Was will uns das Coronavirus sagen? Für die Apokalypse ist es definitiv noch zu früh und es unterscheidet auch nicht zwischen "guten" und "bösen" Menschen. Ist der Mensch an sich schuld? Oder ist die Natur gar nicht so sanft, mütterlich und bewahrend, wie wir sie gerne interpretieren?
Das darf doch nicht wahr sein! Da hält ein winziges Virus die gesamte Menschheit in Atem. "Corona" nennt es sich, "Krone", und bringt ausgerechnet den Menschen, die "Krone der Schöpfung", an den Rand des Verderbens. Das kleinste Noch-nicht-einmal-Lebewesen im Kampf mit dem erfolgreichsten und raffiniertesten am anderen Ende der Evolutionskette.
Ja, was hat sich der Schöpfergott denn da ausgedacht?! Für die irgendwann zu erwartende Apokalypse ist es definitiv noch zu früh. Und die apokalyptischen Reiter samt Katastrophen werden in der Bibel, weiß Gott, anders beschrieben. Unter den Gläubigen sind die einen ratlos, die anderen fühlen sich bestätigt. Ihnen kommt dieses hinterlistige, aber irgendwie schön gestylte Etwas gerade recht. Eine Warnung an uns soll es sein, wenn nicht eine längst fällige Strafe für die moralisch verkommenen Ungläubigen! Dieses raffinierte, gefräßige Virus macht jedoch keinen Unterschied zwischen Gut- und Bösmenschen, nur zwischen Alt und Jung, obwohl doch gerade gegenüber den alten Menschen Ehrfurcht angesagt wäre. Was also ist die Botschaft? Was sagt uns das Virus?
Auch die Säkularen, die "Naturalisten", reiben sich die Augen und sind überrascht über den perfiden Erfindergeist der Evolution. Die Natur ist doch eigentlich gut, erhaben über den Verdacht bösartigen Verhaltens. Dass so etwas passiert, das kann nur am Menschen liegen. Bevor es ihn gab und an den wenigen Orten, wo es ihn nicht gibt, war und ist die Natur doch noch im Einklang mit sich selbst. Die von Menschenhand unberührten "Naturparadiese", harmonisch geordnet als funktionierende Ökosysteme, sind in Bedrängnis geraten. Die Natur rächt sich und lässt dieses tödliche Etwas auf den Menschen los – also doch zur Strafe für den hochmütigen Homo sapiens, der dabei ist, "sich die Erde untertan zu machen" und den Planeten Erde zu zerstören? Hat er es anders verdient? In letzter Zeit hatte man eigentlich ein anderes Szenario, die "Klimakatastrophe", als mögliche Apokalypse auf dem Schirm. Jetzt aber entsteht die tödliche Bedrohung von ganz anderer Seite – was ist davon zu halten, was ist zu tun?
Virologen erklären cool und kompetent das unheimliche Geschehen, die Politik spannt allerlei Rettungsschirme auf, Soziologen analysieren die Probleme der Zwangsquarantäne, Pastoren appellieren an die Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft in der Nachbarschaft. Ärzte und medizinisches Personal sind "bis zum Anschlag" im Einsatz. Und die Philosophen? Sie erfreuen sich an der allgemeinen Entschleunigung des Lebens. Endlich hat man Zeit im Überfluss, um sich, aus der alltäglichen Hektik herausgerissen, einmal Gedanken zu machen, Gedanken worüber? Gedanken über das Virus, die Natur, über den Sinn dieser Katastrophe?
Was passiert da eigentlich? Ist das wirklich so neu und unerhört? Gab es nicht schon einmal so ein apokalyptisches Ereignis, der Einschlag eines Asteroiden, vor unendlich langer Zeit, der fast das gesamte Leben auf der Erde auslöschte, damals, als es den Homo sapiens noch nicht gab? Und, passieren im Leben Einzelner nicht ähnliche Katastrophen, dem Treiben der Viren und Bakterien geschuldet? Hat das fürchterliche Geschehen womöglich System? Ist die Natur gar nicht so sanft, mütterlich und bewahrend, wie wir sie so gerne interpretieren?
Ach ja, wenn man genau hinschaut in die "Naturparadiese" – da herrscht ja dieses schreckliche Prinzip "Fressen und gefressen werden". Da jagt der Löwe ein unschuldiges Antilopenjunges und alle möglichen "natürlichen Feinde" lauern auf ihre Opfer. Das Coronavirus – ein "natürlicher Feind" des Menschen? Sind wir womöglich Teil dieses in vieler Hinsicht erbarmungslosen Schauspiels namens "Natur", an dem sich der göttliche Schöpfer als Zuschauer vergnügt? Oder ist dieses Welttheater also doch eine gottlose, absurde Aufführung?
