Bei der Unterdrückung der Gläubigen sind viele Religionen plötzlich sehr weltlich

Religionen und Glaubensgemeinschaften sind die Gralshüter des vermeintlich einzig wahren Glaubens, der ultimativen Spiritualität. Sie erheben in ihrem Exklusivitätsdenken den Hoheitsanspruch für transzendentale und metaphysische Phänomene. Für sie ist die geistige oder religiöse Vervollkommnung die Königsdisziplin. Die profanen weltlichen Aspekte überlassen sie gern sozialen oder politischen Instanzen. Viele Glaubensgemeinschaften blenden dabei aber aus, dass ihr Gebaren ebenfalls von irdischen Aspekten und Begierden geprägt ist. In den Kirchen und Sekten geht es oft zu und her wie im hölzernen Himmel. Machtkämpfe und grobstoffliche Interessen dominieren nicht selten ihr Bewusstsein. So klaffen religiöser Anspruch und weltliche Realität häufig weit auseinander.

Besonders offensichtlich ist der Widerspruch bei der Einbindung der Gläubigen. Diese zeigt meist die Qualität einer unterdrückerischen Indoktrination. Dabei greifen die Kirchenführer gern zu ausgesprochen irdischen Methoden.

Ein Beispiel: Religiöse und spirituelle Gemeinschaften versprechen auf der religiösen Ebene das Heil, die Erlösung, das ewige Leben. Gleichzeitig insinuieren sie, dass der Heilsweg schon im irdischen Alltag Glück erzeugt.

Freikirchen zum Beispiel glauben, wer Jesus in sein Herz aufgenommen hat, wird fortan von Gott beschützt und auch im weltlichen Sinn belohnt, sogar finanziell. Das nennen sie das Wohlstandsevangelium.

Diese vermeintlichen Belohnungen sind aber nicht gratis zu haben, sondern an beinharte Anforderungen und Dogmen gebunden, die Angst auslösen. Denn die von Glaubensgemeinschaften versprochene Erlösung erfordert ein möglichst gottesfürchtiges und sündenfreies Leben.

Dabei sind die Ansprüche sehr hoch. Wer sie nicht erfüllen kann, wird zum Sünder gestempelt und muss Buße tun und Sühne leisten. Diese moralische Keule hat aber wenig mit dem Glauben zu tun, sondern vor allem mit weltlicher Unterdrückung.

Es wird oft weltliche Angst erzeugt

Mit diesem geistigen Werkzeug wird irdische Angst erzeugt, um die Gläubigen abhängig zu machen. Nur wer die irdischen Gebote befolgt, kann auf die Gnade Gottes am Jüngsten Tag hoffen. Letztlich sind die Zehn Gebote, das Fundament aller christlichen Kirchen, weltliche Verhaltensnormen. Da ist die Angst schon im Kern angelegt.

Ein Paradebeispiel ist das Opus Dei, eine Personalprälatur der katholischen Kirche, die im Vatikan sehr viel Einfluss hat. Der Spanier Josemaría Escrivá hat den sektenhaften Laienorden gegründet. Er sympathisierte offen mit dem faschistischen Franco-Regime. Trotzdem wurde er 2002 heiliggesprochen.

Wie krank sein Glaubensverständnis ist, zeigt sich bei den "heiligen Geboten" der Selbstkasteiung. Er verlangt von den Gläubigen, sich regelmäßig Schmerzen zuzufügen. Vor allem mit einem stacheligen Bußgürtel und mit Peitschen. Die Gläubigen sollen den Leidensweg Jesu nachempfinden.

Der Körper als Feind

Zitate aus dem Buch "Der Weg" von Escrivá: "Wenn du dich nicht abtötest, wirst du nie ein Mensch des Gebetes." Und: "Gesegnet sei der Schmerz. – Geliebt sei der Schmerz. – Geheiligt sei der Schmerz." Den menschlichen Leib bezeichnet er als "deinen Feind".

Was eine solch feindliche Haltung dem Körper gegenüber mit dem Glauben zu tun hat, bleibt das Geheimnis des "Heiligen". Es bleibt auch das Geheimnis der katholischen Kirche, weshalb sie einen Mann, der die Selbstkasteiung im Namen Gottes verlangt, heiliggesprochen hat.

Übrigens sind der einstige Bischof von Chur, Wolfgang Haas, und der aktuelle Bischof Joseph Bonnemain Mitglieder des Opus Dei.

Glaubensgemeinschaften, die Angst erzeugen, verraten ihre religiösen Ideale. Nur realisieren es viele Gläubige nicht.

Übernahme mit freundlicher Genehmigung von watson.ch.

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