USA

Das Anti-Neutralitätsgesetz

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Symbolbild
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Angestellte der US-Bundesregierung müssen ihre Schreibtische künftig nicht mehr weltanschaulich neutral halten. Mehr noch: Sie dürfen aktiv versuchen, ihren Kolleg*innen zu bekehren. So will es eine neue Dienstvorschrift der Personalabteilung.

Das Office of Personnel Management (OPM) ist eine in der Theorie unabhängige US-Bundesbehörde, die, wie der Name andeutet, als eine Art Personalabteilung des Verwaltungsapparats fungiert. Mit knapp über 2.000 eigenen Angestellten verwaltet das OPM unter anderem die Rentenversicherungsansprüche der Bundesbelegschaft und berät andere Bundesbehörden in Sachen Human Resources.

Teil dieser Arbeit ist die Erstellung von Dienstanweisungen und Verhaltensrichtlinien für Bundesangestellte. Eine solche verschickte am 28. Juli der amtierende Direktor des OPM, Scott Kupor. Gemäß dieses Memos ist es US-Bundesangestellten künftig erlaubt, religiöse Ikonographien zu präsentieren und ihre Kolleg*innen zu bekehren.

So heißt es: "Private Ausdrücke von Religiosität müssen Angestellten in Arbeitsbereichen genauso erlaubt sein wie private Ausdrücke nichtreligiöser Natur. (…) Die Behörden können bestimmen, dass Angestellte während der Dienstzeit ihrer Arbeit nachgehen, statt ihre persönliche Religion zu befolgen."

Soll heißen, wenn Wimpel von Footballteams am Arbeitsplatz erlaubt sind, müssen es auch Gegenstände mit religiösem Bezug sein – gebetet werden allerdings darf nur in der Mittagspause. Das OPM erklärt: "Zurschaustellung und Nutzung von Gegenständen mit religiöser Funktion und religiöser Ikonographien: Angestellten sollte es erlaubt sein, Gegenstände mit religiöser Funktion oder religiös konnotierte Ikonographien aufzustellen und zu nutzen, worunter unter anderem, aber nicht nur, Bibeln, Grafiken, Schmuck, Poster, religiöse Botschaften und andere Hinweise auf Religionen (beispielsweise Kreuze, Kruzifixe und Mesusas) auf den Tischen, am Körper und innerhalb der zugewiesenen Arbeitsbereiche fallen."

Eine recht interessante Auflistung, zumal das einzige konkrete Beispiel aus einer nicht-christlichen Weltanschauung die jüdische Mesusa ist. Im weiteren Verlauf listet das Memo außerdem Rosenkränze, Davidsterne und Tefillin als konkrete Beispiele. In der Tat listet die Anweisung kein einziges konkretes Beispiel, das nicht dem Judentum oder Christentum zuzuordnen wäre.

In Sachen Kleidung gibt sich das Memo vage: "Angestellte dürfen ein Kreuz tragen, ebenso Kleidung, die eine religiöse Botschaft trägt." Dieser Formulierung und dem Begriff "am Körper" nach zu urteilen, müssten auch ein Hijab und der Kesh geschützte Ausdrücke von Religiosität sein.

Fraglich bleibt, wie die Bundesverwaltung künftig mit Fällen wie The Satanic Temple umgeht. Da der Satanic Temple beim Bundesfinanzamt als Kirche anerkannt ist, müsste die Zurschaustellung von Pentagrammen und dem Kopf des Baphomet theoretisch auch sanktionsfrei bleiben.

Während Deutschland noch das Berliner Neutralitätsgesetz diskutiert, gehen die Vereinigten Staaten gleich einen Schritt weiter: "Konversationen zwischen Bundesangestellten: Angestellte dürfen sich mit anderen Angestellten über religiöse Themen unterhalten, inklusive des Versuchs, andere davon zu überzeugen, dass die eigene Religion die richtige ist, so lange dies nicht in belästigender Weise geschieht."

Die Dienstanweisung des OPM spezifiziert, dass die Missionierungsversuche einzustellen sind, wenn die betroffene Person dies wünscht. Inwiefern der Versuch, Menschen gänzlich von jeder religiösen Überzeugung abzubringen, ebenfalls gebilligt wird, dazu schweigt das Memo.

Auch im Umgang mit der Öffentlichkeit darf künftig Religiosität bekundet werden, wenn der eigene Arbeitsbereich öffentlich zugänglich ist. Zwei Beispiele nennt die Anweisung: "Wachpersonal am Eingang eines Bürogebäudes des Bundes darf ein Kruzifix, eine Bibel oder einen Rosenkranz zeigen und nutzen. Anmeldungspersonal in einer Klinik der Veteranenversorgung darf im Wartezimmer alleine oder zusammen beten."

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