In Österreich geht es mittlerweile online. In Deutschland dagegen:

Bürokratische Hürden und Abzocke beim Kirchenaustritt

Es klingt wie eine gute Nachricht: "Kirchenaustritt nun auch in Oberösterreich online möglich" – das meldet der Humanistische Verband Österreich. Doch damit sind wir auch schon beim schlechten Teil der News: Das gilt nämlich, nachdem es schon vorher Praxis in anderen österreichischen Bundesländern war, nun auch für Oberösterreich. So weit ist Deutschland noch nicht.

In Deutschland ist der Kirchenaustritt weiterhin nur auf kompliziertem bürokratischem Wege zu bewerkstelligen. Und er kostet (anders als in Österreich, wo gegebenenfalls eine Gebühr für die entsprechende Bescheinigung fällig wird) auch noch Geld. Gäbe es den einfachen Online-Kirchenaustritt, so wären die Austrittszahlen gewiss noch höher als sie es ohnehin schon sind. Im Jahr 2023 traten in Deutschland 380.000 Menschen aus der evangelischen Kirche aus. Bei den Katholiken waren es knapp 403.000.

Von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich

Wie in Deutschland der Kirchenaustritt funktioniert, ist von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. In Bayern etwa ist das Standesamt zuständig und eine Gebühr von 35 Euro wird fällig. In Berlin und Nordrhein-Westfalen sind die Amtsgerichte zuständig und es entstehen Kosten von 30 Euro. Auch ein notarieller Kirchenaustritt ist möglich. Einen guten Überblick über die Verfahren in den einzelnen Bundesländern gibt die Seite kirchenaustritt.de.

In Nordrhein-Westfalen beispielsweise kommt bei dem Prozedere durchaus auch das Internet ins Spiel. Nämlich wenn der oder die Kirchenaustrittswillige einen Termin bekommen möchte, wann sie oder er persönlich beim Amtsgericht vorstellig werden darf. Mitzubringen sind dann ein Personalausweis plus eine Meldebescheinigung, die nicht älter als drei Monate sein darf. Und vor allem: 30 Euro in bar, um die Gerichtsgebühren zu begleichen.

Für Minderjährige gilt: Für Kinder unter 12 Jahren und für Geschäftsunfähige können die gesetzlichen Vertreter, denen die Personensorge zusteht, die Erklärung abgeben, diese müssen zeitgleich bei Gericht vorsprechen. Bei Kindern zwischen Vollendung des 12. und des 14. Lebensjahres kann der Austritt nicht gegen deren Willen erklärt werden. Ab dem vollendeten 14. Lebensjahr können Minderjährige selbst den Austritt erklären, auch gegen den Willen ihrer gesetzlichen Vertreter.

Ratsam ist, die Bescheinigung über den erfolgten Kirchenaustritt gut aufzubewahren, um nicht später doch noch vom Finanzamt in punkto Kirchensteuer zur Kasse gebeten zu werden.

Dubiose Anbieter im Internet

Wer sich über das Thema Kirchenaustritt im Internet informieren will, läuft überdies Gefahr, dass es mit Blick auf die Kosten nicht bei den 30 oder 35 Euro für den Austritt bleibt. Es gibt da nämlich dubiose Anbieter, vor denen zum Beispiel auch das Amtsgericht Düsseldorf auf seiner Internetseite warnt. Dort heißt es:  

"Im Internet wird zurzeit ein Service angeboten, der es Bürgerinnen und Bürgern ermöglichen soll, gegen eine Gebühr von 29,90 Euro aus der Kirche auszutreten. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Kauf und Nutzung des dort angebotenen Vordrucks/Service nicht von der Zahlung der gerichtlichen Gebühr und der Erklärung vor dem zuständigen Amtsgericht entbindet."

Die Kreispolizeibehörde Soest (NRW) beschreibt ausführlicher und ebenfalls warnend, worum es geht:

"Es wird der Eindruck einer offiziellen Webseite durch das Design vorgegaukelt. Die Seite verspricht: In zwei Minuten zum Kirchenaustritt Antrag. Manch einer füllt diesen dann aus und meint, durch die einmalige Servicegebühr von 29,90 Euro seinen Kirchenaustritt bewerkstelligt zu haben. Tatsächlich erhielt der Geschädigte einige Tage später einen Brief mit dem Antrag. Mit diesem sollte er dann zum Amtsgericht gehen. Hier musste er ganz normal die Gebühr zum Kirchenaustritt bezahlen Wer genau auf der Seite liest, kann folgendes finden: Für einmalig nur 29,90 EUR (inkl. MwSt. und zzgl. Behördengebühren) kann mit unserem Ausfüllservice ein schriftlicher Austrittsantrag online erstellt werden. … Genau diese Leistung 'Erstellen eines Antrags' wurde von der Firma, die hinter der Webseite steht, auch erbracht."

Es bleibt Zukunftsmusik, dass der Online-Kirchenaustritt wie in Österreich eines Tages auch in Deutschland kommt. Noch wird er aber, durchaus im Interesse der Kirchen, durch einen bürokratischen Hürdenlauf erschwert. Und dann drohen auch noch besagte Abzockfallen. All das, obwohl man doch einfach nur einen Verein verlassen will, in den man gar nicht selbst eingetreten ist, sondern in der Regel kurz nach seiner Geburt von seinen Eltern eingetreten wurde.„“

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