Nachruf

Sie liebte es, Tiere zu beobachten

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Simone Guski
Simone Guski

Am vergangenen Sonnabend verstarb unsere Autorin Simone Guski. Der hpd verliert damit eine langjährige und sehr geschätzte Kollegin.

Kann man mit jemandem befreundet sein, wenn man sich nie sah? Ja, das kann man. Meine Mails mit Simone waren nicht nur Absprachen zu Artikeln. Sie waren Miniaturen.

Sie schrieb mir von den brütenden Rotkehlchen vor ihrem Fenster; ich ihr von der Amsel mit der einen weißen Feder im linken Flügel. Dann wieder erfreute Sie sich an den grünenden Kastanienbäumen oder an einer Ausstellung, die sie besuchte. Ich schickte ihr ein Foto von den Spatzen, für die ich vor dem Büro eine Badegelegenheit aufgestellt habe.

Wir haben uns nie getroffen und nur ein oder zweimal miteinander telefoniert. Doch in den Jahren, die ich für den hpd arbeite, war sie immer präsent. Sie schrieb schon Artikel für uns, als ich noch längst nicht in der Redaktion war.

Simone Guski war gelernte Philosophin und arbeitete viele Jahre lang als Kulturjournalistin mit dem Schwerpunkt Kunst im In- und Ausland für verschiedene Tageszeitungen und Magazine. Sie war langjährige Kulturberichterstatterin für die WELT in Madrid und unterrichtete später philosophische Anthropologie und Ästhetik an der Universidad de la Comunicación in Mexiko-City. Als sie vor vielen Jahren schwer erkrankte, musste sie sich aus der Tagesarbeit zurückziehen. Von da an schrieb sie nur noch für den hpd und über Themen, die ihr Spaß machten.

Simone Guski mit dem Notizblock in der Hand bei einer Ausstellung im "Haus der Kulturen" Berlin, Foto: © Evelin Frerk
Simone Guski mit dem Notizblock in der Hand bei einer Ausstellung im "Haus der Kulturen" Berlin, Foto: © Evelin Frerk

Im Jahr 2012 war unsere Fotografin Evelin Frerk mit Simone in Potsdam unterwegs. Sie hatte sich gewünscht, die Schmetterlingsausstellung in Potsdam zu besuchen, musste jedoch bald abbrechen, da ihre Krankheit ihr schwer zu schaffen machte. Trotz oder vielleicht auch wegen all der körperlichen Einschränkung liebte Simone das Leben, die Kunst und die Natur. Sie war eine leise, ruhige Stimme im Getöse der Stadt Berlin. Diese Stimme fehlt plötzlich.

Sie schrieb mir immer: "Lieber Frank, ich habe dies oder das Buch oder Thema entdeckt. Darüber würde ich gern etwas schreiben." Und ich konnte damit rechnen, dass spätestens am nächsten Tag der Artikel bei mir eintraf. Das wird unbegreiflicherweise nie wieder der Fall sein. Und der Artikel, den Simone mir vor fünf Tagen schickte, der letzte.

Frank Nicolai