Eine neue Studie des Pew Research Centers zeigt, dass die Menschen in den USA sich immer mehr von Religionen distanzieren – und zwar fortwährend seit Beginn der Erhebung im Jahr 2007. Hält dieser Trend an, könnte die Gruppe der konfessionsfreien Menschen bereits in wenigen Jahrzehnten den größten Teil der amerikanischen Gesellschaft ausmachen.
Binnen eines Jahrzehnts hat sich in den USA in Sachen Religion einiges getan. Während 2011 noch 75 Prozent dem Christentum zugehörig waren, sind es im Jahr 2021 nicht einmal mehr zwei Drittel der Bevölkerung. Die Säkularisierung schreitet kontinuierlich voran, was sich unter anderem an der Zahl derer erkennen lässt, die sich mit keiner Religion verbunden sehen. Hier ist ein stetiges Wachstum zu erkennen, das auch durch das Aufkommen einiger weniger Religionen abseits vom Christentum nicht gebremst werden kann.
Doch nicht nur die gefühlte Zugehörigkeit zu einer religiösen Institution nimmt ab. Auch andere Faktoren zeigen einen eindeutig areligiösen Trend. Immer weniger Menschen geben repräsentativen Umfragen zufolge an, täglich zu beten. Waren es 2007 noch 58 Prozent, die täglich beteten, so sind es heute mit 45 Prozent weniger als die Hälfte der US-Amerikaner:innen. Mit nahezu identischem Koeffizienten schrumpft die Zahl jener, die der Ansicht sind, dass Religion eine sehr wichtige Rolle in ihrem Leben spielt. Dabei sticht hervor, dass die Gruppe derer, für die Religion etwas wichtig ist, im gesamten Erhebungszeitraum fast unverändert groß bleibt, die Gruppe der Konfessionsfreien jedoch reziprok zum Abfall der stark Religiösen ansteigt.
Die Gründe, die zu einer Abkehr vom religiösen Glauben führen, sind vielfältig. An der Spitze stehen dabei die Zweifel an den religiösen Lehren. Auch die kirchlichen Positionen zu sozialen und politischen Angelegenheiten werden von vielen Menschen als heikel betrachtet. Die Ablehnung religiöser Institutionen und entsprechender Führungspersönlichkeiten sind ebenfalls zwei häufig genannte Ursachen für die Abkehr von Religionen. Viele glauben aber auch schlicht einfach nicht (mehr) an das Konzept von "Gott".
Die stärksten Mitgliederverluste im Hinblick auf das Christentum müssen dabei die Protestant:innen hinnehmen. Waren 2007 noch mehr als die Hälfte der US-Bevölkerung protestantischen Glaubens, sind es heute gerade einmal noch 40 Prozent. Die protestantische Kirche hat aufgrund dieses Mitgliederschwunds damit zu kämpfen, dass mehr ihrer Gotteshäuser schließen müssen, als dass diese Menge durch Neueröffnungen ausgeglichen werden könnte. Katholik:innen, Mormon:innen und Gläubige der orthodoxen Kirche konnten ihre Mitglieder im Zeitraum der letzten 14 Jahre hingegen relativ konstant halten und mussten nur mit sehr leichten Einbußen umgehen.
Im Jahr 2021 sind es bereits 3 von 10 US-Amerikaner:innen, die von sich selbst sagen, entweder Atheist:innen oder Agnostiker:innen zu sein oder aber keine bestimmte Religionszugehörigkeit zu besitzen. Bei einem Anhalten des Trends ist absehbar, dass es lediglich noch ein Jahrzehnt, mit sich verändernden Steigungen des Verlaufs vielleicht zwei oder drei Jahrzehnte sein werden, bis es mehr US-Bürger:innen gibt, die sich dezidiert als konfessionsfrei verstehen als umgekehrt. Einige Religions- und Politikwissenschaftler:innen stellen sich dabei allerdings auch die Frage, ob solche weitreichenden Veränderungen das Potenzial für weitere Konflikte bergen, die den Zusammenhalt der Mitte der Gesellschaft gefährden könnten.