Türkei auf dem Weg in einen Bürgerkrieg?

Angriffe auf HDP und die Zeitung "Hürriyet"

BERLIN. (hpd) Gestern wurde Büros der pro-kurdischen Partei HDP angegriffen; die Zentrale in Ankara brannte zum Teil aus. Auch das Büro der Zeitung "Hürriyet" wurde erneut Opfer von Attacken der Nationalkoservativen.

Anhänger der AKP, der Partei des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, haben gestern Abend wieder versucht, das Büro der Zeitung Hürriyet zu stürmen. Bereits am vergangenen Sonntag war das Büro Ziel des nationalkonservativen Mobs, der sich durch Erdogans Schweigen zu diesem Angriffen ermutigt fühlte.

Augenzeugen berichten, dass die Angreifer mit Lastwagen kamen und nach kurzer Rangelei die Sicherheitsleute der Redaktion und die wenigen Polizisten überwunden hatten. "Dann versammelten sie sich im Hof, riefen 'Allahu akbar' und versuchten, die Eingangstür mit Knüppeln, Tritten und Steinen einzuschmeißen." Erst nach 25 Minuten bekam die Polizei Verstärkung und konnte den Überfall abwehren.

Im gesamten Land kam es zu teils organisierten größeren, teils spontanen kleineren Demonstrationen sowie zu gewalttätigen Übergriffen auf Büros der prokurdisch-linken "Demokratiepartei der Völker" (HDP). Die Parteizentrale in Ankara wurde dabei in Brand gesetzt; Fotos davon gingen via Twitter gestern Abend um die Welt.

"Dutzende Nationalisten marschierten in der Hauptstadt Ankara zur Zentrale der pro-kurdischen Partei der Demokratie der Völker (HDP), wie Bilder des Fernsehsenders CNN-Türk zeigten. Sie warfen mit Steinen und rissen das Parteizeichen an dem Gebäude ab" schreibt die TAZ. Auch in Kirsehir (Zentralanatolien) und im beliebten Urlaubsort Alanya wurden HDP-Gebäude und benachbarte Geschäftsräume niedergebrannt.

Die HPD hat bei der Wahl im Juni erstmals die Zehn-Prozent-Hürde überwunden und zwang damit die AKP, einen Koalitionspartner zu suchen. "Kritiker der Regierung sehen in der Eskalation des Konfliktes mit der PKK auch ein Kalkül Ankaras, die HDP aus dem neuen Parlament fernzuhalten." (DW)

Erdogans AKP wirft der HDP vor, die kurdische PKK zu unterstützen, die in den vergangenen Tagen wieder militärische Angriffe gegen die Türkei führte. Die Türkei nutzt die Situation in Syrien dazu, gegen die kurdischen Autonomiebestrebungen vorzugehen. "Am Sonntag hatte die PKK ihren schwersten Angriff seit Mai 1993 verübt: Im südtürkischen Daglica in der Nähe der irakischen Grenze töteten die Rebellen bei einem Bombenanschlag auf einen Militärkonvoi 16 Soldaten und verletzten sechs weitere. Bei einem weiteren PKK-Anschlag in der östlichen Region Igdir wurden am Dienstag 13 Polizisten getötet" schreibt die Berliner Zeitung. Diese Angriffe der PKK dienen der Erdogan-Regierung als Rechtfertigung, den Waffenstillstand mit der PKK als für beendet zu erklären und der AKP, gegen die HDP und die Zeitung vorzugehen.