Die Corona-Pandemie ist ein gefundenes Fressen für Verschwörungsideologen: Mal soll es sich bei dem Virus um eine Biowaffe handeln, mal soll sich Bill Gates den Erreger patentieren haben lassen, um an einem Impfstoff verdienen zu können und die jüdische Weltverschwörung ist auch nicht weit. Eine andere Variante ist der neue Mobilfunkstandard 5G: Er soll wahlweise ebenfalls für die Verbreitung der Krankheit Covid-19 verantwortlich sein. Nun gibt es Vorfälle in Großbritannien, bei denen Verschwörungsgläubige Anschläge auf 5G-Funkmasten verüben – um das Corona-Virus zu bekämpfen.
Welch unmittelbare und gefährliche Auswirkungen Verschwörungsmythen in der Realität haben können, kann man derzeit in Großbritannien beobachten: Laut Business Insider gab es dort bisher etwa 50 Anschläge auf Funkmasten von Telekommunikationsanbietern. 22 davon wurden an den Osterfeiertagen verübt. Dabei handelt es sich um Fälle von Brandstiftung oder Vandalismus. In weiteren circa 80 Fällen wurden Angestellte der Telekommunikationsfirmen bei der Arbeit belästigt, berichtet die New York Times. Zu den Anschlägen war über die sozialen Netzwerke aufgerufen worden.
Der zugehörige Verschwörungsmythos, der die Täter zu ihren Aktionen bewog, besagt, dass der neue, schnellere Mobilfunkstandard 5G Schuld sei an der Corona-Pandemie. Dabei gibt es zwei Varianten: Entweder soll er die Verbreitung beschleunigen, indem die von seiner Strahlung geschädigten Körper der Menschen leichter erkranken, oder aber, der Virus selbst existiere gar nicht, sondern sei erfunden worden, um die Schädigungen durch das schnelle Mobilfunknetz zu verschleiern. Der Verschwörungsglauben, dass 5G schädlich sei, existiert schon länger, ist aber mit der Zeit gegangen und hat sich der aktuellen Entwicklung rund um die Corona-Krise angepasst: Erst im Januar hatte Huawei die Erlaubnis erhalten, Großbritannien mit 5G auszustatten. Mangelnde Transparenz Chinas im Umgang mit der Entstehung der Pandemie ließ Verschwörungsaffine einen vermeintlichen Zusammenhang erkennen.
Weltweit scheint die Verschwörungsideologie, die sich rund um den neuen Mobilfunkstandard rankt, derzeit neue Anhänger in den sozialen Medien zu finden, recherchierte die New York Times. In Großbritannien scheint sie besonders erfolgreich geworden zu sein, während in dem Land die Fall- und Todeszahlen dramatisch anstiegen. Das ist allerdings eher auf die falsche Gefahreneinschätzung durch Premierminister Boris Johnson, die zu spät ergriffenen Maßnahmen und das vielfach kritisierte Krisenmanagement zurückzuführen, als auf das Mobilfunknetz. Auch hier fanden Verschwörungsgläubige einen Anknüpfungspunkt: Der Lockdown habe nämlich eigentlich den Zweck, jenseits der öffentlichen Wahrnehmung 5G-Funkmasten zu errichten.
Mitunter erreichen die selbsternannten Ritter gegen die Pandemie aber das genaue Gegenteil ihrer Absichten: In Birmingham erwischten sie beispielsweise einen Funkmast, der ein Krankenhaus versorgte – und zwar nicht irgendeines, sondern das Nightingale Hospital, das eigens für Corona-Notfälle errichtet worden war. Auch an anderer Stelle scheinen die Ausführenden der Anschläge schlecht informiert gewesen zu sein: Wie das britische Mobilfunkunternehmen EE Limited mitteilte, seien die meisten der beschädigten Masten gar keine 5G-Sender gewesen, sondern Teil der bisherigen Netzabdeckung – die unter anderem auch sicherstellt, dass sich die Verschwörungsgläubigen mobil mit Gleichgesinnten vernetzen und von ihren Taten berichten können. Die sozialen Netzwerke reagieren mittlerweile und gehen nach eigener Aussage gegen Missinformationen vor, die einen Zusammenhang zwischen 5G und der Corona-Pandemie behaupten.
