Am heutigen 1. Februar findet zum siebten Mal der "World Hijab Day" statt. Er soll Frauen ermutigen, sich zu verschleiern und will sich gegen die Diskriminierung von Musliminnen richten. Frauenverbände und Islamkritiker schlagen Alarm und drehen das Motto des Tages um: Mit dem "No Hijab Day" wollen sie auf die Unterdrückung von Frauen in islamischen Ländern hinweisen.
Nazma Khan, die mit elf Jahren aus Bangladesch nach New York kam, fühlte sich als Hijab-Trägerin immer diskriminiert. "Ninja" habe man sie in der Schule genannt, "Terroristin" in der Universität. Das bewog sie 2013 zur Initiierung des Tages, der Nicht-Musliminnen auffordert, an der Aktion "Hijab for a day" teilzunehmen. Unter dem Hashtag "freeinhijab" sollen sie Fotos von ihrem Selbstversuch veröffentlichen. Für einen Tag sollen Frauen weltweit die Erfahrung der Verschleierung machen, so will Khan religiöse Toleranz steigern und das Verständnis für das Tragen des Hijab in nicht-muslimischen Ländern fördern. Und sie hat Erfolg damit: Nach eigener Aussage würden sich Frauen aus 190 Ländern an der Aktion beteiligen. Der Bundesstaat New York erkannte den Tag 2017 offiziell an, die schottische Premierministerin Nicola Sturgeon tritt auf der Website der Aktion offiziell als Unterstützerin auf. Auf worldhijabday.com findet man Beiträge mit Titeln wie "Ich habe mich nie schöner und selbstbewusster gefühlt" und "Der Tag, an dem ich mein Haus ohne Schleier verlasse, wäre kein Tag zum Feiern".
Die Antwort der sozialen Medien ließ nicht lange auf sich warten: Kritikerinnen kehrten den 1. Februar zum "No Hijab Day" um. Unter dem Hashtag "freefromhijab" wiesen Männer und Frauen auf die Unterdrückung in islamischen Ländern durch den Kopftuchzwang hin. Twitter-User may singh rajput postete eine Zusammenstellung aus Zeitungsartikeln, die über Fälle berichteten, in denen Frauen Gewalt angetan wurde, in denen sie zu Gefängnisstrafen verurteilt oder gar getötet wurden, weil sie sich unverschleiert in die Öffentlichkeit gewagt hatten. "Der Hijab ist eine Fessel für die Freiheit und die Identität von Frauen. Er steht für eine altertümliche arabische Frauenfeindlichkeit und die Versklavung von Frauen und Mädchen", schreibt Tania auf Twitter. Ensaf Haidar, die Frau des nach wie vor inhaftierten säkularen Bloggers Raif Badawi, bezeichnete den "World Hijab Day" in einem Tweet als "islamische Propagandakampagne" und rief dazu auf, für "die Opfer, die darunter leiden, den Hijab oder Niqab tragen zu müssen", einzutreten.
Terre des Femmes unterstützt den Protest gegen den "World Hijab Day": "Wir von Terre des Femmes sind zutiefst befremdet von der Idee, einen "World Hijab Day" zu feiern – während gerade zahlreiche mutige Iranerinnen auf die Straße gehen und gegen die Kopftuchpflicht protestieren, dafür Verfolgung und Gewalt ertragen und ins Gefängnis müssen", heißt es in einer Stellungnahme auf deren Internetseite. "Terre des Femmes kritisiert den sogenannten 'Feminismus' einiger weniger privilegierter Frauen in den freien Gesellschaften, die das Kopftuch verharmlosen oder gar verherrlichen und damit zur praktizierten Geschlechterapartheid beitragen. Sie ignorieren alle Frauen, die tagtäglich versuchen, sich vom Kopftuch zu befreien und erschweren ihnen den Weg zur gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe. Alles, was unter dem Deckmantel der Religion geduldet und verherrlicht wird, hat Auswirkungen auf die Freiheitskämpfe der Frauen im Iran, Saudi-Arabien und weltweit." Die Vorstandsangehörige Necla Kelek sagte Deutschlandfunk Nova, sie hoffe, dass die Bewegung in Deutschland nicht so viele Anhänger finde.
Der Zentralrat der Ex-Muslime ruft auf seiner Facebook-Seite zu einer "Anti-Hijab-Demo" auf der Kölner Domplatte auf, die morgen um 14 Uhr stattfinden soll. Die Organisation hatte bereits am 5. Januar eine Stellungnahme verfasst, wie der hpd berichtete. Die Vorsitzende, Mina Ahadi, sagte der Deutschen Welle, sie frage die Teilnehmerinnen des Weltschleiertages, ob es nicht besser sei, einen Tag gegen den Zwang zum Kopftuch auszurufen. "Als Kind habe ich gesehen, was der Hijab als kulturelles oder religiöses Phänomen bedeutet. Danach habe ich ihn als Instrument einer islamischen Regierung kennengelernt. Als solches hat der Hijab alle Rechte von uns Frauen unsichtbar werden lassen."
Auf die historische Bedeutung des 1. Februar im Zusammenhang mit der Frauenverschleierung weist das feministische Magazin Emma hin: Vor 40 Jahren kehrte Ajatollah Khomeini in den Iran zurück und machte das Land zum Gottesstaat. Ab diesem Zeitpunkt mussten sich die Frauen zwangsweise verschleiern. Jetzt soll ebendieser Tag die Freiheit von Frauen symbolisieren, ihn zu tragen. Ein gewisser Zynismus lässt sich da nicht leugnen.
11 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
Der letzte Absatz gibt allerdings zu denken.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Aber neben dem gewissen Zynismus vllt. insbesondere eine ganz banale Geschichtsvergessenheit der islamisch indoktrinierten Nazma Khan, die sich da instrumentalisieren lässt.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Sind Sie da nicht wieder zu streng, Herr Trutnau?
Hans Trutnau am Permanenter Link
Was ich damit sagen will?
Ich *betrauere* die globale Abnahme der Ambiguitätstoleranz.
(Das Wort betrauere, besser den ganzen Satz, bitte gefettet lesen.)
Und es ist völlig klar, dass das in gewissen Kreisen nicht mehr nur eine Abnahme, sondern ein Totalverlust darstellt.
So, liebe Luisa, habe fertig. Kannst freischalten.
joachim beck am Permanenter Link
wenn ihnen erst der letzte absatz zu denken gibt .....................
Hans Trutnau am Permanenter Link
Ich hatte ja in einer Art Selbstgespräch zuvor darauf geantortet...
Hans Trutnau am Permanenter Link
s.o.kurz zuvor kommentiert.
Anja Sander am Permanenter Link
Jede Kultur basiert auf massenhafter Unterdrückung der "Unteren" durch die "Oberen", insbesondere auf der Unterdrückung der Frauen.
Religion gibt den Weihrauch dazu.
Mit einem Hijab-Feiertag leistet der Staat seinen Beitrag. Just am 1.2. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Thomas Baader am Permanenter Link
Nazma Khan habe diesen Tag ins Leben gerufen, um „die Millionen Musliminnen auf der Welt sichtbar zu machen, die sich freiwillig für das Kopftuch und ein Leben in Sittsamkeit entschieden haben“.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Guter Punkt!
Dieter Bauer am Permanenter Link
Freiheit, Gleichheit, Menschlichkeit sind Feinde der Geistlichkeit, die mit Gewalt über die Menschen zu herrschen bestrebt ist; zumindest bei den abrahamitisch beeinflussten Falschlehren.