Christliche Fundamentalisten versuchen den Widerspruch von der Schöpfungslehre und der Evolutionstheorie aufzulösen. Daraus resultiert eine seltsame Theorie.
Mit dem Alten Testament hat Gott den strenggläubigen Christen, die die Bibel als authentisches Wort Gottes auslegen, ein Ei gelegt. Nicht nur erscheint Gott darin als rachsüchtiger, gewalttätiger Schöpfer, es werden auch hunderte Gräueltaten beschrieben. Das passt schlecht zum Bild vom liebenden Vater aus den Sonntagspredigten.
Eine Krux der besonderen Art ist auch das Buch Genesis, das die Erschaffung der Erde in sechs Tagen beschreibt. Diese abenteuerliche Theorie, Kreationismus genannt, kann kein halbwegs gebildeter Mensch ernst nehmen, zumal nach dieser "göttlichen Idee" die Welt maximal 10.000 Jahre alt wäre.
An der Genesis kauen christliche Fundamentalisten schwer, denn bei der Zeitrechnung hat sich der allwissende Gott offensichtlich kolossal verhauen. Versteinerte Ammoniten und Überreste von Mammuts und Dinosauriern zeigen, dass die Erde nicht 10.000 Jahre alt ist, sondern älter. Viel älter. Eben Milliarden Jahre.
Gott hat sich also laut dem Alten Testament nicht nur ein wenig geirrt, sondern radikal. Oder war es vielleicht der ahnungslose Moses, der sich die Idee von der Genesis aus den Fingern gesaugt hat?
Strenggläubige Christen ficht all dies nicht an. Sie vertrauen ihrem Gott und der Bibel mehr als den Wissenschaften und den versteinerten Zeugen.
Den nächsten Tiefschlag versetzte ihnen Darwin mit seiner Evolutionstheorie. Als der Forscher nachwies, dass wir Menschen nicht von Gott erschaffen wurden, sondern das Produkt genetischer und evolutionärer Entwicklung sind, war dies für die damalige Kirche eine schiere Zumutung und für die konsternierten Geistlichen eine Kränkung.
Ihre reflexartige Abwehrhaltung erinnert an die Verfolgung von Galileo Galilei, der das heliozentrische Weltbild entwickelte und bewies, dass sich die Erde um die Sonne dreht und folglich nicht das Zentrum des Universums sein kann. Er musste teilweise abschwören, um dem Scheiterhaufen zu entgehen. Gefängnis und Hausarrest blieben ihm trotzdem nicht erspart.
Ausweg aus der Sackgasse
Tiefgläubige Christen, die Verstand und Vernunft nicht ganz auf die Seite räumen konnten, suchten einen Ausweg aus der geistigen, wissenschaftlichen und historischen Sackgasse. Ein paar Schlaumeier aus den USA, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, schienen Mitte der 1980er Jahre die ultimative wissenschaftliche Lösung für die kniffligen Rätsel der Zeitrechnung und der Evolutionstheorie gefunden zu haben.
Sie verkündeten stolz die Idee des "Intelligenten Designs" (ID). Damit versuchten sie, den Kreationismus mit angeblich wissenschaftlichen Argumenten zu verteidigen. Konkret: Die Neokreationisten aus den USA machten dem staunenden Publikum weis, Gott sei quasi ein kreativer intelligenter Geist und Gestalter. Und letztlich der Urheber aller Phänomene des Universums und des Lebens auf der Erde schlechthin.
Bestätigung der Evolutionstheorie
Damit bestätigten und erklärten sie in abgewandelter Form auch die Evolutionstheorie. Ihre Vorstellung: Evolutionäre Entwicklungen würden nicht durch Mutation und Selektion erfolgen, vielmehr steuere ein übersinnliches ID die evolutionären Prozesse. Dieses ID kann aber nur Gott sein.
Doch dies versuchen die ID-Exponenten zu verschleiern. Sie reklamieren für ihre Theorie einen wissenschaftlichen Anspruch, der nichts mit Religion zu tun habe.
Intelligentes Design als Tarnung
Eine fadenscheinige Begründung. Die Urheber und Vertreter des ID stammen aus freikirchlichen Kreisen und wollen, dass in den Schulen der USA nicht nur die darwinistische Evolutionstheorie gelehrt wird, sondern gleichberechtigt auch ihre modifizierte, pseudowissenschaftliche Form, die dem Kreationismus sehr nahe kommt.
Wer dem ID ein wissenschaftliches Mäntelchen umhängt, braucht wohl eine ähnliche religiöse Verblendung wie die Kreationisten, die weiterhin an die Schöpfungslehre der Bibel glauben.
Übernahme mit freundlicher Genehmigung von watson.ch.