Jetzt wäre vielleicht der richtige Zeitpunkt, über die Konfliktstruktur der Natur, über all die unzähligen Positiv-Negativ-Konstellationen oder -Polaritäten nachzudenken, ob und wenn ja, was für einen Sinn sie machen. Zeit für diese Gedankenexperimente haben wir ja nun zwangsläufig zur Genüge.
Der Autor dieses Artikels hat dieses Thema auch in seinem Buch "Vom Urknall zum Gottesmythos" (Neuerscheinung 2020) bearbeitet.
6 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
Oh, eine Glosse; mal was andreas. Nur - die Natur ist weder gut noch bös; das ist eine Andichtung der besagten "Krone".
Ultima Ratio am Permanenter Link
Tja es gibt nicht wenige Menschen welche von sich behaupten nicht religiös zu sein, aber dennoch von "der Natur" sprechen wie von einer Person und sei es auch noch so abstrakt.
Hat man es aber einmal hinter sich, stellt sich eine gewisse Ruhe ein die ich persönlich nicht mehr missen möchte.
Markus Schiele am Permanenter Link
Zitat: "Auch die Säkularen, die 'Naturalisten', reiben sich die Augen und sind überrascht über den perfiden Erfindergeist der Evolution.
Ich halte es für fraglich, ob man Leute, welche die Evolution personifizieren und die Natur in den Kategorien "gut" und "böse" betrachten, als "Naturalisten" bezeichnen kann.
Roland Fakler am Permanenter Link
„Oder ist dieses Welttheater also doch eine gottlose, absurde Aufführung?“
„Sind wir womöglich Teil dieses in vieler Hinsicht erbarmungslosen Schauspiels namens "Natur", an dem sich der göttliche Schöpfer als Zuschauer vergnügt?“ Das wäre nicht nur trostlos, sondern bösartig. Also „trostlos" reicht!
Klaus Bernd am Permanenter Link
„Ja, was hat sich der Schöpfergott denn da ausgedacht?!“
Adam Sedgwick am Permanenter Link
Es ist niemand Schuld an Corona. Infektionskrankheiten und deren Ausbreitung verlaufen nach naturwissenschaftlichen Gesetzen und passieren einfach.
Nun zum gesellschaftlichen Aspekt: Aus der Corona Krise können wir aber natürlich auch eine Menge lernen. Zum Beispiel etwas sehr Wesentliches über die menschliche Gesellschaft: Zum ersten Mal wird von den vermeintlichen Leistungsträgern, den Spitzenpolitikern und den selbsternannten Eliten, zugegeben, dass gerade der Teil der Menschen mit geringen Einkommen den „Laden am laufen“ halten, wie Krankenschwestern, Altenpfleger oder auch Kassierer in den Supermärkten, auch alle die im Transport und in der Produktion von Lebensmitteln beschäftigt sind. Die wurden ausdrücklich lobend erwähnt und als die wichtigsten Leistungsträger der Gesellschaft bezeichnet.-Man kam sogar auf die Idee ein bisschen mehr Geld diesen Menschen zukommen zu lassen, aber allerdings ist daraus nur eine Einmalzahlung in Aussicht gestellt worden. Wenn man bedenkt, dass Beschäftigte in der Chemie-Industrie oder in ähnlichen Bereichen eine Gefahrenzulage bekommen, stünde das doch jeder Kassiererin ebenso zu, immerhin setzt sie ihre Gesundheit aufs Spiel !
Ich denke Wirtschaftssystem und Gesellschaftssystem sind zwei verschiedene Bereiche, die sich zum Teil gegenseitig bedingen, daher wäre es gut, wenn man jetzt das Wirtschaftssystem überdenkt und andere Werte in den Mittelpunkt stellt als Profit und Wachstum. So sollte das Wohlbefinden der Menschen der Leitfaden sein. Die Coronakrise zeigte nun die große Opferbereitschaft der Bevölkerung, wenn es um das Wohlbefinden aller geht. Dieses Moment sollte man ausnutzen zur Entwicklung weitergehender und realistisch umsetzbarer Konzepte.
Das politische System, parlamentarische Demokratie und der Föderalismus zeigen in dieser außergewöhnlichen Zeit ihre großen Stärken.
Ich wünsche allen weiterhin eine gute Gesundheit und die Kraft mit den belastenden Folgen der Krise fertig zu werden.