9 Kommentare
Kommentare
Rene Goeckel am Permanenter Link
Man sollte diesen Idioten die Gelegenheit geben, mindestens 12 Monate in Abgeschiedenheit über sich selbst nachzudenken.
Martin Mair am Permanenter Link
Egal, 5G zieht eine Menge weiterer nicht wirklich notwendiger Dienste nach sich, die man uns verkaufen will.
Manfred H. am Permanenter Link
Das kann man so nicht sagen. Es könnte auch genau zum Gegenteil führen, z.B. Früherkennung von Krankheitsausbrüchen mittels schneller Übermittlung mobiler Daten wie Bewegungsmustern.
Typisches Beispiel Pandemie: Hätten wir 5G bereits und würden es entsprechend nutzen, hätten wir vermutlich die Pandemie im Griff, weil wir die Ausbruchsherde schnell lokalisieren und eindämmen könnten. Es könnte viel zielgerichteter gehandelt werden als aktuell.
David Krause am Permanenter Link
In Deutschland wäre ich schon glücklich über vernünftige 4g Abdeckung.
Ein einziger Flickenteppich aus 3g, 4g oder gar kein Netz.
Martin am Permanenter Link
Eine kritische Diskussion darüber, welche neuen Technologien dem Menschen nützen und welche aus verschiedenen Gründen eher negativ zu bewerten sind, wäre sinnvoll. Einige technische Entwicklungen sind z.B.
Die Technik aber für allen möglichen Kram verantwortlich zu machen, weil es derzeit keine "chem trails" gibt, erweist dieser rationalen Diskussion einen Bärendienst.
S. Levent Oezkan am Permanenter Link
Gäbe es Aufklärung zur gegenwärtigen Krise - die ja keineswegs allein als diese Pandemie Spuren hinterlässt - und hätten viele Menschen nicht dieses mulmige Gefühl im Bauch, dass ihnen etwas vorenthalten wird: Wären i
Rene Goeckel am Permanenter Link
Ja, wären sie. Zum Thema Impfen odèr globusförmige Erde gibt es mehr als genug Aufklärung. Dennoch gibt es genug Leute, die ihre Ahnungslosigkeit durch Besserwisserei kompensieren möchten.
Peter Müller am Permanenter Link
Vielleicht glauben die Täter ja auch an die Verschwörungstheorie, dass uns die Chinesen mit der 5G-Technik abhören wollen. Soche Verschwörungsmythen wurden ja sogar in der Qualitätspresse verbreitet.
Adam Sedgwick am Permanenter Link
Hpd vom 28.April 2020
5G ist Schuld an Corona
Zum Thema Verschwörungstheorien ist folgendes zu sagen: Ersetzt man das Wort Verschwörung durch die Worte "geheime Absprache, stillschweigende Übereinkunft", so gibt es tatsächlich Verschwörungen. Das haben uns doch die Bosse der Autoindustrie von VW etc. uns doch mit dem Dieselskandal klargemacht. Ferner gibt es eine Bundesbehörde, die weiter nichts tut, als solche widerlichen, zum Schaden der Kunden, durchgeführte Absprachen aufzudecken. Also man findet in vielen Fällen ganz konkrete Beweise, die auch zu einer Anklage und Verurteilung führten. Also solche konkreten Beweise sind eigentlich die Grundlage für eine Theorie.
ChemTrails und ähnliches dagegen sind typische Beispiele für Verschwörungs-Phantasien! Hier gibt es keinen wissenschaftlich begründeten Beweis! Man sollte daher wirklich nur den Begriff „Verschwörungsphantasie“ verwenden, wenn man über so alberne Themen wie Elektrosmog, Chemtrails und ähnliches berichtet.