gbs begrüßt Veröffentlichung des Bundesbeauftragten für Religions- und Weltanschauungsfreiheit

Weltanschauungsfreiheit weltweit stärken!

Frank Schwabe (SPD) möchte "gezielt zur Stärkung der Weltanschauungsfreiheit beitragen", da "nicht nur religiöse Menschen, sondern auch Atheistinnen und Atheisten, Humanistinnen und Humanisten Opfer von Verfolgung und Diskriminierung" werden. Die Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) bewertet die jüngste Veröffentlichung des Beauftragten der Bundesregierung für Religions- und Weltanschauungsfreiheit als "ausgesprochen positiv".

Lange Zeit haben deutsche Behörden die religiöse Verfolgung nichtreligiöser Menschen ignoriert. Ein Grund dafür war, dass sie sich auf das Recht auf positive Religionsfreiheit (also das Recht, einer Religion anzugehören) konzentrierten und dabei das Recht auf Weltanschauungsfreiheit (etwa das Recht, weltliche gegenüber religiösen Orientierungssystemen vorzuziehen) weitgehend ausblendeten. Bevor Frank Schwabe das Amt übernahm, trug seine Stabstelle daher auch nur den Titel "Beauftragter für Religionsfreiheit", was der neue Amtsinhaber sogleich durch den Begriff der "Weltanschauungsfreiheit" ergänzte. In der aktuellen Broschüre "Weltanschauungsfreiheit weltweit stärken!" (siehe unten) erläutert Schwabe nun, was er unter diesem Begriff versteht.

Ganz im Einklang mit den Definitionen des Instituts für Weltanschauungsrecht (ifw) (siehe hierzu u.a. diesen Aufsatz von Jacqueline Neumann und Michael Schmidt-Salomon) bestimmt Schwabe "Weltanschauungsfreiheit" als "das Recht eines jeden Menschen, seine eigenen Überzeugungen in Bezug auf Religion, Atheismus oder Weltanschauung frei zu wählen, zu entwickeln und ggf. auch zu wechseln. Es schließt auch die lebenspraktischen Konsequenzen grundlegender Überzeugungen mit ein." Bei all dem versteht Schwabe "Weltanschauungsfreiheit" als ein "grundlegendes Menschenrecht, das Staaten achten, schützen und fördern müssen, um der Vielfalt der Überzeugungen Raum zu geben und den Respekt vor individuellen Weltanschauungen zu gewährleisten." Die "Verfolgung von atheistischen und nicht-religiösen Menschen" sei daher "eine Menschenrechtsverletzung, gegen die vorgegangen werden muss, um eine gerechte, freie und pluralistische Gesellschaft zu schaffen."

Die religiöse Verfolgung nichtreligiöser Menschen

Erfreulicherweise belässt es der Bundesbeauftragte für Religions- und Weltanschauungsfreiheit nicht bei diesen abstrakten Formulierungen, sondern geht unter anderem auf die besondere Problemlage säkularer Flüchtlinge in Deutschland ein: "Vor allem in vielen islamischen Ländern werden bekennende Atheistinnen und Atheisten verfolgt. In Deutschland werden Asylsuchende bedroht, die nicht an Gott glauben. Geflohene, die wegen ihres Atheismus in ihrem Heimatland unter Diskriminierung und Verfolgung leiden, werden in der Regel nicht als eine Gruppe mit eigenen Anliegen wahrgenommen. Diese Menschen benötigen Schutz, wenn sie in der Flüchtlingsunterkunft bedroht und eingeschüchtert werden…"

Schwabe illustriert dies an konkreten Fällen, etwa dem Schicksal von Rana Ahmad (gbs-Stipendiatin und Mitgründerin der Säkularen Flüchtlingshilfe, siehe bruno.2019, S. 6-11), die wegen ihres humanistischen Engagements aus Saudi-Arabien fliehen musste. In diesem Zusammenhang stellt der Bundesbeauftragte klar, "dass Menschen, denen Anklage und Verfolgung drohen, weil sie vom Glauben abgefallen seien (Apostasie), einen menschenrechtlichen Anspruch auf Asyl haben."

Säkulare Forderungen sollten ernsthaft diskutiert werden

Am 9. September hatte sich Frank Schwabe mit Vertreterinnen und Vertretern säkularer Organisationen (u.a. gbs, Säkulare Flüchtlingshilfe, Zentralrat der Konfessionsfreien, Zentralrat der Ex-Muslime) zu einem Fachgespräch getroffen. In der Broschüre listet er nun zentrale Forderungen der Verbände auf (etwa die konsequente weltanschauliche Neutralität des Staates, die Gleichstellung nichtreligiöser Organisationen mit den Kirchen, die Vereinheitlichung des Arbeitsrechts, die Einstellung der Staatsleistungen oder die Gleichbehandlung in den öffentlich-rechtlichen Medien), von denen Schwabe meint, dass sie es verdienen, "ernsthaft gesellschaftlich und politisch diskutiert und entschieden zu werden".

Schwabe selbst teilt manche dieser politischen Forderungen, andere hingegen nicht. So fordert er explizit die "Vertretung säkularer Organisationen in Ethikräten, Rundfunkräten oder Bundesprüfstellen" als "Ausdruck des Rechts der Weltanschauungsfreiheit". Er widerspricht jedoch der säkularen Forderung, "Religion zur Privatsache zu erklären", weil dies seiner Meinung nach im Widerspruch zu der "von Artikel 18 der Allgemei­nen Erklärung der Menschenrechte gewährleisteten und gesellschaftlich so wichtigen öffentlichen Ausübung der Religions- und Weltanschauungsfreiheit" stehe.

Ein Schritt in die richtige Richtung

Hierbei handelt es sich jedoch um ein Missverständnis, wie gbs-Sprecher Michael Schmidt-Salomon erläutert: "Religion als Privatsache zu behandeln, bedeutet keineswegs, dass die Gläubigen nur noch im stillen Kämmerlein beten dürften! Selbstverständlich sollen sich die Religionsgemeinschaften auch weiterhin in die gesellschaftliche Debatte einmischen können – nur eben gleichberechtigt neben anderen privat-gemeinnützigen Organisationen wie etwa dem B.U.N.D. oder Amnesty International, statt – wie bisher – als privilegierte 'Körperschaften des öffentlichen Rechts'! Dieser besondere Körperschaftsstatus, durch den die Kirchen zu 'Staaten im Staate' werden, hat in der Vergangenheit immer wieder zu schwerwiegenden Problemen geführt, wie nicht zuletzt die langjährige Vertuschung des klerikalen Missbrauchsskandals gezeigt hat."

Insgesamt bewertet Schmidt-Salomon die jüngste Veröffentlichung des Bundesbeauftragten für Religions- und Weltanschauungsfreiheit jedoch als "ausgesprochen positiv": "Es ist ein Schritt in die richtige Richtung! Frank Schwabe hat die zentrale Bedeutung der Weltanschauungsfreiheit im modernen Rechtsstaat klar erkannt. Leider ist diese Einsicht noch längst nicht bei den anderen Bundesministerien angekommen, etwa beim Bildungsministerium, das in diesem Jahr die Förderung des humanistischen Bertha von Suttner-Studienwerks mit einer höchst fadenscheinigen Begründung abgelehnt hat. Noch immer werden religiöse Weltanschauungen gegenüber nichtreligiösen in vielerlei Hinsicht privilegiert, obgleich dies diametral gegen das Verfassungsgebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates verstößt. In dieser Hinsicht werden wir wohl noch einige dicke Bretter bohren müssen."

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