Die Auswirkungen des menschengemachten Klimawandels sind schon jetzt in vielen Teilen der Welt spürbar. Doch wie wird es in naher Zukunft aussehen? Welche Herausforderungen kommen damit auf die Menschheit zu? Constantin Huber denkt über zwei mögliche Szenarien nach.
Wir haben nicht mehr viele Jahre, in denen wir unseren Netto-CO2 Ausstoß auf null zurückfahren müssten. Andernfalls wird das 1,5-°C-Ziel verfehlt und anschließend in absehbarer Zeit auch der 2- und 2,5-°C-Grenzwert überschritten.
Aktuell sieht es so aus, als würden nicht einmal die reichen Industrienationen mit qualitativ hochwertiger und flächendeckender Bildung dazu in der Lage sein, sich Politiker*innen in die Regierung zu wählen, die tatsächlich bereit sind, etwas zugunsten des Klimaschutzes weitreichend und nachhaltig zu verändern. Wo sollten dann Schwellenländer respektive gar jene Länder, die von fragwürdigen Regimen bis hin zu waschechten Diktatoren geführt werden, den Anreiz hernehmen, sich deutlich mehr für den Klimaschutz einzusetzen? Wir können nicht so tun als wüssten wir es nicht besser. Denn das tun wir. Seit Jahrzehnten kommen sämtliche einschlägigen Forschungsinstitute zu demselben Ergebnis. Seit Jahrzehnten geben diese Warnungen, Zukunftsaussichten und Lösungsansätze heraus. Doch getan wird bisher viel zu wenig.
Daher erscheint es sinnvoll, zwei Szenarien zu durchdenken und zu überlegen wie wir mit den jeweiligen Situationen umgehen sollten. Das eine Szenario kann als Optimum, das andere als Pessimum angesehen werden.
Szenario 1
Wir schreiben das Jahr 2030 – die Durchschnittstemperatur hat sich um 1 °C erhöht. Trockene Regionen werden immer trockener, feuchte immer feuchter. Der Meeresspiegel steigt, wodurch Hurrikans regelmäßig viel größere Flächen verwüsten. Einige Flüsse versiegen und Dürreperioden halten länger an. Die Ernteerträge sinken, während die Weltbevölkerung anwächst.
Wir schreiben das Jahr 2050 – die Durchschnittstemperatur hat sich um 1,5 °C erhöht. Hitzewellen machen ganze Landstriche unbewohnbar. Doch aufgrund der Tatsache, dass supranationale Katastrophenverträge abgeschlossen wurden, müssen keine Millionen Flüchtlinge Hunger leiden und auch nicht dauerhaft in entwürdigenden Auffanglagern leben.
Wir schreiben das Jahr 2080 – die Durchschnittstemperatur erhöht sich nicht weiter. Die Menschen gewöhnen sich langsam an die sehr regelmäßig auftretenden Extremwetterlagen und lernen, damit umzugehen. Die vielen ausgestorben Tierarten können zwar nicht zurückgebracht werden, aber es sterben aufgrund staatlicher und zivilgesellschaftlicher Initiativen kaum noch weitere aus.
Wir schreiben das Jahr 2100 – die Durchschnittstemperatur hat sich aufgrund neuer Technologien um 0,2 °C verringert. Da das Klima nicht irreversibel beschädigt wurde, kommen die meisten Wissenschaftler*innen zu der Ansicht, dass wir durch global angelegte Projekte in den nächsten Jahrzehnten sogar wieder auf den CO2-Stand aus dem Jahr 2020 kommen können.
Szenario 2
Wir schreiben das Jahr 2030 – die Durchschnittstemperatur hat sich um 1,5 °C erhöht. Hitzewellen machen ganze Landstriche unbewohnbar. Millionen Menschen werden zu Flüchtlingen. Die meisten Länder schotten sich ab. New Orleans wird nach der dritten Zerstörung durch Überschwemmungen nicht wieder aufgebaut. Warnungen, dass bei weiterhin ansteigenden Temperaturen unter anderem das Grönlandeis und die Permafrostböden in Sibirien schmelzen können, wodurch folgenschwere Rückkopplungseffekte eintreten und das Klima unumkehrbar kippt, werden immer lauter.
