Skeptiker 1/2025 erschienen

Wie effektiv sind Triggerwarnungen?

Der Schutz von vulnerablen Gruppen gewinnt in der Öffentlichkeit zunehmend an Bedeutung. Doch nicht alle Maßnahmen halten, was sie versprechen. Ob Triggerwarnungen wirklich helfen, negative Emotionen zu regulieren, untersucht ein Artikel im jetzt erschienenen Skeptiker 1/2025. Weitere Themen der Ausgabe sind das Turiner Grabtuch, die spirituellen Wurzeln von Chiropraktik und Osteopathie sowie ein gigantischer Betrugsskandal in der Wissenschaft. Außerdem spricht der bekannte Skeptiker und Buchautor Steven Pinker über die Situation von Wissenschafts- und Meinungsfreiheit.

Triggerwarnungen sind heute fast allgegenwärtig: in Büchern, Podcasts, Videos. Sogar beim Düsseldorfer Rosenmontagszug schickte Wagenbauer Jacques Tilly eine – allerdings satirische – Triggerwarnung mit. Während Kritiker wie Tilly in ihnen eine Bevormundung des Publikums sehen, fragen sich andere, ob sie ein geeignetes Instrument sind, um vulnerable Personen wirkungsvoll vor belastenden Inhalten zu schützen. Die Hoffnungen sind hoch gesteckt: Man möchte negative emotionale Reaktionen mildern, zudem sollen Menschen die Möglichkeit erhalten, bestimmte Inhalte ganz zu vermeiden. Da überrascht es wenig, dass auch Studierende an Hochschulen zunehmend Triggerwarnungen in Lehrveranstaltungen wünschen, damit sie nicht potenziell verstörenden Texten, Bildern oder Videos nicht unvorbereitet ausgesetzt werden.

Aber leisten Triggerwarnungen tatsächlich, was man sich von ihnen verspricht? Oder verstärken sie möglicherweise sogar die emotionale Belastung? Der Psychologe Dr. Timur Sevincer, Mitglied im Vorstand der GWUP, hat sich für die aktuelle Ausgabe des Skeptiker (1/2025) mit dem Thema auseinandergesetzt – und kommt zu einem Aufsehen erregenden Fazit: Die gegenwärtige psychologische Forschung zeigt, dass Triggerwarnungen oft keinen nachweisbaren Nutzen haben. Sie können sogar im Gegenteil negative Emotionen verstärken. Damit lenkt Sevincers Beitrag den Blick auch auf die noch wenig beachtete Debatte darüber, welche Maßnahmen wirklich Schutz für vulnerable Gruppen bieten.

Auch Objekte des religiösen Glaubens werden interessant für eine skeptische Untersuchung, sofern sie zum Gegenstand wissenschaftlicher Behauptungen werden. Ein Beispiel ist das Turiner Grabtuch. Während sich gläubige Christen jetzt in der Fastenzeit auf die Feier von Christi Tod und Auferstehung vorbereiten, tourt eine Nachbildung des Tuches in einer Wanderausstellung in Deutschland. Das Original befindet sich im Turiner Dom und wird von einigen Christen als Leichentuch des Gekreuzigten verehrt. Zurückhaltender zeigt sich die katholische Kirche in ihrer Bewertung. Sie betrachtet das Leinen nicht als authentische Reliquie, sondern lediglich als Ikone. Obgleich es laut Radiokarbon-Datierung aus dem Mittelalter stammt, wollen einzelne Forscher die Echtheit des Tuches belegt haben. Nun behauptet ein Professor namens Giulio Fanti, er habe auf dem Stoff Blutspuren nachgewiesen. Für das neue Skeptiker-Heft hat der italienische Chemiker und Skeptiker Luigi Garlaschelli einen fundierten und kritischen Blick auf Fantis Behauptungen geworfen.

Doch nicht immer ist unzuverlässige Forschung leicht erkennbar. So ereignet sich vor unseren Augen, aber weitgehend unbemerkt, ein Wissenschaftsskandal ungeahnten Ausmaßes. Jedes Jahr erscheinen Hunderttausende gefälschter wissenschaftlicher Publikationen, produziert von skrupellosen Netzwerken, die damit ordentlich Profit machen. 2023 sind allein im biomedizinischen Bereich rund 245.000 wissenschaftliche Artikel erschienen, die gefälscht oder zumindest verdächtig sind. Zu diesem Ergebnis kommt der renommierte Wissenschaftler Prof. Bernhard Sabel, der dem Phänomen nachgespürt und ein Buch darüber geschrieben hat. Sein Fazit: Wir haben es mit einer regelrechten "Fake-Mafia" zu tun. Im Interview mit Bärbel Schwertfeger spricht er über die alarmierenden Erkenntnisse und darüber, wie der groß angelegte Betrug das Vertrauen in die Wissenschaft untergräbt.

Ein weiterer Beitrag im neuen Heft widmet sich den spirituellen Wurzeln von Osteopathie und Chiropraktik. Beide Anwendungsformen werden oft als alternative Heilmethoden angepriesen, doch ihre Ursprünge im 19. Jahrhundert sind alles andere als wissenschaftlich. Der Begründer der Osteopathie, der US-Amerikaner Andrew Taylor Still, ließ sich nach eigenen Aussagen von prophetischen Visionen leiten. Auf ähnlichem Weg, in einer spiritistischen Séance, wollte sein Landsmann Daniel David Palmer das System der Chiropraktik als Offenbarung erfahren haben. Dessen Sohn B. J. Palmer machte schließlich aus dem Kult ein ausgeklügeltes Geschäftsmodell. "Die Welt ist deine Kuh – melken musst du sie selbst", war sein Motto. Udo Endruscheit verfolgt in seinem Beitrag die Geschichte dieser Gestalten nach und wirft einen Blick auf ihren nachhaltigen Einfluss in der Pseudomedizin.

Aufklärer und Wissenschaftler stehen gegenwärtig vielfältigen ideologischen Herausforderungen gegenüber, sagt der kanadische Skeptiker und Kognitionswissenschaftler Steven Pinker, bekannt durch Sachbücher wie "Aufklärung jetzt" und "Mehr Rationalität". Für die neue Skeptiker-Ausgabe unterhielt sich der langjährige GWUP-Vorsitzende Amardeo Sarma mit Pinker über aktuelle Themen wie die Einschränkung der akademischen Freiheit durch Interessengruppen und über die Rolle, die Skeptiker in den Debatten der Gegenwart übernehmen können. Die lautesten Stimmen ernteten Zustimmung, also sollte es zumindest auch Stimmen von der anderen Seite geben, sagt Pinker. Er räumt ein, dass auch dann der Sieg von Vernunft und Skeptizismus nicht garantiert sei. "Aber andernfalls kann es keine Fortschritte geben", ist Pinker überzeugt.

Unterstützen Sie uns bei Steady!