In Nordrhein-Westfalen (NRW) ist im Jahr 2018 die Zahl der Menschen, die aus der Kirche austraten, im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen. 88.510 Personen haben die katholische oder evangelische Kirche verlassen. Zur Erhöhung der Austrittszahlen beigetragen haben unter anderem die zahlreichen Skandale um sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen, aber auch die Verschwendung von Geldern.
Nach Angaben des Kölner Stadt-Anzeiger traten mit den 88.510 Personen rund 22 Prozent mehr Menschen in NRW aus den Kirchen aus als im Jahr davor. 2017 waren es 72.588 und im Jahre 2016 70.717 Personen, die die Kirchen verließen. Die Statistik des Justizministeriums, welches die Austritte erfasst, sammelt leider keine Informationen darüber, aus welcher Kirche die Personen austraten und was ihre Beweggründe dafür waren.
Für einzelne Städte und Regionen liegen detaillierte Auskünfte bezüglich der Kirchenzugehörigkeit vor. Für Ostwestfalen-Lippe weiß das Westfalen-Blatt zu berichten, dass im Jahr 2018 6.065 Menschen aus den Kirchen austraten. Im Jahr 2017 waren es noch 5.141. Für das Erzbistum Paderborn sind die Zahlen für 2017 aufgeschlüsselt. So traten 7.347 aus der katholischen Kirche aus. 10.302 Menschen wurden getauft, 354 traten ein und 167 wechselten von einer anderen Konfession. Aus der evangelischen Landeskirche von Westfalen traten 14.037 Personen aus. 16.713 wurden getauft und 3.921 Personen traten ein. Wie viele der 3.921 die Konfession wechselten, ist nicht bekannt.
Für Düsseldorf hat die Rheinische Post mittels Recherchen des Amtsgerichts in Erfahrung bringen können, dass 2018 2.383 DüsseldorferInnen die katholische und 1.685 DüsseldorferInnen die evangelische Kirche hinter sich ließen. Im Jahr 2017 seien es noch 1.795 Austritte bei der katholischen und 1.444 Austritte bei der evangelischen Kirche gewesen.
Über einen Austrittsrekord im katholischen Bistum Münster berichtete der hpd bereits.
Dass nicht allein im Hinblick auf den sexuellen Missbrauch, die Ungerechtigkeit zum Beispiel Frauen und Homosexuellen gegenüber und natürlich die Tatsache, dass religiöse Lehren überflüssig sind viel mehr Menschen austreten, erklären die einen mit Verbundenheit zu den Kirchen, andere mit der Furcht, vor allem im sozialen Bereich keine Arbeit zu finden, wenn kirchliche Träger Bewerbungen konfessionsfreier Menschen aussortieren. Einen Teil dazu beitragen könnte jedoch auch, dass eine Abmeldung von der Kirche, in die die meisten KatholikInnen und ProtestantInnen ohne eigenen Wunsch, mittels Taufe, eintraten, nicht einfach online zu erledigen ist. Der Gang zum Amtsgericht, Wartezeiten und die Zahlung von 30 Euro dürfte einige Menschen länger in der Kirche halten als gewollt.
Zumindest was die berufliche Situation betrifft dürfte offiziell keine Diskriminierung der BewerberInnen in Bezug auf die Angehörigkeit oder Freiheit von einer Konfession mehr stattfinden. Wie das Institut für Weltanschauungsrecht (ifw) erklärt, hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) klar gemacht, dass das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen diesen nicht das Recht gewährt, im rechtsfreien Raum alleine und ungeprüft darüber zu entscheiden, was ihrem Selbstbestimmungsrecht unterfällt und damit von der Geltung des Unions- und des staatlichen Rechts ausgenommen ist und was nicht.
21 Kommentare
Kommentare
Arno Gebauer am Permanenter Link
Moin,
ein hoffungsvoller Bericht.
Danke!
Gruß
Arno Gebauer
HuGo am Permanenter Link
Es werden noch mehr werden (müssen!), damit den Kirchen klar wird, dass ihre Taktik und Strategie bzw. das setzen auf Zeit und Vergessen ivm. Gedächtnisverlust nicht verfangen können.
Roland Weber am Permanenter Link
Die Austrittszahlen sind dennoch beschämend! Ein ethischer Offenbarungseid eben auch der verbleibenden Mitglieder in einer solchen Organisation - und vor allem von Frauen.
Ich bezweifle sogar, dass alle, die schon einmal Opfer wurden, aus der Kirche ausgetreten sind! Ansonsten müssten gerade bei der RKK die Austrittszahlen viel höher sein. Man sollte diese Menschen ruhig einmal fragen, ob sie Konsequenzen aus ihrer Erniedrigung gezogen haben! Wer dennoch in dieser Organisation verblieben ist, sollte damit konsequenterweise auch ohne jegliche Entschädigung auskommen. Wer weiterhin dazugehören will, sollte eben auch als Opfer als dazugehörig behandelt werden! Das bleibt dann "rein kirchlich"!
Die Menschen glauben doch immer noch, dass die Mitgliedschaft in einer noch so "bedenklichen Organisation" ethisch unbedenklich sei!
Man sollte die ethische Fragestellung nicht nur an den Kindesmissbräuchen festmachen wollen. Schon immer war es auch einer der Bräuche, dass sich Kleriker an einfältigen Frauen und auch Nonnen vergingen, die alles als gottgewollt ansahen und sich über Jahrhunderte auch nicht wehrten. Aber auch das ist ja durchaus noch nicht alles, was man den Kirchen vorhalten muss. Ihre Geschichte ist und bleibt bis heute eine Kriminalgeschichte. Literatur gibt's bis zum Abwinken. Vom Unsinn des christlichen Glaubens (wie dem auch anderer Religionen!) an sich einmal ganz abgesehen ...