9 Kommentare
Kommentare
Konrad Schiemert am Permanenter Link
Das beste Argument gegen "Intelligenten Design" ist die unendlich lange Liste der Krankheiten, die alle Lebewesen betreffen.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Diesen Anhängern und Erfindern von ID empfehle ich dringest das Buch von Uwe Lehnert,
Ich kann auch nicht verstehen, warum sich viele Menschen weigern die Realität anzuerkennen und ständig irgentwelche Märchen erfinden, wovor haben sie Angst, oder geht es nur darum irgendwie recht zu behalten, aus welchen Gründen auch immer.
Meiner Meinung nach ist das loslösen von einem als falsch erkannten Glauben, durch belegbare Wissenschaftliche Erkenntnisse, eine Befreiung von einer überflüssigen Last, welche viele Menschen unnötiger weise mit sich herumtragen.
Leider hemmt diese Anschauung auch den Fortschritt der Menschheit und ist somit Kontraproduktiv.
auf lange Sicht kann aber auch der größte Unsinn der geglaubt wird die Evolution nicht aufhalten.
Edgar Schwer am Permanenter Link
Warum gehört die Schöpfungsgeschichte in die Schule? Was hat sie dort verloren? Wer eine religiöse Bildung will, sollte dies nicht von der Schule erwarten dürfen.
Adam Sedgwick am Permanenter Link
Adam Sedgwick
Intelligent Design-eine Alternative zu Darwin´s und Wallace´s Evolutionstheorie?
Vor ein paar Tagen entdeckte ich Video zum Thema Intelligent Design und habe einen Brief dazu geschrieben den ich an dieser Stelle vorstellen möchte.
Kürzlich stolperte ich im Netz auf ein youtube Video aus dem Jahre 2013 des Paläontologen Dr. Günther Bechly (Zweifel an Darwin vom 21.9.2017), der früher Kurator am Naturkundemuseum Stuttgart war, und sich mit Millionen Jahre alten, in Bernstein eingeschlossenen Insekten befasste. In dem Video erzählt er nun eigentlich ganz sympathisch, sachlich, wie er sich von einem atheistischen „Standard“-Evolutionsbiologen zu einem Anhänger des Intelligent Designs (ID) entwickelte und sich gänzlich einer christlichen Religion anschloss. Worin liegt die Brisanz? Es ist für einen Biowissenschaftler sehr ungewöhnlich, sich von der fundierten Evolutionstheorie abzukehren und sich dafür ganz dem Kreationismus der christlichen Fundamentalisten, später in Intelligent Design um etikettiert, zu verschreiben. Das ID ist jetzt für ihn ein solides Erklärungsmodell für die Artenvielfalt… Er meint es richtig ernst, er gab sogar seine sichere Stelle am Museum auf!
Dazu muss was gesagt werden, weil es heute immer noch Wissensverweigerer gibt. Kann denn das ID überhaupt als wissenschaftliche Theorie bezeichnet werden? Klare Antwort-NEIN! Die Vertreter von ID mäkeln nur an Darwin´s Theorie herum, stellen bisher bekannte und auch statistisch untermauerte Fakten falsch dar und verwenden sie als vermeintliche Belege gegen die Gültigkeit der Evolutionstheorie. Ihr beliebtes Beispiel ist die Entwicklung des Wirbeltierauges. Das wunderbare, feinabgestimmte Organ ließe sich nicht allein durch Mutation und Selektion erklären, da Mutationen viel zu selten auftreten. Aber die ID-„Forscher“ haben bisher keine einzige alternative Hypothese für eine plausible Erklärung der erstaunlichen Anpassungen aufgestellt, außer durch die Einführung irgendeines höheren Phantasie- Geschöpfes, dem Intelligent Designer. Dazu lässt sich nur sagen, man muss schon das Buch „Die Entstehung der Arten“ von Anfang bis Ende gut durchlesen, dann sind die Einwände der ID Leute wie weggeblasen. Offensichtlich haben sie das geniale Buch nie gelesen und sich nur auf fragmentarisches Hörensagen verlassen. Das Problem der Entwicklung des Wirbeltierauges wird von Darwin bereits genau erklärt. Heute weiß man beträchtlich mehr: Man kennt das Regulator-Gen für die Synthese der einzelnen Komponenten des Auges. Überraschend war, dass das gleiche Regulator Gen über 100 Millionen Jahre erhalten geblieben ist, und nicht nur bei allen Wirbeltieren, sondern auch bei den Insekten vorkommt, obwohl deren Augenapparat komplett anders aufgebaut ist, wie man sich beim Anblick jeder Stubenfliege überzeugen kann. Darwin weist praktisch bei jeder Gelegenheit auf die große Schwäche der biblischen Schöpfungsgeschichte als naturwissenschaftliches Erklärungsmodell hin. Die Bibel hält alle Organismen für unveränderlich, und damit steht sie aber ständig im Widerspruch zu den mannigfachen Beobachtungen! Die meisten denken bei Darwin nur an das Wechselspiel von Mutation und Selektion und vergessen häufig den wichtigen Einfluss der Populationen zur Erklärung. Durch Einführung der Populationen wird die ausreichende Geschwindigkeit der Evolutionsvorgänge plausibel. Mit diesem „Trick“ erreichte Darwin, dass alle entstehenden Varianten immer gleichzeitig auf dem Prüfstand der Evolution angeboten werden. So haben die Arbeiten der letzten Jahrzehnte ein sehr klares Bild zur Evolution des Auges ergeben, auch zum Teil schon für die Entwicklung des Gehörs, eines noch sehr viel komplexeren Organs. Die Entstehung neuer Arten in der Natur kann in nicht wenigen Fällen innerhalb von Jahrhunderten erfolgen. Also, einen intelligenten Designer benötigt man nicht!