Wir schreiben das Jahr 2050 – die Durchschnittstemperatur hat sich um 2 °C erhöht. Riesige Mengen Treibhausgase gelangen durch die sich erwärmenden Methanhydrate auf dem Meeresboden und die aufgetauten Permafrostböden in die Atmosphäre. Egal, welche Maßnahmen ergriffen werden: der Treibhauseffekt in Kombination mit dem fehlenden Eis, das nicht mehr hinreichend viel Sonnenstrahlung reflektiert, heizt die Erde immer weiter auf. Das globale Klima wurde irreversibel beschädigt. Aufgrund von Ernteausfällen müssen Nahrungsmittel in vielen Ländern rationiert werden.
Wir schreiben das Jahr 2080 – die Durchschnittstemperatur hat sich um 3 °C erhöht. Die Hälfte aller Arten auf dem Planeten sind ausgestorben, die Ökosysteme weitestgehend zerstört. Der Golfstrom versiegt, was zu massiven Temperaturveränderungen führt. Die Ackerflächen reichen nicht mehr aus, um alle noch lebenden Menschen satt zu machen. Die letzten großen Wälder brennen mit jeder Dürre weiter ab. Die 9. Welthungerkatastrophe rafft weitere 400 Millionen Menschen dahin. Ärmere Länder greifen mit ihren letzten Mitteln die reicheren an, um an Nahrung und Trinkwasser zu gelangen.
Wir schreiben das Jahr 2100 – die Durchschnittstemperatur hat sich um 3,5 °C erhöht. Wer es nicht über sich bekommt, seine letzten Haustiere, Ratten und Ungeziefer zu essen, muss sterben. Missgunst, Hass und Krieg greift um sich. Nukleare Vergeltungsschläge zerstören die menschlichen Lebensgrundlagen des Planeten endgültig. Der letzte Mensch der Welt stirbt.
Auf Nummer sicher gehen
Beide Szenarien zeigen eines sehr deutlich: Weder die Engstirnigkeit der letzten Jahrzehnte (wie zum Beispiel so ziemlich jede Verschwörungstheorie oder esoterische Quacksalberei), noch die Kleingeisterei der vergangenen Jahrhunderte (wie zum Beispiel Nationalismus oder Protektionismus) oder die Jahrtausende alten Moralvorstellungen der Abschottung und Xenophobie (wie sie zum Beispiel in fast jeder Religion vorzufinden sind), wird uns bei der Lösung potenziell anstehender Konflikte helfen können.
Was wir brauchen ist eine Ethik, die den entsprechenden Anforderungen gerecht werden kann. Eine davon lässt sich aus dem evolutionären Humanismus ableiten. Dieser kann in Kombination mit dem Pochen auf Wissenschaftlichkeit – auf Basis des kritischen Rationalismus in der Methodik und dem Naturalismus als epistemologische Grundlage – die Grundpfeiler legen, um eine Gesellschaft zusammenzuhalten, die aufgrund verfehlter Klimaschutzziele auch vor sehr heftige Herausforderungen gestellt wird.
Auch wenn Szenario 2 überzeichnet sein mag und es noch eine ganze Bandbreite möglicher Szenarien dazwischen gibt – ganz ehrlich: lasst uns so oder so für Szenario 1 streiten! Das sind wir den kommenden Generationen und uns selbst schuldig. Es gibt kein logisch kohärentes Argument, das dagegen spräche. Oder, um es in den Worten von Marc-Uwe Kling auszudrücken:
"Ja, wir könnten jetzt was gegen den Klimawandel tun, aber wenn wir dann in fünfzig Jahren feststellen würden, dass sich alle Wissenschaftler doch vertan haben und es gar keine Klimaerwärmung gibt, dann hätten wir völlig ohne Grund dafür gesorgt, dass man selbst in den Städten die Luft wieder atmen kann, dass die Flüsse nicht mehr giftig sind, dass Autos weder Krach machen noch stinken und dass wir nicht mehr abhängig sind von Diktatoren und deren Ölvorkommen. Da würden wir uns schön ärgern."
29 Kommentare
Kommentare
David See am Permanenter Link
wenn jeder auf sein Auto sein Fisch und Fleisch und seinen Urlaub verzichtet und seinen Konsum einschränkt und auch keine Kinder in die Welt setzt, dann klappt es. oder nach mir die Sintflut.
Jess Karau am Permanenter Link
Danke! Genau meine Gedanken!!!
Hans-Paul Broschart am Permanenter Link
"Nahrungsmittel in vielen Ländern rationalisiert werden."
Nahrungsmittel werden RATIONIERT!
llenneper am Permanenter Link
Vielen Dank für den Hinweis, die Korrektur wurde übernommen.
Olaf Sander am Permanenter Link
Ich halte Szenario 2 für wahrscheinlicher, wobei ich bei der zeitlichen Einordnung Zweifel habe. Es wird wohl sehr viel schneller gehen.
