Binnen weniger Tage gab es in Saudi-Arabien gleich zwei königliche Dekrete, die sich mit Menschenrechten befassen. Eines verkündete ein Ende von öffentlichen Straf-Auspeitschungen. Das andere die Abschaffung der Todesstrafe für Straftaten, die als Minderjährige verübt wurden. Noch unklar ist, ob die Auspeitschungen komplett oder nur teilweise abgeschafft werden. Auch konkrete Daten, ab wann die Strafen nicht mehr auferlegt und durchgeführt werden, sind bisher nicht bekannt.
Immer wieder für Menschenrechtsverletzungen kritisiert, setzte Saudi-Arabien im Jahr 2005 eine Menschenrechtskommission ein, deren Unabhängigkeit und Einfluss jedoch angezweifelt wurde. Ende April meldete sie sich nun zu zwei die Menschenrechte betreffenden königlichen Dekreten zu Wort.
So sollen öffentliche Auspeitschungen als Strafe für zum Beispiel Landfriedensbruch, Trunkenheit in der Öffentlichkeit, außerehelichem Sex oder Mord verboten und in Haft- oder Geldstrafen umgewandelt werden. Zuletzt 2015 hatte die Auspeitschung Raif Badawis als Strafe für seinen Aufruf zu mehr Toleranz, Meinungsfreiheit und Achtung der Menschenrechte weltweit für Entsetzen und Empörung gesorgt. Badawi wurde zu zehn Jahren Haft und 1.000 Peitschenhieben verurteilt, von denen 50 Hiebe bereits vollstreckt wurden.
In der englischen Version des Dekretes scheint Auspeitschung komplett verboten zu werden. Die arabische Version jedoch scheint noch Möglichkeiten zur Anwendung offen zu lassen.
Zu welchem Datum die Auspeitschung als Strafe abgeschafft wird und ob sie nun alle Formen des Auspeitschens für jede Form von Verbrechen oder vermeintlichem Verbrechen umfasst, ist noch ungewiss.
Wann das zweite Dekret in Kraft tritt, ist ebenfalls unklar. Dieses soll die Todesstrafe für diejenigen abschaffen und in eine maximal zehnjährige Haftstrafe umwandeln, die für Verbrechen verurteilt wurden, die sie als Minderjährige begangen hatten. Dieses Dekret könnte die Leben einiger junger Männer aus der schiitischen Minderheit retten, die unter 18-jährig für Proteste gegen die Regierung zum Tode verurteilt wurden.
Die Todesstrafe generell abzuschaffen, scheint jedoch kein Wunsch zu sein. Erst letztes Jahr wurden in Saudi-Arabien 184 Menschen zum Tode verurteilt.
Die Dekrete folgten einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes, der künftig die Einhaltung von internationalen Menschenrechtsstandards in Bezug auf körperliche Strafen in Saudi-Arabien gewährleisten will. Dem vorausgegangen war der Tod des Menschenrechtsaktivisten Abdallah al-Hamid, der für den Bruch der Treue zum Königshaus und Störung der öffentlichen Ordnung inhaftiert und im Alter von nur 69 Jahren im Gefängnis an einem Schlaganfall verstorben war.
Eingeordnet werden die Veröffentlichungen zur Abschaffung des Auspeitschens und der Todesstrafe für Minderjährige in den generellen Wunsch des Kronprinzen Mohammed bin Salman, das Land zu öffnen. Bereits Ende letzten Jahres hatte eine Offensive gestartet, die den Tourismus als Wirtschaftszweig etablieren sollte. Dass die Repressionen gegen Regierungskritiker*innen sich jedoch verstärkt haben, dürfte nicht dazu beitragen, dass Saudi-Arabien als vertrauenswürdiges Urlaubsland erscheint.
3 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Nichts halbes und nichts ganzes aber immerhin ein Silberstreif am Arabischen Himmel.
Peter Müller am Permanenter Link
Na super. Dann können wir unsere Waffen ja in Zukunft reinen Herzens an den guten Freund und Partner Amerikas und Israels verkaufen. Deren Freunde sich schließlich auch unsere Freunde.
Roland Fakler am Permanenter Link
Wäre der saudische Kronprinz, wegen seiner humanitären und friedensfördernden Einsätze nicht ein würdiger Kandidat für den Friedensnobelpreis?