Der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) hat seinen Austritt aus dem Koordinierungsrat säkularer Organisationen (KORSO) erklärt. Beide Organisationen wollen künftig getrennte Wege gehen, streben jedoch eine strategische Partnerschaft an.
Der KORSO e. V. wurde im November 2008 als Zusammenschluss säkularer Verbände in Deutschland gegründet. Sein Ziel als Koordinierungsrat war und ist es, die vielfältigen säkularen Organisationen in Deutschland miteinander ins Gespräch zu bringen über ihre jeweils leicht unterschiedlichen Ziele und Interessen und hierbei Positionen zu erarbeiten, die gemeinsam vertreten werden können.
Einer der größten Verbände des säkularen Spektrums, der Bundesverband des HVD, hat in seinem Delegiertenrat am 27. März nun jedoch seinen Austritt aus dem KORSO beschlossen. In einer Pressemitteilung erklärte der HVD seinen Austritt damit, dass innerhalb des KORSO konträre Positionen vertreten würden, zum Beispiel im Bereich des Religions- und Weltanschauungsunterrichts: "Während beispielsweise der HVD Berlin-Brandenburg allein in Berlin rund 70.000 Schüler*innen in Humanistischer Lebenskunde unterrichtet, verlangen manche säkularen Kräfte eine Abschaffung jeglichen Religions- und Weltanschauungsunterrichtes. Diese unterschiedlichen Positionen konnten in den vergangenen Jahren innerhalb des KORSO nicht in eine gemeinsame Strategie überführt werden. Der HVD Bundesverband hält es deswegen – inhaltlich und strategisch – für geboten, eigene Wege zu gehen."
"Dass im säkular-humanistischen Spektrum unterschiedliche Positionen sichtbar werden, die man nicht wegdiskutieren kann, ist ein Ergebnis der bisherigen Koordinationsarbeit des KORSO. Dass man diese aber auch gar nicht wegdiskutieren muss, ist ein weiteres Ergebnis", erklärte der KORSO-Vorsitzende Dr. Rainer Rosenzweig zum Austritt des HVD. Gegensätzliche Auffassungen seien jedoch kein Hindernis für zukünftige Zusammenarbeit, denn es existiere eine Vielzahl gemeinsamer Positionen, für die es sich kooperativ einzustehen lohne. Rosenzweig begrüßt daher auch die Offenheit des HVD für eine zukünftige strategische Partnerschaft mit dem KORSO.
Eine "Spaltung" des säkularen Spektrums bedeute der Austritt des HVD aus dem KORSO jedenfalls nicht, so HVD-Bundesvorstandsmitglied Katrin Raczynski. Unabhängig von seiner Entscheidung werde der HVD gemeinsame Positionen mit Akteuren im säkularen Spektrum pflegen und ausbauen und er werde sich in gemeinsamem Engagement wiederfinden, wo immer dies möglich sei, erklärte der HVD in seiner Pressemitteilung.
13 Kommentare
Kommentare
A.S. am Permanenter Link
Unterschiede zu erkennen, zu benennen und offen damit umzugehen ist gut für die Demokratie. Zwanghaft nach Einigkeit zu streben birgt die Saat der Unfreiheit in sich.
Was Unterricht in Religion, Lebenskunde und Ethik betrifft ist wohle weniger die Frage des "ob" demokratisch relevant, sondern die Frage der Notwendigkeit und des "wer".
Ist Gottesindoktrination notwendig? Ist Gottesindoktrination eine Staatsaufgabe?
Ist Ethik-Unterricht notwendig? Ist Ethik-Unterricht eine Staatsaufgabe?
Ist Lebenskunde-Unterricht notwendig? Ist Lebenskunde-Unterricht eine Staatsaufgabe?
Ich verwende bewusst polemisch den Begriff "Gottesindoktrination", weil das ja die tatsächliche Aufgabe des Religionsunterrichtes ist. Gotteszweifel jedenfalls wird dort nicht gelehrt.
Ludwig Lauer am Permanenter Link
Ja, Ethikunterricht ist notwendig und Staatsaufgabe. Ethikunterricht ist praktische Philosophie, reflektiert also Moral, Werte, religiöse und säkulare Weltanschauungen etc. auf wissenschaftliche Weise.
Gilt das auch für Bekenntnisunterricht jeglicher Couleur in separaten Schülergruppen?