Obendrauf kommt der derzeitige Höhenflug der Populisten und Nationalisten in Politik und Gesellschaften, die gerade dabei sind die Fundamente für den beschriebenen Protektionismus und Nationalismus zu gießen und dabei leider recht erfolgreich sind. Der Rassismus ist dabei eines ihre schärfsten Werkzeuge und Genozide werden ziemlich sicher die Folgen sein.
Was also kann man tun, damit Szenario 1 eintritt und nicht die Salvinis, Höckes, Trumps und Bolsonarios dieser Welt die Zukunft "gestalten"?
Ich persönlich halte Träumen für eine gute Idee.
Zum Beispiel der Traum davon, dass sich die vielen humanistischen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Vereinigungen, die bisher im Großen und Ganzen ein Einzelkämpferdasein fristen, vereinigen - und dabei alles anders machen als bisher.
Sie könnten sich soziokratisch organisieren und sich darauf einigen, dass der Mensch im Mittelpunkt steht und für einen Mittelpunkt auch das Drumherum von größter Wichtigkeit ist.
Sie könnten interdisziplinär zusammenarbeiten um für das große, übergeordnete Ziel - nämlich den ökologischen, sozialen und ökonomischen Dreiklang - ein Konzept zu entwickeln, welches Constantins Szenario 1 wahrscheinlicher werden lässt.
Sie könnten zeigen, dass Kooperation besser ist als Konkurrenz, Konkurrenz aber nicht schlecht ist, wenn sie sportlicher Natur, also fair ist.
Sie könnten Beweisen, dass Teilhabe für Lieschen Müller möglich ist und Daniel Düsentrieb dennoch frei mit seinen Innovationen zu großem Wohlstand gelangen kann.
Sie könnten ihre Konzepte für Deutschland entwerfen. Oder für Europa. Aber eigentlich besser gleich für die ganze Welt. Denn das ist eines unserer größten und am besten ignorierten Probleme: Das die Welt rund ist.
Die jetzt real existierenden Leute, die potentiell dazu in der Lage sind ihren Verstand, ihre Herzen und ihre Kompetenzen zusammen zu schließen, könnten eine Denkfabrik im Geiste Thomas Morus sein, die aber nicht nur mit einer bloßen Utopie beeindruckt, sondern auch den Weg aufzeichnet, wie der (momentane) Nichtort erreicht werden kann.
Ich bin davon überzeugt, dass ein solches Konzept, und sei es auch 12.000 Seiten lang, die Kraft dazu hätte, die bestehenden politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Verhältnisse radikal zu ändern. Weil es allen Menschen Hoffnung machen und Perspektiven aufzeigen könnte.
Alles könnte damit beginnen, dass irgendwo ein einflussreicher Humanist das Telefon nimmt und einen anderen einflussreichen Humanisten anruft und sagt:
"Du, lass uns doch mal über die Zukunft reden und schauen, wie der Mensch in den Mittelpunkt gestellt werden kann, ohne dabei das Drumherum zu vergessen."
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Und wer mich jetzt naiv nennt - ja, ja, ich weiß...
Der Traum ist der beste Beweis dafür, daß wir nicht so fest in unserer Haut eingeschlossen sind, wie es scheint.
Friedrich Hebbel (1813 - 1863)
[1] ARD-Mediathek: Die Story im Ersten: Klimafluch und Klimaflucht
Christoph Heckermann am Permanenter Link
Ich bin überzeugt von der Menschen-gemachten-Klima-Änderung, evtl. auch Katastrophe. Aber ich glaube nicht an einen Weltuntergang.
Werner Helbling am Permanenter Link
Im gleichen «Tempo» wie die umweltschädlichen Einflüsse, CO2 / Methan, usw. verringert werden sollten, müssten auch weltweit die Geburten reduziert werden.
Helmut Lambert am Permanenter Link
Nichts Neues! Vor allen Dingen wird kein Weg zur Lösung der Probleme aufgezeigt.
Reiner am Permanenter Link
So schwierig ist es doch gar nicht:
Schluss mit dem sinnentleerten, ressourcenvernichtenden, klima- und umweltschädigenden und kriegstreibenden Wegwerfüberflusswahn!
Produktion um 50% runterfahren (wir werfen allein 50% aller Lebensmittel weg ... wir haben in 2008 2.000.000 Autos verschrottet, um neues Geld via Kredit für neue Autos zu "zeichnen bzw. schöpfen" etc. pp. ).
Volle Mineralölsteuer auf Flugbenzin.