Kay Krause am Permanenter Link
Mich würde interessieren, wieviel der Staat (gesamt) im vergangenen Jahr, und in den 20 Jahren davor, an den Gebühren für Kirchen-Austritt verdient hat?
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Gute Nachrichten sind gerade in der heutigen Zeit so selten, darum Danke, Danke, Danke!
Hans Trutnau am Permanenter Link
Endlich vernünftige Nachrichten...
Kay Krause am Permanenter Link
Unverbindliche Empfehlung:
Behauptest du, die Kirche tät auch Gutes,
so stimmt das wohl, sie tut es.
Doch was die Kirche tut mit vollem Bauch,
Kommt ein Bettler an die Tür,
so gib ihm Brot, gib ihm Quartier,
doch erwart' Bezahlung nicht dafür.
Die Kirche wird beschenkt, bezahlt vom Staat,
der dafür reichlich Steuergelder hat.
Weil Realitäten du verkennst,
wenn du dieses "Gutes" nennst:
NICHTS umsonst tut der Verein,
außer dem: es bringt was ein!
Und bist du auch zum Zehnt bereit,
bist du von weit'ren Kosten nicht befreit.
Drum tritt aus! Tritt aus,
Glauben, Beten kannst du kostenlos zuhaus!
Kirche hat sich schon bald selbst erledigt.
Wo kein Publikum, da wird auch nicht gepredigt!
außer dem: es bringt was ein!
Und bist du auch zum Zehnt bereit,
bist du von weit'ren Kosten nicht befreit
drum tritt aus, aus dem bigotten Kirchenhause,
Glauben, beten kannst Du kostenlos zuhause!
Tritt aus, denn Kirche hat sich bald schon selbst erledigt:
Wo kein Publikum, da wird auch nicht gepredigt!
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Viel zu Milde,
ich bin im Bilde,
diese ganze Missbrauchsbande,
für alle eine Schande.
Ich behaupte klipp und klar,
kein Priester glaubt an den Jesusstar,
und das ist nun mal das LIEBE Geld!
Die meisten Gläubigen bleiben nur deshalb in der Kirche,
weil sie um ihr Einkommen fürchten. Bertrand Russell
Frank am Permanenter Link
Innerlich sind 90 % aller Kirchenmitglieder und Pfaffen schon lange aus der Kirche ausgetreten. Die glauben nicht mehr an dass was die Pfaffen predigen und was in der Bibel steht.
Unechter Pole am Permanenter Link
Vor allem wissen sie leider nicht, was in der Bibel steht. Sonst wären sie vom Ekel dem Verein schon lange ganz ferngeblieben.
Judith am Permanenter Link
Das heißt aber nicht, dass die Austreter auch ungläubig werden/sind. Mich würden die Mitgliederzahlen der ganzen Freien Gemeinden etc. interessieren.
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Ich war in der Kirche nie drin aber ich bin sehr religiös: OHNE EINEN GOTT! "Gootseihdanc!"
Kay Krause am Permanenter Link
W. Schaefer,wie geht das?
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Ganz einfach: Ich gehe viel fotografieren, lebe in der Natur und beschäftige mich mit dem Christentum. Dadurch lerne ich Wahrheit von Lügen zu unterscheiden.
Judith Etzold am Permanenter Link
@Wolfgang Schäfer:
Da würde mich interessieren, WIE Sie Ihre Fragen gestellt haben. Wie man in den Wald hinein ruft....
An was glauben Sie, wenn Sie doch religiös sind?
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Erste Frage: Wer hat und wann wurde "Gott" erschaffen, dabei gab es doch schon so viele imaginäre Götter und Göttinnen vor dem "lieben Gott?
Wieso hat da Adam einen Nabel?
Dritte Frage: Wenn es nur einen Gott geben soll, warum schickt er nach langer langer Zeit angeblich seinen Sohn auf die Erden, schreibunkundig, noch nicht einmal mit Hauptschulabschlussniveau, aber nur studierte Theologen können sagen, was "Jesus" gesagt oder doch nicht so gemeint hat oder könnte gemeint haben aber das doch nicht so
gesagt hat?
Vierte Frage: Warum geht des Gläubigen auch nicht besser oder schlechter wie den Nichtgläubigen?
Antwort: Ich töte nicht, ich stehle nicht und ich glaube nicht. Ein christlicher Gott ist mir bei meiner Religiosität ein Gräuel !
Noch Fragen?
Kay Krause am Permanenter Link
W.Schaefer, ähnlich geht's mir auch, aber wenn das "religiös" ist (was ich bisher nicht wußte), dann kann Kirche von uns beiden noch viel lernen und der deutsche Staat Milliarden einsparen!
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Ich wusste gar nicht, was Sie für einen genialen Humor haben. Nur zwei Worte: Kirche und lernen! Lach, lach, lach!
Kay Krause am Permanenter Link
Jedr tut halt, was er kann!
Kay Krause am Permanenter Link
Egal ist's: trittst du ein, trittst du aus,
Hauptsach' ist, du trittst - den Deubel raus,
aus dem bigotten Kirchenhaus!
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
"Der Gang zum Amtsgericht, Wartezeiten und die Zahlung von 30 Euro dürfte einige Menschen länger in der Kirche halten als gewollt."
Heißt: spätestens am Jahresende hat man die Kohle schon wieder eingespart.