Der bekannte Politikwissenschaftler Klaus von Beyme nimmt in seinem Buch "Rechtspopulismus. Ein Element der Neodemokratie?" eine Analyse zum Thema mit Überblickscharakter vor. Dabei präsentiert er den Lesern auch einen Forschungsüberblick, kann aber auch in die dort bestehende Diffusität keine genauere Ordnung bringen.
Die europaweiten Erfolge rechtspopulistischer Parteien bei Wahlen haben auch in den Politikwissenschaften einschlägige Debatten um die Kontexte und Ursachen ausgelöst. Dabei steht auch das Konzept von "Populismus" selbst im Zentrum. Was ist damit eigentlich in Form und Inhalt gemeint? Worin bestehen für die Demokratie Gefahren – oder kann es auch einen entsprechenden Nutzen geben? Und welche Entwicklungen in Gesellschaft und Politik vieler Länder erklären die Wahlerfolge einschlägiger Parteien? Dies sind nur einige von vielen Fragen, die immer wieder gestellt werden. Ihnen widmet sich auch der bekannte Politikwissenschaftler Klaus von Beyme, der an der Universität Heidelberg gelehrt hatte. In seinem Buch "Rechtspopulismus. Ein Element der Neodemokratie?" präsentiert er gleich zu Beginn seine Grundposition, wonach "der Rechtspopulismus eine Barriere gegen den Rechtsextremismus darstellen kann, und neben einigen negativen auch ein paar positive Wirkungen in der Entwicklung der Neodemokratie aufweist" (S. 7).
Die letztgenannte Formulierung steht im Gegensatz zu "Postdemokratie", also der Einschätzung von Colin Crouch, wonach die Institutionen von Demokratie noch erhalten bleiben, aber deren Inhalte zunehmend erodieren würden. Für Beyme geht es bei "Neodemokratie" darum, "dass die Demokratie durch neuere Veränderungen nicht untergeht und dass der Populismus neue unkonventionelle und spontane Formen von Partizipation entwickelt, die verhindern, dass Rechtspopulismus in Rechtsextremismus umschlägt" (S. 12). Dies will der Autor durch die Kommentierung des Forschungsstandes zum Thema verdeutlichen. Daher geht er ausführlich auf andere Autoren und deren Ansätze ein, womit man indirekt eine Bilanz der wissenschaftlichen Auseinandersetzung zum Thema erhält. Am Beginn steht das Bemühen um eine Populismus-Typologie, wobei diese mit Anknüpfungen an politische Theorien der Vergangenheit im Kontext von allgemeinen Entwicklungen wie der Globalisierung und Immigration vorgenommen werden soll.
Dabei konstatiert von Beyme: "Nach Ansicht wichtiger Populismusforscher (…) sind alle Versuche einer generellen Populismustheorie gescheitert. Daher müssen wir uns auf deskriptive Typologien beschränken" (S. 47). Ansätze dazu liefert er dann fortan, so bei den Ausführungen zum historischen Durchschnitt der Grundannahmen der Populisten. Auch geht der Autor näher auf das Beziehungsgeflecht von Parteien und Populismus ein und behandelt die Rolle der Medien und die Ursachen für den Aufstieg der gemeinten Parteien. Besondere Aufmerksamkeit wird der Abgrenzung des Populismus vom Konservativismus einerseits und dem Rechtsextremismus andererseits gewidmet. Beyme will außerdem unbeabsichtigte Vorzüge des Populismus im Parteiensystem erkennen. Sie bestehen für ihn einerseits in der Herausstellung neuer Themen, welche bald von den etablierten Parteien übernommen wurden, und andererseits in der Unangemessenheit von Befürchtungen, wonach es eine ruinöse Wirkung der Populisten auf das System der repräsentativen Demokratie geben würde.
Der Autor gibt, wie bereits erwähnt, einen indirekten Überblick zur Forschungslage zum Thema. Er gibt das Scheitern eines sozialwissenschaftlichen Konzepts zum Thema zu, wodurch seine eigene Auffassung eher diffus bleibt. Ganz allgemein kann gesagt werden, dass Beyme sich auf einer sehr abstrakten Ebene bewegt. Nur bei Ausführungen zu bestimmten Themen wie etwa dem Rechtspopulismus in Osteuropa wird es etwas phänomenbezogener. Dagegen wäre prinzipiell nichts zu sagen, würde es mehr Klarheiten geben. Beyme schildert den Populismus und fragt dann nach seinen Spezifika. Doch müsste man diese ja erst kennen, um die gemeinten Phänomen zu erkennen und dann untersuchen zu können. Die damit einhergehende Problematik findet sich aber auch in anderen Monographien zum Thema. Insofern ist hier nicht vom großen Wurf auszugehen. Auch bei den Ausführungen zur Abgrenzung von Rechtsextremismus und Rechtspopulismus wirkt einiges etwas diffus, muss doch bei dem Gemeinten kein Gegensatz bestehen.
Klaus von Beyme, Rechtspopulismus. Ein Element der Neodemokratie?, Wiesbaden 2018 (Springer VS), 157 S., ISBN 978-3-658-19766-7, 19,99 Euro