Öl, Gas, Strom nur auf EC-Karte auf x Energieeinheiten begrenzt (z.B 1.000 Liter Benzin im Jahr ... danach wird jeder Liter x% teurer, so dass der 2.000endste Liter z.B. doppelt so viel kostet wie 1-1.000 Liter)
Werbung verbieten: Niemanden den Mundwässrig machen nach Dingen an die er nie denken würde.
Reisefreiheit ja ... aber keine Reiseveranstalter mehr: Wer reisen will muss selber mehr machen als einen Mausklick!
Lkw´s dürfen nicht leer zurückfahren, sondern müssen immer! beladen sein.
Bedingungsloses Grundeinkommen, damit Menschen, die mit wenig klarkommen, nicht zur Überflussproduktion genötigt/gezwungen werden.
Reduzierung der regulären Arbeitszeit auf 20 Stunden die Woche. Jede Überstunde muss dreifach besteuert werden (z.B. um das bedingungslose Grundeinkommen zu finanzieren)
Kinder in die Welt setzen muss unerwünscht sein ... nicht verbieten ... und das Wohl des Kindes ist immer im Auge zu behalten (Kindergeld) ... aber Familien mit über x Euro Einkommen bekommen keine Zuschüsse mehr. Kind ist Luxus und kein gesellschaftlich erwünschenswerter Beitrag.
Schluss mit dem Schuldgeldsystem: Alles Geld ist Kredit. Das bedeutet: Alle Guthaben sind die Schulden jener Lohnsklaven, die sich verschuldet haben und dann "zappeln" müssen ... egal wie sinnentleert ihr Handeln ist. Geldschöpfung darf nicht zum Zwang zur Arbeit führen. Deswegen: "Guthabengeld (frei von Rückzahlungsverpflichtung) ...was z.B. der Staat schöpft indem er Lehrer, Ärzte, Krankenschwestern mit gezeichneten Geld bezahlt.
Erbschaftssteuer für Erblässe von über 500.000,- Euro = 100%. Dann lohnt es sich für niemanden ein Milliardenvermögen für seinen Clan (Nachfahren)anzusammeln.
Einkommen von über 200.000,- Euro pro Jahr = 1ßß% Steuern ... auch das bremst die Motivation auf "Höher, Schneller, Weiter" aus.
Als Pendant zu fast keine Erbschaftssteuer auf Erblässe von unter 500.000,-Euro brauchen Arbeitnehmer, die nichts erben werden einen Freibetrag von 500.000,- Euro auf ihr Lebensarbeitseinkommen (vorzugsweise auf die zuerst verdienten 500.000,- Euro).
Das alles wäre schon mal ein Anfang... und mit ein bissel Phantasie kann man auch noch andere Ansätze entwickeln.
Beste Grüße
Reiner
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Dieser hervorragende Artikel von Constantin Huber sollte in allen verfügbaren Medien täglich veröffentlich werden, vielleicht kommen dann die Probleme der Welt endlich in die Gehirne der Massen und diese TUN etwas geg
G. Hantke am Permanenter Link
Also die Qualitäts-Medien werden wohl einen Teufel tun, sich den Problemen ernsthaft zu stellen. Die Massen haben zu wenig Anstand, zuviel Arroganz und auf ihre Gehirne sollte man besser auch nicht setzen.
Wurden die Mahnungen des Club of Rom vor 50 Jahren noch medial unterstützt, wurden die GRÜNEN jedenfalls so lange diffamiert, wie sie selbst ihre Programme noch ernst nahmen und eine konsequente Umweltpolitik einforderten.
Den Massen gehen die Umweltprobleme überwiegend am meistbeschäftigten Körperteil vorbei. Selbst das Thema Krieg und Frieden rangiert eher weiter hinten. Hierzu könnte man fast endlos Beispiele nennen.
Der Anteil der SUV hat sich in kurzer Zeit vervielfacht. Wer nicht gerade mit solcher Schlachtkarosse unterwegs ist, sitzt zB in der Fußgängerzone unter Heizpilzen, weil es innen so muffig ist oder so. Und jedes aufkeimende Grün auf dem Bürgersteig zu Hause wird mit dem Flammenwerfer abgefackelt.
Die besonders umweltbewußten Zeitgenossen, denen die Erfindung des Fahrrades nicht mehr genügt, lassen sich inzwischen fast ausnahmslos von Elektroantrieben verwöhnen, um schneller wieder zu Hause zu sein oder warum eigentlich?
