"Guten Tag. Möchten Sie ein Grundgesetz?"

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Grundgesetze, Fotos: F. Nicolai

BERLIN. (hpd) Die einen verteilen den Koran, die anderen die Bibel, die Frauen der fraINfra (Frankfurter Initiative progressiver Frauen) verteilen hingegen das Grundgesetz.

Nach ähnlichen Aktionen in Frankfurt und Köln verteilten die Mitglieder der fraINfra in Zusammenarbeit mit der Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes letzten Samstag zum dritten und vorerst letzten Mal um die 1.500 Grundgesetze, diesmal an Berliner Passanten.

Die Frankfurter Initiative progressiver Frauen (fraINfra) ist ein Netzwerk säkularer Bürgerinnen, das sich zu großen Teilen aus Frauen mit Migrationshintergrund zusammensetzt. Gemeinsam treten sie für kulturelle Vielfalt, Integration und ein friedliches Miteinander ein. Religion betrachten sie als reine Privatsache, die nicht für politische Zwecke missbraucht werden sollte.

Welche Ziele die Initiative mit der Verteilung der Grundgesetze verfolgt, konnte man einem beigelegten Flyer oder ihrer Internetseite entnehmen:

„Mit der symbolischen Verteilung des Grundgesetzes möchten wir darauf hinweisen, dass unsere gesellschaftlichen Probleme nicht auf Kultur und Religion zurückzuführen, sondern vornehmlich in den Bereichen der sozialen Unterschiede, Chancengerechtigkeit, Gleichberechtigung und ebenso dem Bildungssystem zu suchen sind. Auf diese Weise möchten wir den öffentlichen Diskurs in Richtung der säkularen Demokratie lenken. Wir verurteilen jegliche Art der Instrumentalisierung der Religion für politische Zwecke! Wir stehen für säkulare Demokratie ein und erachten Religion als Privatsache des Einzelnen!

Aus diesem Grunde: Wenn es ein Buch für diese Gesellschaft zu verteilen gibt, dann ist es das Grundgesetz und keine religiösen Schriften. Ein Miteinander in Frieden, Freiheit und Toleranz kann nur dann gelebt werden, wenn alle die Werteordnung des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland akzeptieren!“

Die Passantenreaktionen auf die Grundgesetzverteilung waren durchmischt: Ein Teil lief, ohne langsamer zu werden, am Stand vorbei und ignorierte, was die Frauen zu verteilen hatten. Andere ließen sich das Grundgesetz scheinbar frei nach dem Motto „Ist ja kostenlos“ in die Hand drücken und marschierten danach schnurstracks weiter.

Sicherlich mehr als ein Drittel der Passanten nahm die Aktion jedoch ausgesprochen positiv auf, fragte nach und ließ sich in Gespräche zum Thema verwickeln. Negative oder ablehnende Reaktionen gab es eigentlich keine.

Alles in allem war es eine gelungene Demonstration, die den einen oder anderen sicherlich zum Denken angeregt hat. Hut ab vor dem Engagement der 16 Frauen, die an ihrem freien Tag auf eigene Kosten aus Köln und Frankfurt angereist sind, um diese Veranstaltung möglich zu machen.

A. Swidsinski

(Fotos auf der nächsten Seite ►)