Wenn die Fixierung des HVD auf Lebenskundeunterricht der Hauptgrund für den Austritt aus dem KORSO war, dann ist dem HVD dieses Partikularanliegen wohl wichtiger als die Stärkung des säkularen Humanismus - eine Haltung, die an die Verbandspolitik der Humanistischen Vereinigung erinnert.
Getrennt marschieren bedeutet nicht zwangsläufig gemeinsam siegen.
sitha Berg am Permanenter Link
Warum beschleicht mich bei den Worten Ethik und Moral immer so ein komisches Gefühl? Ich traue diesen Worten nicht, werden sie doch so oft gerade von den Religionen missbraucht.
W. K. am Permanenter Link
Der HVD ist ja auch keineswegs inhaltlich geschlossen. Zum Beispiel ist der HVD Havelland in keiner Weise säkular aktiv und beschränkt sich auf soziale Arbeit.
Martin am Permanenter Link
"verlangen manche säkularen Kräfte eine Abschaffung jeglichen Religions- und Weltanschauungsunterrichtes"
Na sowas aber auch, was fällt denen ein? Wollen die etwa Säkularität? Pfui!
Gerhard Lein am Permanenter Link
Sehr schade. Die KORSO-Mitglieder waren nie in allen Postionen einig. Das ist z.B. die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen auch nicht. Gemeinsam sind sie aber stärker.
Roland Weber am Permanenter Link
Da werden sich die Religiösen aber freuen ... Nicht-Religiöse mit Religionser- und ansatz und Nicht-Reliigöse mit Ethik-Ersatz, wahlweise auch Ethikfreiem-Ansatz ...
Ich hätte da noch einen Spaltungsvorschlag - mit Kooperationsaussicht versteht sich:
Christentumskritiker mit realer Jesus-Gewissheit und Christentumskritiker mit absoluter Jesus-Leugnung.
Andreas Schneider am Permanenter Link
Mich hat stets verwundert, warum der HVD sich überhaupt am KORSO beteiligt hat.
Die deutliche Kritik des HVDs an der Art und Weise, wie die Partner ihre Religions- und Kirchenkritik öffentlich ausleben, finde ich sehr berechtigt.
Insbesondere die GBS ist nicht daran interessiert, Angebote zu etablieren, sondern hat vielmehr lokale Strukturen aufgebaut, die als Sprachrohre der GBS agieren.
Petra Pausch am Permanenter Link
Herr Schneider, ich verstehe Sie offenbar nicht: Was meinen Sie mit „weder demokratisch legitimiert (Stiftungen)“? Welche Stiftung ist denn Ihrer Meinung nach „demokratisch legitimiert“?
Der GBS vorzuwerfen, sie mache keine Angebote... zeugt eher davon, dass Sie nicht bereit sind, über den Tellerrand zu schauen.
sitha Berg am Permanenter Link
Religionsunterricht (-indoktrination) ist keine evidenzbasierte Wissenschaft und gehört damit nicht in Bildungsinstitutionen.
Limette am Permanenter Link
Altes Thema.... Der HVD ( und vielleicht auch andere) versteht nicht, daß man auch auf unterschiedlichen Wegen versuchen kann, diese dicken Bretter zu durchbohren.
Grundsätzlich gehört Bekenntnisunterricht nicht an die Schulen... Deswegen muß man nicht den Korso verlassen. .. Beide Wege dürfen versucht werden....
opus am Permanenter Link
Mein Motto:
Säkulare Organisationen aller Couleur vereinigt euch!
frbr am Permanenter Link
"Während beispielsweise der HVD Berlin-Brandenburg allein in Berlin rund 70.000 Schüler*innen in Humanistischer Lebenskunde unterrichtet, verlangen manche säkularen Kräfte eine Abschaffung jeglichen Religions- un
Ist das alles? Gibt es weitere unterschiedliche Positionen? Dann gehören sie in diesen Artikel! Wenn nicht, reicht das nicht für eine Trennung.
Meine eigene Meinung ist, dass der Ethikunterricht nur eine Krücke (der staatlichen Religionsbevorzugung geschuldet) war, um den Austritt der Schüler aus dem Religionsunterricht zu ermöglichen. Solange es nicht anders geht, brauchen wir ihn. Dann kann er weg. Darüber muss man sich doch nicht zerstreiten!