Gegen die Bedrohung von Forschung und Lehre

Universität Hamburg veröffentlicht "Kodex Wissenschaftsfreiheit"

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Hauptgebäude der Universität Hamburg
Hauptgebäude der Universität Hamburg

Ob Störung missliebiger Vorlesungen oder Seminare, Verweigerung wissenschaftlicher Auseinandersetzung aufgrund von politischen oder religiösen Einstellungen oder Ausübung politisch motivierten Drucks auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: In letzter Zeit werden immer mehr Fälle bekannt, bei denen versucht wurde, der Wissenschaft ihr verfassungsmäßiges Recht auf Wissenschaftsfreiheit zu beschneiden oder streitig zu machen. Daher wurde an der Universität Hamburg jetzt ein Kodex erarbeitet, der den Freiraum der Wissenschaft definiert und klare Grenzen für Beeinträchtigungen dieses Freiraumes zieht.

Die Universität reiht sich damit in eine Kette von wissenschaftlichen Organisationen ein, die sich mit dem Thema befasst haben, und ist eine der ersten Hochschulen, die einen Kodex zum Schutz der wissenschaftlichen Freiheit in ihrem Leitbild verankert.

Eine Kommission aus 14 Personen verschiedener Statusgruppen der Universität Hamburg hat im Auftrag des Akademischen Senats und des Präsidiums der Universität Hamburg elf Kernthesen erarbeitet. Diese sollen nicht als Handlungsanweisungen gedacht sein, sondern vielmehr eine Selbstvergewisserung der Universität darstellen, wie sie den ihr im Grundgesetz garantierten Freiheitsraum ausgestalten will und muss. Zugleich ist der Kodex auch ein Signal nach außen, dass die Universität diesen Freiraum für essenziell erachtet und davon auch weiter selbstbewusst Gebrauch machen wird.

Die elf Kernthesen beschäftigen sich unter anderem mit der Wissenschaftsfreiheit als individuellem und institutionellem Recht, dem Freiraum der Wissenschaft, den Grenzen der Freiheit oder der Verantwortung für das eigene Handeln. Als Anlässe wurden unter anderem die Delegitimierung wissenschaftlicher Themen oder Gegenstände, die fehlende Bereitschaft, sich mit Vorstellungen und Inhalten, die als unbequem oder bedrohlich empfunden werden, auseinanderzusetzen, die Forderung nach "Trigger Warnings", aber auch die strukturelle, manchmal subtile und informelle Einflussnahme betrachtet. Betont wird von den Verfasserinnen und Verfassern jedoch auch, dass nicht jeder Konflikt auch schon eine Bedrohung von Wissenschaftsfreiheit ist, als die er gelegentlich inszeniert werde.

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Dieter Lenzen, Präsident der Universität Hamburg: "Wissenschaft richtet sich nicht nach politischem, religiösem oder sonstigem Willen, sondern nur nach den eigenen Vorgaben. Dabei ist Wissenschaft mit Verantwortung untrennbar verbunden. Umso kritischer muss jeder Übergriff auf die Wissenschaftsfreiheit, jede Form der Beschneidung derselben betrachtet und einer realen Bedrohung Einhalt geboten werden. Vor diesem Hintergrund haben der Akademische Senat sowie das Präsidium der Universität Hamburg eine Kommission mit der Abfassung eines 'Kodex Wissenschaftsfreiheit' beauftragt, der nunmehr vorliegt. Er soll den Rahmen der Ausübung der Freiheit verdeutlichen und wird im Leitbild unserer Universität verankert. Ich danke der Kommission für diesen wertvollen Beitrag für unsere institutionelle Selbstregulierung."

Prof. Dr. Hans-Heinrich Trute, Fakultät für Rechtswissenschaft an der Universität Hamburg und Vorsitzender der Kommission, die den "Kodex Wissenschaftsfreiheit" erarbeitet hat: "Die Wissenschaftsfreiheit ist rechtlich in einem auch im Vergleich hohen Maß gewährleistet. Um wirklich zu sein, muss sie allerdings auch durch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und die Institutionen der Wissenschaft selbstbewusst auch gegenüber Beeinträchtigungen und Gefährdungen in Anspruch genommen werden. Dazu will der Kodex einen Beitrag leisten."

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