Kritischer Sammelband erschienen

Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland

Die beiden Unionspolitiker Carsten Linnemann und Winfried Bausback drucken in ihrem Sammelband "Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland" 15 Beiträge, welche aus verschiedenen Perspektiven die Gefahren des Islamismus durch unterschiedliche Verfasser erörtern. Es handelt sich meist um gute Kenner mit klarem Differenzierungsvermögen, wobei die Ausführungen jeweils alle gut begründet und inhaltlich reflexionswürdig sind.

"Der Islam gehört zu Deutschland" – diese Aussage des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff wird heute noch kontrovers diskutiert. Dabei blieb und bleibt aber meist unklar, wie das gemeint sein soll: beschreibend, historisch, normativ pluralistisch, rechtsstaatlich?

Cover

Jetzt erschien ein Sammelband mit dem Titel "Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland", der hier zumindest eine bestimmte Konkretisierung vornimmt. Herausgegeben haben ihn Carsten Linnemann, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU im Bundestag, und Winfried Bausback, der ehemalige bayerische Staatsminister der Justiz. Was sie meinen, definieren sie wie folgt: "Die radikalen Ausprägungen, die den westlichen Lebensstil zum Feindbild erheben und unsere freiheitlich-demokratische Rechtsordnung zu unterlaufen suchen, bezeichnen wir als 'politischen Islam'" (S. 7). Das ist zwar schon ein wenig konkreter, aber noch nicht klar genug. Ist damit der Fundamentalismus oder der Islamismus gemeint, inwieweit geht es um Einstellungen, Handlungen, Organisationen?

In dem Band finden sich 15 Beiträge zu verschiedenen Themen von ganz unterschiedlichen Verfassern. Es versteht sich daher von selbst, dass es bei der Begriffsverwendung, Denkperspektive und Positionierung keine einheitliche Sichtweise gibt. Journalisten und Wissenschaftler gehen auch unterschiedlich vor: Der Soziologe Ruud Koopmans fragt, inwieweit der real existierende Islam zu Deutschland gehöre und referiert dazu diverses Datenmaterial. Der Politikwissenschaftler Bassam Tibi macht auf die Notwendigkeit einer Unterscheidung von religiösem Glauben und politischer Ideologie aufmerksam. Der Analyst Marwan Abou Taam erörtert das Herrschaftsverständnis des politischen Islam. Der Mitherausgeber Winfried Bausback spricht die Grenzlinien des Rechtsstaats bezogen auf den politischen Islam an. Der Journalist Sascha Adamek geht den Geldströmen der Islamisten nach. Die Islamwissenschaftlerin Necla Kelek erörtert die Bedeutung des Kopftuchs. Der Journalist Joachim Wagner problematisiert die Praxis des islamischen Religionsunterrichts.

Der Präventionsexperte Ahamd Mansour fordert eine nationale Strategie gegen Radikalisierung. Der Antisemitismus-Beauftragte Michael Blume problematisiert die Judenfeindschaft im politischen Islam. Die Islamwissenschaftlerin Christine Schirrmacher erblickt die Gefahr einer informellen Paralleljustiz im deutschen Rechtsstaat. Die Journalistin Düzen Tekkal skizziert ihren "German Dream" als Kontrast zum politischen Islam. Der Staatssekretär Markus Kerber beschreibt das Selbstverständnis und Wirken der Deutschen Islam Konferenz. Der Grünen-Bürgermeister von Tübingen, Boris Palmer, schildert die Aufnahme- und Integrationsleistung seiner Stadt. Der Journalist Andreas Schnadwinkel kritisiert die defizitäre Medienberichterstattung über den politischen Islam. Und Mitherausgeber Carsten Linnemann präsentiert einen Aktionsplan gegen die gemeinte Entwicklung. Damit hat man es mit einem breiten Feld an Positionen und Verfassern zu tun, welche aber alle die Distanz von und Warnung vor dem politischen Islam eint.

Die enthaltenen Auffassungen und Deutungen werden meist differenziert und sachkundig vorgetragen. Es gibt auch keine Frontstellungen gegen alle Muslime, wie immer wieder gern von Andersdenkenden als Reaktion auf Kritik unterstellt wird. Neben Analysen und Einschätzungen zum Gegebenen findet man darüber hinaus Konzepte für die Praxis. Auch wenn der Band viele Fragen offen lässt und den Kontext von innerer Fremdenfeindlichkeit und politischem Islam stärker hätte thematisieren können, findet man doch viele Anregungen und Informationen. Deutlich wird dabei immer wieder, dass der Berufung auf Religion keine herausragende Relevanz zugeschrieben werden dürfte. Gleiches müsste dann auch für das Christentum in der Gesellschaft gelten. Manchmal sind in dem Band auch einfache und kurze Sätze von besonderer Wichtigkeit wie von Düzen Tekkal: "Integriert eurer Gemeindeleben in eine Gesellschaft, die die Religionsfreiheit aller will" oder "Mehr Bekenntnis zur Freiheit statt zur Religion" (S. 174).

Carsten Linnemann/Winfried Bausback (Hrsg.): Der politische Islam gehört nicht zu Deutschland. Wie wir unsere freie Gesellschaft verteidigen, Freiburg 2019 (Herder-Verlag), 288 S., 22,00 Euro