Und die Politiker sorgen zB dafür, dass immer dann, wenn mal etwas zugunsten der Umwelt beschlossen werden mußte, sogleich die nötigen Ausnahmeregelungen und Schlupflöcher bereitgestellt werden, damit alles nun aber wirklich auch nur Makulatur bleibt. Auch hier Beispiele fast ohne Ende. Nehme man nur mal das Plastikmüllproblem. Soweit überhaupt etwas passiert: nur Makulatur. Selbst wenn das Müllaufkommen um 50 % reduziert würde, wäre dem Planeten nicht geholfen. Was änderte es großartig, wenn
es statt 10 Jahren künftig 20 bräuchte, um dieselbe Menge Müll zu produzieren? Auf die Idee, Plastikmüll gänzlich zu unterbinden und/oder von 100 prozentigem Recycling abhängig zu machen, kommen weder Medien, die Massen noch Politiker, die diese Massen vertreten. Das würde ja bedeuten, zum Tante Emma – Laden zurückzukehren. Dort brauchte es kein Plastik.
Usw usw.
Leon Paysan am Permanenter Link
„Es gibt kein logisch kohärentes Argument, das dagegen spräche.“ Ist das so?
Wie wahrscheinlich ist es, dass sich eine weltweite Einigung über Klimaziele erreichen lässt, die dann auch tatsächlich umgesetzt werden?
Zur Orientierung: Man hat es bis heute noch nicht einmal geschafft, sich auf einheitliche Stecker für Smartphone-Ladegeräte zu einigen, was eigentlich total trivial wäre.
Man kann also davon ausgehen, dass nur marginale, für das Klima gänzlich irrelevante Maßnahmen umgesetzt werden.
Natürlich kann man sich jetzt gegen die Klimaerwärmung engagieren, sich mit einer Wasserspritzpistole ans Gleis zu stellen, um damit den anrollenden Güterzug aufzuhalten, ist aber logisch nicht kohärent.
Außerdem sind die unterstellten Prämissen falsch:
Es muss in Zukunft Menschen geben – falsch.
Kinderlose Menschen haben eine Verantwortung für zukünftige Generationen – falsch.
Menschen stellen im Regelfall zum Wohle anderer ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse zurück – sehr gut belegbar falsch.
Logisch kohärent ist dagegen der pessimistische Hedonismus:
Die Welt geht sowieso unter, ob nun in 100 Jahren wegen des Klimas oder in 10.000 Jahren wegen eines Asteroiden, also lassen wir uns doch alle sterilisieren und dann lasst uns fette Karren fahren, genussvoll auf Tropenholz gegrilltes Exotenfleisch essen, uns die ganze Welt per Flugzeug ansehen und ordentlich Party machen.
Der letzte macht das Licht aus, gute Nacht!
Olaf Sander am Permanenter Link
Ihre Argumente hinken mächtig.
Was die gemeinsamen Standards betrifft, auf die man sich angeblich nicht einigen kann, wird durch die DIN und andere Normungen widerlegt.
Ihr Wasserspritzpistolen-Gleichnis ist purer Populismus, bei dem eine argumentative Auseinanderstzung nicht möglich ist, weil es ihm selbst an Inhalt, also Argumenten, fehlt.
Es muss in Zukunft natürlich keine Menschen geben. Und auch keine Elefanten, die Erde, unser Planetensystem oder was auch immer. Aber zur Zeit aber gibt es Menschen, Elefanten, unser Planetensystem und noch ein kleines bisschen mehr.
Dieses Argument ist also so richtig, wie es nutzlos ist. Auch hier kann man nicht dagegen argumentieren, wenn man einigermaßen redlich bleiben möchte.
Jeder hat Verantwortung für zukünftige Generationen, völlig egal, ob mit oder ohne Nachkommen. Sie haben ja auch Verantwortung für andere, wenn Sie in ein Auto steigen und fahren. Sie müssen sich an die Regeln halten, sonst gibt es Ärger. Und zwar zu Recht. Weshalb sollte das in Sachen Klimaschutz anders sein?
Dann würde ich Sie gerne bitten sehr gut zu belegen, dass Menschen im Regelfall zum Wohle anderer ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse zurück stellen. Den Schwerpunkt Ihrer Belege setzen Sie bitte auf Regelfall. Ich fürchte aber, dass das so einfach nicht ist.
Bei Ihrem letzten Absatz bin ich einfach nur froh, dass es so viele junge und erwachsene und studierte Leute gibt, die sich bspw. bei Fridays for Future engagieren. Weil die Ihnen nämlich gehörig die (Party)Tour vermasseln werden.
