Woran glaubt der reichste Mann der Welt? Während ihm einige noch wohlwollend Missverständnisse und schlichte Ahnungslosigkeit zugestehen, auch und gerade, wenn er über die AfD redet, zeigt sich, dass Elon Musk tiefer in der rechtsradikalen Influencer-Szene vernetzt ist als allgemein bekannt.
Er ist noch nicht so lange her, der 20. Januar 2025, der Tag der Amtseinführung von Donald J. Trump als 47. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Der Tag, an dem Elon Musk mit einer "fragwürdigen Geste" "irritierte", wie das ZDF berichtete (Einen hpd-Kommentar dazu finden Sie hier). Und doch scheint es eine Ewigkeit.
Spätestens seitdem wird gestritten, was der reichste Mann der Welt nun eigentlich glaubt und was nicht. Ist er ein großer Internet-Troll, der einfach nichts so richtig ernst nimmt und politisch ahnungslos durchs Internet irrlichtert oder ist da etwas Dunkleres am Werk? Handelt es sich am Ende um einen knallharten Rechtsaußen-Ideologen, der einem wohldurchdachten Masterplan folgt? Inzwischen gibt es jedoch ausreichend Hinweise, dass Elon Musk sich politisch nach ganz rechts außen orientiert hat.
Im Juni 2024, als Musk zum ersten Mal auf die AfD-nahe Influencerin Naomi Seibt aufmerksam wurde und zum ersten Mal mit ihr auf X/Twitter interagierte, konnte man vielleicht noch von Ahnungslosigkeit Musks bezüglich der AfD ausgehen. Schließlich schrieb Musk: "Warum reagieren manche so negativ auf die AfD? Sie sprechen immer von 'rechtsextrem', aber die Politik der AfD, über die ich gelesen habe, klingt nicht extremistisch. Vielleicht übersehe ich etwas."
Ist Musk also schlicht uninformiert über die AfD? Weiß er schlicht nicht um den Höcke-Flügel, von den provokativen Grenzüberschreitungen oder dem neurechten Vorfeld der Partei? Hat er sich von einer selbsterklärten "Musk-Flüsterin" über den Tisch ziehen lassen und verfügt über ein völlig falsches Bild der Partei, über die er später schrieb "Nur die AfD kann Deutschland retten"?
Tatsächlich war Elon Musk zu dem Zeitpunkt, zu dem er so scheinbar naiv über die AfD schrieb, schon länger in rechte Influencer-Netzwerke verstrickt. So berichtete der Spiegel, dass Musk schon 2023 zu Mathias Döpfners 60. Geburtstag mit der niederländischen Rechtsaußen-Influencerin Eva Vlaardingerbroek erschienen sein soll. Ein Dementi Döpfners ist nicht bekannt.
Vlaardingerbroek arbeitete unter anderem für das Magazin Nius, war bei Tucker Carlson im Interview zu Gast, der seine Show nach seinem Rauswurf bei Fox News auf Musks X/Twitter betreibt, und hat unter anderem mit Brittany Sellner, selbst Rechtsaußen-Influencerin und Frau des bekanntesten deutschsprachigen Aktivisten der Neuen Rechten Martin Sellner, zusammengearbeitet. Unter anderem verbreitet Vlaardingerbroek regelmäßig die These vom "Großen Austausch", einer typischen Verschwörungserzählung der Neuen Rechten.
Ebenfalls 2023 war Musk beim "Atreju-Festival" der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni zu Gast, das für die rechte Jugend Italiens organisiert wird. Dort hielt er eine Rede, in der er unter Bezugnahme auf Einwanderung davon sprach, dass er nicht wolle, dass "Italien als Kultur aufhöre zu existieren" und verknüpfte damit Einwanderung und kulturelles Überleben, was schon verdächtig nah an die These vom "Großen Austausch" kommt. Es ist auch anschlussfähig an die Forderung nach dem "Erhalt der ethno-kulturellen Identität", wie sie von Martin Sellner immer wieder vorgebracht wird.
Jener Martin Sellner hat davon auch Notiz genommen und erwähnte in einem Vortrag, dass Musk bei seiner Rede auf dem AfD-Parteitag eine "Attacke gegen den Schuldkult, gegen den Multikulturalismus" und im Wesentlichen eine "ethnopluralistische Botschaft" geliefert habe. Mit Ethnopluralismus bezeichnet man ein Konstrukt, das eine kulturelle Homogenität von Staaten und Gesellschaften nach Ethnien anstrebt.
Sicherlich auch dank des Einflusses der bereits erwähnten deutschen Influencerin Naomi Seibt hat Musk in der Zwischenzeit nicht nur auf X/Twitter Werbung für die AfD gemacht, sondern vor der Bundestagswahl auch ein ausführliches öffentliches Gespräch mit der Spitzenkandidatin der AfD Alice Weidel geführt. Ebenso wurde bereits die Rede von Musk beim AfD-Wahlkampfauftakt erwähnt, auf der Martin Sellners Einschätzung von Musks Positionen basiert.
Dass Musk außerdem den Neoreaktionären um seinen Förderer Peter Thiel nahe steht, ist naheliegend und zeigt, dass hier eine Vernetzung von US-amerikanischen und europäischen Rechtsaußen-Milieus entsteht, die über die bereits bekannten Verbindungen in das Umfeld der britischen Brexiteers um Nigel Farage hinausgeht.
In Anbetracht all dieser Verknüpfungen scheint es also wenig verwunderlich, wenn Musk in der AfD nichts "Rechtsextremistisches" zu erkennen vermag, scheint er doch deren Einstellungen in vielen Punkten zu teilen.

6 Kommentare
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Kommentare
AW am Permanenter Link
Um so weniger ist zu verstehen, dass sie sich immer noch nicht bei X/Twitter abgemeldet haben.
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der hpd bei X/Twitter
Petra Pausch am Permanenter Link
Da stimme ich Ihnen zu. Jeder Cent für Musk ist einer zu viel.
A.S. am Permanenter Link
"Liberal" ist Elon Musk sicher nicht. Er ist autoritär. Anders hätten seine Firmen auch keinen Erfolg gehabt.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Eigentlich hielt ich E.Musk für einen durchgeknallten Spinner dem sein Reichtum zu Kopf gestiegen ist, aber inzwischen sehe ich, daß er eine Gefahr für die Demokratie in Deutschland und der gesamten EU ist.
einordnen.
Ich kann mir nicht vorstellen das ein kluger Mensch ernsthaft wieder eine rechtsradikale Partei unterstützt, welche letztendlich wieder einen Krieg anzettelt um ihre Agenda durchzusetzen, hat uns die Geschichte nicht gelehrt wie Demokratiefeindlich eine rechte Gesinnung ist!
Wer nichts aus der Geschichte lernt ist gezwungen sie zu wiederholen, dies sagt ihnen ein
Leser, der 1946 geboren ist und seine Kindheit in den Ruinen von Nürnberg verbracht hat.
Vera Kraft am Permanenter Link
Ich hab grad mein GALA-Abo gekündigt, ich kann ja auch gratis hpd lesen!
Helga Baumann am Permanenter Link
Ich meine, dass viele Anhänger der Rechten nicht voll über sie informiert sind, sich z.B. vor allem zu ihnen gezogen fühlen, weil sie deren Meinung teilen, dass in Deutschland zu viele Ausländer leben.