Rezension

NS-Besatzungspolitik in Dänemark

BONN. (hpd) Der studierte Jurist Matthias Bath beschreibt in seinem Buch "Der SD in Dänemark 1940–1945. Heydrichs Elite und der 'Gegenterror'" die NS-Besatzungspolitik in dem nordeuropäischen Land. Der Autor beschränkt sich auf eine Beschreibung der Ereignisse, wobei er sich meist nur auf wenige Titel der dänischen Sekundärliteratur beruft.

Die NS-Besatzungspolitik in Dänemark und Norwegen spielt in der deutschsprachigen Forschung nur eine geringe Rolle. Dies sieht in den genannten Ländern anders aus.

Auf Basis der dortigen Literatur und einigen Quellenfunden beschreibt der studierte Jurist Matthias Bath in seinem Buch "Der SD in Dänemark 1940 –1945. Heydrichs Elite und der 'Gegenterror'" die dortige Repressionspolitik. Bereits in der Einleitung macht er auf den unterentwickelten Forschungsstand aufmerksam, wenngleich sich in den Publikationen zum dänischen Widerstand einschlägige Informationen fänden. Darüber hinaus macht der Autor aber keine Angaben zur Bedeutung des Themas oder zur Forschungsfrage für die Untersuchung. Auch in den folgenden Kapiteln scheint Bath einem eher schlichten Wissenschaftsverständnis verpflichtet zu sein. Er reiht eine Fülle von durchaus bedeutsamen Informationen aneinander, ohne den damit verbundenen Erkenntnisgewinn näher zu erörtern. Dies gilt auch und gerade für die Ausführungen zu den Funktionsträgern des "Sicherheitsdienstes" in Dänemark.

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Am Beginn findet man zunächst einige allgemeine Ausführungen zu dieser Einrichtung der SS, wobei dessen Bedeutung und Funktion für das Reichsgebiet im Zentrum steht. Auch Konflikte mit anderen Behörden kommen zur Sprache: "Der innerstaatlichen Konkurrenz mit der Gestapo leid, begann der SD schließlich mit der Verfolgung von Regimegegnern auch außerhalb der Reichsgrenzen, wo die Gestapo offiziell jedenfalls nicht repressiv tätig werden konnte" (S. 18). Danach geht es um den Aufbau und die Arbeit des SD in Dänemark nach dem Beginn der deutschen Besatzung. Dieser sollte "alle Entwicklungen in Dänemark vom kulturellen Leben über die politische Stimmung bis hin zu den landwirtschaftlichen Ertragsaussichten verfolgen und in Lageberichten zusammenfassen" (S. 29). Dem leitenden Personal widmet Bath danach größere Aufmerksamkeit, findet man dort doch nähere Angaben zur Biographie der gemeinten SS-Männer. Deren Aktivitäten konzentrierten sich bis Ende 1943 auf "reine politische Nachrichtendiensttätigkeit" (S. 61).

Erst danach geht es im ausführlichsten Kapitel um den "Gegenterror" des SD in den letzten beiden Jahren des Krieges. Zwischenzeitlich hatte sich eine Widerstandsbewegung entwickelt, welche Anschläge und Attentate gegen Besatzungseinrichtungen und Kollaborateure durchführte. Bezogen auf die neue Aufgabe heißt es: "Neben der polizeilichen Bekämpfung durch die Gestapo sollte durch den SD ein konspirativer ‘Gegenterror’ inszeniert werden, der die Widerstandsbewegung einerseits gegenüber der Öffentlichkeit diskreditieren und andererseits durch die Tötung mutmaßlicher Unterstützer auch personell treffen sollte" (S. 78). Bath schildert dann mehrere einschlägige Beispiele, wozu ein Fall mit einem tragischen Versehen gehörte. Die Widerstandsgruppe "Holger Danske" plante einen Anschlag auf den Reichbevollmächtigen. An dem bewussten Tag war aber nur sein Chauffeur mit seinem siebenjährigen Sohn in dem Fahrzeug unterwegs. Vater und Sohn verstarben an den Folgen des Anschlags, der die Gruppe der Attentäter aufgrund der Folgen bestürzte.

Nach dem Abschluss des Kapitels über den "Gegenterror" des SD bricht die Darstellung ohne eine Einschätzung oder ein Schlusswort abrupt ab. Demnach findet man auch keine Bewertung oder Diskussion. Selbst die spätere Wahrnehmung der Ereignisse in Dänemark findet keine Aufmerksamkeit, obwohl ebendort eine Debatte über die Rolle des Widerstandes mit durchaus kritischen Untertönen einsetze. Bath geht eher selten intellektuell über die reine Beschreibung von Ereignissen oder Personen hinaus. Darüber hinaus referiert er meist nur die einschlägige dänische Sekundärliteratur mit eigenen Worten. Blickt man in den Fußnotenapparat, so kann man bei bestimmten Ausführungen häufig nur die Nennung von zwei bis drei Büchern mit wechselnder Nennung konstatieren. Die neuere Forschung, auch die in deutscher Sprache, nimmt Bath darüber hinaus kaum zur Kenntnis. Bei den Ausführungen zur SS beruft er sich etwa auf die Darstellung des "Spiegel"-Redakteurs Heinz Höhne aus den 1960er Jahren. Gab es danach denn keine neuere Forschung?

Matthias Bath, Der SD in Dänemark 1940–1945. Heydrichs Elite und der "Gegenterror", Berlin 2015 (Neuhaus-Verlag), 163 S., ISBN: 3937294031, 19,95 Euro