Stefan P. am Permanenter Link
Vielen Dank, Herr Sander, dass Sie sich die Mühe gemacht haben, so klug zu antworten - kann nur voll und ganz beipflichten! Noch eine Bemerkung dazu:
Am letzten Wochenende gab es in Köln auf dem Rhein die jährliche länge Schiffsparade mit anschließendem Großfeuerwerk („Kölner Lichter“). Vorher demonstrierten Klimaschützer vollkommen friedlich und kooperativ (so die Polizei) gegen die Abgas- und Rauchbelastung durch Schiffe und Feuerwerk.
Im Anschluss wimmelte es im Netz von Hasskommentaren wie „Ich bin dann ein paar Mal mit meinem SUV an denen vorbeigefahren und hab die erstmal in Abgase gehüllt ...“.
Es ist doch wirklich bemerkenswert, mit welchem Hass und welcher Aggressivität viele „pessimistische Hedonisten“ verantwortungsbewusste und engagierte Menschen bekämpfen, damit ihr so „logisch kohärentes“ Weltbild ungetrübt bleibt ...
Olaf Sander am Permanenter Link
Lieber Herr P.,
deshalb muss man ihnen erst widersprechen und sie dann in die Schranken weisen. Deshalb ist die Politik genau der richtige Ansprechpartner. Sie macht die Rahmenbedingungen und sorgt mit Judikative und Exekutive für deren Einhaltung. Und wer in Zukunft mit seinem SUV durch die Gegend brettern will, kann das ja gerne tun, wenn er bereit ist meinetwegen 15,50 Euro für den Liter Benzin auszugeben. Und wenn so ein Mensch dann mal auf der Autobahn drängelt, treten andere für ein paar Cent auf den Strom und zeigen ihm die Rücklichter.
Ich glaube, wenn die dann klug werden, werden sie sich ganz schön dumm vorkommen. ;o)
Leon Paysan am Permanenter Link
Sie scheinen mir zu vergessen, dass wir in einer parlamentarischen Demokratie leben, in der Sie Mehrheiten brauchen, um die Rahmenbedingungen zu ändern.
Leon Paysan am Permanenter Link
Ein einziger SUV-Spinner macht die Bemühungen mehrerer "engagierter Menschen" locker wieder zunichte.
Ich fahre übrigens Smart, weil ich einen großen ******* habe. :-P ;-)
Ich bekämpfe naive Klimaschutzidealisten nicht und schon gar nicht aggressiv. Mit freundlichem Lächeln mache ich mich über sie lustig und gebe ihnen damit die Chance, ihr sinnlos Tun zu überdenken. So können sie ein erfülltes, selbstverständlich kinderloses Leben führen bis es eben knallt und müssen ihre Zeit nicht damit verplempern, Dinge ändern zu wollen, die nicht zu ändern sind.
Aber bitte, verschwendet Euer Leben, weil Ihr es nötig habt, ach so gut zu sein - wer sonst nix hat. *schulterzuck*
Leon Paysan am Permanenter Link
Bagatellnormungen brauchen viele Jahre, obwohl sie niemandem weh tun.
Nichts wurde mit der deutschen Klimapolitik erreicht mit Deutschlands ohnehin lächerlichem 2%-Anteil am CO2-Ausstoß.
Jeder erreichbare Krümel Kohle, jeder Tropfen Öl und jedes Fürzchen Gas, das man der Erdkruste irgendwie abtrotzen kann, wird verbrannt werden, da habe ich überhaupt keinen Zweifel.
Verantwortung ist eine Zuschreibung, die ich mit mildem Lächeln von mir weise.
Rechtliche Einschränkungen werde ich und werden viele, viele mächtige Andere mit allen verfügbaren Mitteln bekämpfen.
Zum Glück stehen alle Großkonzerne in dieser Sache auf meiner Seite, auf der Seite des fröhlichen Untergangs.
Menschen handeln nach ihren Eigeninteressen oder nach dem, was sie dafür halten. Wer das bezweifelt, leidet meines Erachtens an Realitätsverlust.
Gerade weil naive Fridays for Future Idealisten, so nett das auch daherkommt, versuchen, alles was Freude macht zu verbieten, werden ich und viele andere erst recht genau das bis zum Exzess tun was verboten werden soll, solange wir noch können.
Ihre verzweifelte Hoffnung auf Rettung in letzter Sekunde kann ich ja durchaus nachvollziehen. Ich, für meinen Teil, bleibe bei:
Nach mir, mit Knicks und Verbeugung, die Sintflut. :-)
Olaf Sander am Permanenter Link
Klimaschutz muss nicht zwangsläufig weh tun. Weil man bspw. der Elektrizität gar nicht anmerkt, ob sie aus fossilen oder erneuerbaren Energien gewonnen wurde.
