Großbritannien

Gericht erkennt Veganismus offiziell als "philosophische Überzeugung" an

Der Londoner Jordi Casamitjana wurde nach eigener Auffassung wegen seiner veganen Lebensphilosophie von seinem Arbeitgeber entlassen. Das Gericht entschied: Veganismus, der auf ethischen Erwägungen beruht, ist als "philosophische Überzeugung" durch das Diskriminierungsverbot gesetzlich geschützt – ein wegweisendes Urteil.

Der Kläger arbeitete für die Tierschutzorganisation "Liga gegen grausame Sportarten" (League Against Cruel Sports), bis er entlassen wurde – wegen seiner veganen Lebensweise, ist sich Jordi Casamitjana sicher. Sein früherer Arbeitgeber sprach hingegen von "grobem Fehlverhalten" als Entlassungsgrund, wie BBC News berichtete. Der Ex-Mitarbeiter zog vor Gericht – und bekam Recht: Ein Angestellter, der aus ethischen Gründen vegan lebt, müsse am Arbeitsplatz ähnlich durch gesetzliche Vorgaben geschützt werden wie ein Mensch mit religiösen Überzeugungen.

Damit stellt Großbritannien den ethischen Veganismus auf eine Stufe mit Religionen, was im Umkehrschluss jedoch nicht bedeutet, dass Veganismus durch das Urteil zur Religion erklärt worden wäre, was einige deutsche Medien in ihrer Berichterstattung missverständlich wiedergaben. Er wurde als "philosophical belief" anerkannt; das englische Wort "belief" kann zwar auch mit "Glaube" übersetzt werden, allerdings nicht im religiösen Sinne, sondern im Sinne einer "Geisteshaltung der Akzeptanz oder Zustimmung bezüglich einer These, ohne das vollständige intellektuelle Wissen, das erforderlich wäre, um ihre Richtigkeit zu garantieren". "Faith" hingegen wäre das Wort, das "eine innere Haltung, Überzeugung oder Vertrauen" zum Ausdruck bringt, "welches Menschen mit einem höchsten Gott oder einer endgültigen Erlösung verbindet".

Es gibt noch weitere Geisteshaltungen, die bereits als "philosophische Überzeugungen" anerkannt worden sind: So beispielsweise Humanismus, der durch den Menschen verursachte Klimawandel oder die Unterstützung der Unabhängigkeit Schottlands. Voraussetzung ist, dass sie bestimmte Kriterien erfüllen, wie sie im Equality Act von 2010 festgeschrieben sind: So muss die Haltung einer Person authentisch sein und mehr als eine bloße Meinung oder ein Standpunkt. Die jeweilige Überzeugung muss Einfluss darauf haben, wie der betreffende Mensch sein Leben lebt und wie er die Welt sieht. Darüber hinaus muss eine gewisse Ernsthaftigkeit, Bedeutsamkeit und ein Zusammenhang gewährleistet sein. Nicht zuletzt darf eine Weltanschauung nicht der Menschenwürde entgegenstehen und andere nicht in ihren Grundrechten einschränken, ergo sich dem Respekt innerhalb einer demokratischen Gesellschaft als würdig erweisen.

Dementsprechend legte der Kläger dem Gericht seine Lebenseinstellung dar. Die New York Times zitiert aus seiner Stellungnahme: "Der ethische Veganismus bestimmt alle meine Entscheidungen: Produkte und Dienstleistungen, die ich konsumiere, meine Interaktionen mit der Welt, die Art, wie ich meine Zeit nutze und welcher Beschäftigung ich nachgehe."

Casamitjana soll herausgefunden haben, dass die Tierschutzorganisation, für die er tätig war, über ihren Rentenfonds in Unternehmen investiert, die mit Tierversuchen zu tun hätten. Nach eigener Aussage habe er seine Vorgesetzten damit konfrontiert und – nachdem diese nichts unternahmen – Kollegen darüber informiert. Darauf folgte die Entlassung. Eine Verbindung zum veganen Lebensstil ihres Ex-Mitarbeiters bestreitet die "Liga gegen grausame Sportarten", die sich vor allem gegen Jagd und Tierkämpfe einsetzt.

Das nun gefällte Urteil bezieht sich ausschließlich auf die gesetzliche Anerkennung einer veganen Lebensweise aufgrund ethischer Beweggründe – welche der beklagte ehemalige Arbeitgeber übrigens nicht in Frage stellt. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Entlassung Casamitjanas steht noch aus.

Der Kläger ist "sehr, sehr zufrieden" und "extrem glücklich" mit der Gerichtsentscheidung und hofft, dass auch andere Veganer davon profitieren werden.

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