschaftsgedankens, in bester Darwin-Tradition.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Im Original: "There is objective truth out there and it is our business to find it."
"... to search for it" am Ende wäre stimmiger gewesen.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
"Es gibt keine "Wahrheit". Wahrheit ist ein Begriff verstiegener Religion."
Stefan Evertz am Permanenter Link
Mir fällt es schwer, Dawkins zu lesen. Viele Gedankensprünge, Vergleiche und Übertragungen sind nicht nachzuvollziehen und m.E. unwissenschaftlich.
Selbst die überhöhte Darstellung des von Dawkins so geliebten Darwinismus ist nicht zeitgemäß. Wissenschaft geht anders!