Und es gibt weitere Lücken: Inzwischen ist bekannt, wie viele V-Leute des Verfassungsschutzes und der Polizei sich im Umfeld des NSU-Trios tummelten. Dennoch soll weiterhin am V-Mann-Unwesen festgehalten werden. Solche V-Leute im Neonazi-Milieu sind “staatlich alimentierte Nazi-Aktivisten” (Rolf Goessner), die bestehende Neonazi-Strukturen finanzieren und stützen oder gar neue Neonazi-Gruppierungen gründen, wie es der Verfassungsschutz in Thüringen mit dem “Thüringer Heimatschutz” betrieben hat. Wenn der Verfassungsschutz von den Neonazi-Morden wirklich nichts gehört und gesehen hat, dann ist er überflüssig. Und wenn er nichts hören und sehen wollte, dann ist er eine Gefahr für die Verfassung. Und wenn er gefährlich ist, wie seine lange Skandalgeschichte zeigt, dann muss man nicht nur seine V-Leute abschalten, sondern den ganzen Verfassungsschutz.
Koep-Kerstin las aus dem Antrag zu den Schlussfolgerungen aus dem NSU-Untersuchungsausschuss vor. Dort heißt es, dass “die Gefahr des Rechtsterrorismus völlig falsch eingeschätzt” wurde. Der Antrag stellt dem Verfassungsschutz ein Armutszeugnis aus: schwere Defizite bei der Informationsübermittlung, völlig unzureichende Informationsgewinnung und -bewertung. Deshalb skandierten die Kampagnenmitglieder: “Verfassungsschutz, weiß jedes Kind, ist auf dem rechten Auge blind!”
Zum Abschluss berichtet ein Aktivist von der Initiative vsgeschichten. Die Mitglieder mussten überrascht feststellen, dass einige von ihnen selbst ins Visier des Verfassungsschutz geraten waren, obwohl sie noch nie darüber nachgedacht hatten, politische Gewalttaten zu begehen oder die Demokratie anzugreifen. Warum Menschen in den Akten des Verfassungsschutzes landen, weil sie ihr Recht auf Demonstrations- und Meinungsfreiheit nutzen und damit unsere Demokratie stärken, wohingegen tatsächlich gefährliche AttentäterInnen über zehn Jahre lang im Untergrund morden konnten, ohne vom Verfassungsschutz enttarnt zu werden, bleibt ein Rätsel und ein Grund, die Kampagne “Verfassungsschutz abschaffen!” weiter zu führen.