Es müssen auch nicht alle mitmachen. Jedenfalls nicht sofort. Aber wer sagt, ich fange nicht an, weil die Anderen auch nicht anfangen, der verpasst die Chance Trendsetter zu sein. Man sieht das gerade ganz deutlich in der Konkurrenz zwischen den europäischen Automobilherstellern und Tesla. Tesla setzt zur Zeit die (technologischen) Duftmarken und unsere Autobauer schnüffeln hinterher.
Am Beispiel Dänemarks sieht man, wie es sich auch finanziell lohnt Trendsetter zu sein, denn wenn heute irgendwo in der Welt ein Windpark gebaut werden soll, vor allem auch Offshore, dann ruft die Welt zuerst in Dänemark an.
Eine Welt ohne Öl wäre sehr viel schlechter für uns Menschen, als eine Welt mit dem Öl. Dumm ist, dass wir es verbrennen, weil es uns so irgendwann fehlen wird. Zum Beispiel für Medizintechnik oder für die Party im All. Aus welchem Grund also sollte die Welt akzeptieren, dass ein paar pessimistische Hedonisten mit ihren SUV durch die Botanik, auf längere Sicht Wüste, brettern wollen?
Womit wir bei den Eigeninteressen wären. Denn Sie lassen die Eigeninteressen derer außer acht, die genau dieses Verhalten unterbinden wollen. Und zwar aus purem Eigennutz. Vielleicht ist es so etwas wie eine intellektuelle Evolution, die diesen Menschen klar gemacht hat, dass es ihnen nur dann gut gehen kann, wenn es ihren Nachbarn, Landsleuten und allen anderen auch gut geht und Ressourcen sinnvoll, also nutz- und gewinnbringend (!), gebraucht werden. Fridays for Future und alle in diese Richtung zielenden Vereinigungen zeigen, dass diese Leute immer mehr werden. Und so, wie es Leute mit Macht und Einfluss gibt, gegen deren Interessen diese Forderungen sind, so gibt es auch andere, die das mit ebenso viel Macht und Einfluss unterstützen.
Ich finde es sehr interessant, wen Sie auf Ihrer Seite wähnen. Ich kenne Sie natürlich nicht, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie nicht zu den geladenen Gästen auf Partys von bspw. BlackRock gehören. Mercedes schenkt Ihnen auch keinen SUV, nur weil Sie gerne damit Weltuntergangspartys feiern wollen. Wäre es so, würden Sie wohl eher nicht solcherlei Kommentare auf einer humanistischen Internetseite posten.
Man muss kein Wirtschaftswissenschaftler sein um vorherzusagen, dass die Konsequenzen dieser Wirtschaftspolitik auch Sie ab einen bestimmten Zeitpunkt auf die Seite der großen Mehrheit, also jenen, die den Preis dafür bezahlen, spülen wird. Freilich gibt es dann noch immer die pessimistischen Hedonistenpartys. Aber Sie gucken nur noch von draußen durch die Fenster - falls Sie nicht gerade damit beschäftigt sind zu flüchten, sich zu verstecken oder erschießen zu lassen.
Aber wenigstens gehen Sie dann mit einem Knicks und Verbeugung. Darf ich fragen, vor wem Sie sich dann verbeugen werden?
Hans Mosahr am Permanenter Link
Mein Ego ist mitnichten klein, trotzdem fahre ich Cadillac Escalade und lache über die E-Auto Witzfiguren.
Thomas R. am Permanenter Link
"Verantwortung ist eine Zuschreibung, die ich mit mildem Lächeln von mir weise."
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https://hpd.de/comment/51765#comment-51765
https://hpd.de/comment/51883#comment-51883
https://hpd.de/comment/52014#comment-52014
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"Menschen handeln nach ihren Eigeninteressen oder nach dem, was sie dafür halten."
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Richtig. Es liegt im Interesse eines jeden moralisch handlungsfähigen Wesens, sich bestmöglich leidvermeidend nach dem ethischen Gleichheitsgrundsatz zu verhalten, denn anderenfalls ist es nicht berechtigt, die Würdigung seiner Interessen einzufordern, bzw. ihre Mißachtung zu kritisieren. Und bevor Sie mir wieder mit "Gesetzeskonformität" kommen, erinnern Sie sich bitte an das hier:
https://hpd.de/comment/52141#comment-52141
Wie schon Herr Sander angedeutet hat, ist es nur eine Frage der Zeit, bis Leute wie Sie Opfer ihres eigenen Irrsinns werden, aber auch das dürfte aller Voraussicht nach keinen Funken der Vernunft in ihren Köpfen zünden.