Link zum Video
https://www.bing.com/videos/search?q=g%c3%bcnther+bechly&docid=607991073684652894&mid=9D9A8C0A676470091E559D9A8C0A676470091E55&view=detail&FORM=VIRE
Roland Weber am Permanenter Link
Was die meisten Menschen offenbar nicht begreifen können oder wollen: Wer als Christ über Gott redet, redet nicht über ein abstraktes Wesen und den Geist der Welt, sondern über einen Gott, wie er ganz präzise im Alten
Alles andere geht über die religiöse Frage zu einem Christentum hinaus und dient lediglich der Ausstaffierung persönlicher oder sektiererischer Glaubensinhalte. Ob "designed", "kreated" oder sonst irgendwas ist lediglich der zutiefst alberne Versuch, das eigene intellektuelle Versagen als religiöses Denken auszugeben.
Dass "etwas" das Leben angestoßen hat, muss richtig sein. Richtig ist auch, dass sich das Leben angepasst und verändert hat. Für eine Steuerung oder für ein Eingreifen von etwas Höherem findet sich nirgends ein Nachweis. Für einen Plan, einen Willen oder eine offenbarte Bibel und "Testamente" fehlen jegliche Hinweise oder gar Belege.
Manfred Schleyer am Permanenter Link
Wenn ein Gott diese Welt erschaffen hat, wer hat dann dieses Superwesen Gott erschaffen? Eine alte Frage, immer noch ohne Antwort.
Reinhold Schlotz am Permanenter Link
In Deutschland haben sich die Vertreter des „Intelligent Design“ in der „Studiengemeinschaft Wort und Wissen e.
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Karl-Heinz Büchner am Permanenter Link
"Christliche Fundamentalisten versuchen den Widerspruch von der Schöpfungslehre und der Evolutionstheorie aufzulösen. Daraus resultiert eine seltsame Theorie."
Nein, Nein und nochmals Nein!
Eine wissenschaftliche Theorie ist die Bezeichnung für ein analytisch nicht beweisbares (d.h. verifizierbares), jederzeit widerlegbares (also falsifizierbares), bisher aber nicht widerlegtes naturwissenschaftliches Lehrgebäude, das die Grundlagen und Gesetzmäßigkeiten eines Fachgebietes in stimmiger Weise zusammenfasst und auf empirischen Befunden und logischen Erkenntnissen beruht. Deswegen heißen die Evolutionstheorie und die Relativitätstheorie eben Theorie und nicht Gesetz. Niemand käme heute mehr auf die Idee, Newtons Schwerkraftgesetz ein Gesetz zu nennen, weil es eben nur unter ganz bestimmten Bedingungen (halbwegs) exakte Ergebnisse liefert.
Und das, was aus der Ecke Widenmeyer kommt, darf sich rechtmäßigerweise nicht einmal Hypothese nennen, denn auch für eine solche ist die Faktenlage immer noch zu dünn und die Falsifizierbarkeit schlicht nicht vorhanden..
Der Versuch, die Wissenslücken, die die Wissenschaft IMMER lassen wird, mit der Behauptung zu füllen, für sie sei ein prinzipiell unbeweisbares, weil transzendentes Wesen verantwortlich, ist an ungewollter Komik kaum zu überbieten. Aber so geht eben Kreationismus.
Werner Koch am Permanenter Link
Evolutionstheorie gleich Atheismus
„Tief“-Gläubige können sich mit der Evolution nicht anfreunden.
Wer die Evolution akzeptiert, kann nicht gleichzeitig an den Schöpfer und die Schöpfungsgeschichte glauben. Auch in der Türkei hat man die Evolutionstheorie aus der Schule verbannt. Wer die Evolutionstheorie vertritt muss ein Atheist sein.
Bei manchen Menschen scheint die Entwicklung rückwärts zu gehen. Religionen sind gegen den Fortschritt und stehen für eine Rückkehr zu unwissenschaftlichem Denken. Ob diese Menschen auch konsequent sind und auf die Fortschritte der Technik, der Medizin verzichten?