David Z am Permanenter Link
Ich hatte Sie schon vermisst. Gut, dass Sie als ethisch Erleuchteter die frevelhafte Unmoral, die uns in dieser düsteren Apokalypse stetig entgegensteht, erneut anprangern.
Hans Mosahr am Permanenter Link
Täuschen Sie sich nicht. Ich bin zum Beispiel eher der Partymensch. Nachfolgende Generationen sind mir tatsächlich schnurzegal.
Achim Stößer am Permanenter Link
Über die Hälfte der anthropogenen Treibhausgase stammen aus der "Landwirtschaft" (v.a. Leichen- und Drüsensekretkonsum).
Aber wen interessiert das ...
Stephan Motzek am Permanenter Link
Nun das ist noch milde beschrieben. Die Permafrostböden tauen bereits auf.
Der Regenwald wird beschleunigt abgeholzt, das Artensterben nimmt weiter zu.
Wir wissen alle warum.
Dabei könnten wir sofort ohne Probleme 50% unseres Verbrauchs von allem einsparen wenn wir wollten...
Im übrigen sind die Lösungen für ein nachhaltiges und sinnvolles wirtschaften bekannt. Bloß wir wollen lieber so weitermachen. Tschüss
Frank Linnhoff am Permanenter Link
Um Szenario 1 zu erfüllen, werden kleinere Verhaltensänderungen nicht reichen. Da müssen wir unsere Art zu leben schon tiefgreifender verändern, wie z.B.
struppi am Permanenter Link
<em> Pochen auf Wissenschaftlichkeit </em>
Ob das wirklich eine gute Idee ist politische Entscheidungen nur noch nach ihrem (wissenschaftlichen) Nutzen zu treffen?
Der Artikel ist eine krudes Beispiels vieler Strohmänner. <em>die Engstirnigkeit der letzten Jahrzehnte</em> wer diese tatsächlich erlebt hat, kann kaum bestreiten das diese erst dieses Bewußtsein geschaffen hat, mit dem hier hausieren gegangen wird. Es gab zumindest in Europa ein enormen Sinneswandel, über das was das Verhältnis zur Umwelt im allgemeinen und dem Anteil der menschlichen Produktion darauf im speziellen.
Das dabei aber die Natur im fernen Osten uns bisher egal war und wir - dank Globalisierung - unsere Verschmutzung nach Asien ausgelagert haben, sollte eher zu einem Schutz vor Produkten führen, die nicht nach den Maßstäben produziert werden, die wir für richtig halten.
Also das was hier als gut dargestellt wird, hat sich eher als schlecht erwiesen und die, die als schlecht dargestellt werden, haben in den vergangenen Jahrzehnten viel versucht zu ändern.
Leider waren es aber gerade die Entwicklungen die vermeintlich so toll waren, die zu dem geführt haben was jetzt als Problematisch dargestellt wird. Der intensive Konsum in Form von billigster Ware, die Weltreise mit Billigfliegern, das Jobhobbing weltweit, elektronische Geräte in jeder Hand, zu jeder Zeit. Alles Dinge die de jugend massiv nutzt und als Teil ihrer Lebenswirklichkeit betrachtet
Aber all das sind die Folgen von Globalisierung und Freihandel. Jetzt zu behaupten die, die das kritisieren würden den Klimawandel wollen oder bestreiten, ist eine völlige Umkehrung der Wirklichkeit.
Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
Die Überschrift war die dümmste, die seit langem über einem hpd-Artikel stand. Das ist die beste Methode, um die Diskussion irrational anzuheizen.
Und wer ist "wir"? Die hpd-Leser? Die Deutschen? Die Europäer? Oder sogar Amerikaner, Chinesen, Inder noch dazu?
Unser Problem heißt 8 Milliarden! Mit einer Milliarde Menschen würden wir uns über die steigenden Temperaturen freuen und die Gegenden aufsuchen, in denen sich gut leben läßt. Über Anstrengungen, dieses Problem zu lösen, hört man wenig.
Hans Mosahr am Permanenter Link
Schwachsinn. Die einzige Möglichkeit wäre die Weltbevölkerung radikal um 90% zu schrumpfen und dann strenge Geburtenkontrolle. Ansonsten "Game over". Vollkommen egal was man tut.