Thüringer "Links"-Regierung

Pro "Bibelschulen" und Missionierung

Staatlich forcierte Missionierung angekündigt

Aber das geht einher mit einem weiteren Abschnitt des Koalitionsvertrages. Unter 6. Kultur / Medien / Netzpolitik heißt es in einem Unterpunkt von 6.1 Kultur:

Religiöse Vielfalt gestalten Weltanschauliche und religiöse Vielfalt gehören zu Thüringen. Mit ihren Verbänden und Ein­richtungen stärken Kirchen-, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften das gesell­schaftliche und soziale Leben in unserem Land. Den intensiven Austausch mit ihnen wollen wir daher fortsetzen. Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften haben mit ihren Idealen und Personen die Entwicklung unserer Region über Jahrhunderte nachdrücklich be­einflusst. Die Koalition bekennt sich zu den Initiativen im Rahmen des Reformationsjubiläums und der Lutherdekade. Für alle Kirchen, Religion- und Weltanschauungsgemeinschaften gilt selbstverständlich der rechtliche Rahmen des Grundgesetzes. Das hohe Gut der Religionsfreiheit darf nicht als Rechtfertigung zur Verletzung des grundgesetzlichen Rahmens missbraucht werden. Die christlichen Kirchen, die jüdische Landesgemeinde und die muslimischen Gemeinden sind für uns wichtige Partner bei der Gestaltung einer gerechten Gesellschaft. Wir werden den Dia­log mit ihnen vertiefen und die Akzeptanz religiösen Lebens durch Aufklärungs- und Informati­onsarbeit nachhaltig verbessern. Im Kampf gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sind sie für uns wichtige Partner und zudem Ansprechpartner in ethischen Fragen. Auf der Grundlage der Subsidiarität werden wir die Kirchen und Religionsgemeinschaften wei­ter nachhaltig unterstützen, den Dialog fortsetzen und die guten Beziehungen weiter ausbau­en. Niemand darf aufgrund seiner religiösen Überzeugung diskriminiert werden. Für ein friedliches und vertrauensvolles Miteinander setzen wir auf Begegnungen zwischen Menschen unter­schiedlichster Religion und Weltanschauung sowie religiöse Bildung. (S. 60)

So erfreulich es auch ist, dass unter dem Stichwort “Religiöse Vielfalt” pro forma auch Weltanschauungsgemeinschaften erwähnt werden, so geht das doch an der Thüringer Realität weit vorbei! Denn etwa 70 % der rund 2,16 Millionen Einwohner sind religionsfrei, egal ob sie einer organisierten Weltanschauungsgemeinschaft angehören oder nicht und weniger als 30 % der Menschen sind religiös gebunden. Treffender und korrekter hätte eine solche Passage mit “Weltanschauliche und religiöse Vielfalt” überschrieben werden müssen.

Wenn es aber konkret wird, dann kommen Religionsfreie und Weltanschauungsgemeinschaften nicht mehr vor, wohl aber die christlichen Kirchen und sogar echte Minoritäten wie die jüdische Landesgemeinde (weniger als 1000 Mitglieder) oder die muslimischen Gemeinden (weniger als 5.000 Mitglieder)…

Gefördert (nachhaltig, was sicherlich in Millionenhöhen erfolgt) werden rein religiöse Projekte wie die Lutherdekade, nicht aber Aufklärung und Geistesfreiheit. Dabei waren doch gerade Thüringer Lande hier beispielgebend für Deutschland (Jugendweihe, bürgerlicher Deutscher Freidenkerbund, Feuerbestattung, Ernst Haeckels Deutscher Monistenbund, proletarischer Freidenkerverband, Weimarer Kartell…)

Viele schöne Worte ganz allgemein. Alles für Religionen – und das konkret – aber absolut nichts konkretes wenn es um Unterstützung und Förderung nichtreligiöser Traditionen und Initiativen geht, erst recht kein Wort über den Dialog mit den auch in Thüringen tätigen Weltanschauungsgemeinschaften.

Besonders aufhorchen aber lassen zwei Formulierungen in diesem Abschnitt: Wir werden …die Akzeptanz religiösen Lebens durch Aufklärungs- und Informati­onsarbeit nachhaltig verbessern.(…) Für ein friedliches und vertrauensvolles Miteinander setzen wir auf (…) sowie religiöse Bildung.

Für den unbefangenen Leser kann das aber letztlich nur so verstanden werden, dass diese Landesregierung die Missionierung staatlich fördern und sogar selbst betreiben will.

Schlimm. Schlimmer. Schlimmer geht’s wohl nimmer!

Deutliche Absage an ein Verfassungsgebot

Doch, es kommt eine noch deutlichere Absage an die verfassungsgemäß gebotene Trennung von Staat und Kirche. Denn unmittelbar nach seiner Amtseinführung gewährte der neue LINKE Ministerpräsident Bodo Ramelow dem Portal katholisch.de ein Interview, darin heißt es u.a. sehr deutlich:

Frage: Herr Ramelow, was erwidern Sie denjenigen, die fürchten, nun ziehe der “Gott-sei-bei-uns” in die Erfurter Staatskanzlei ein? Ramelow: Ich erwidere, dass es ein evangelischer Christ ist und jemand, der gleichzeitig in dem Themengebiet des interreligiösen Dialogs engagiert unterwegs ist. Eher kommen jetzt mehr Glauben und mehr Religion in die Staatskanzlei. (…) Frage: Werden Sie als Ministerpräsident etwas an den Staat-Kirche-Beziehungen im Vergleich zur bisherigen Landesregierung ändern? Ramelow: Nein. Es gibt in Thüringen ein hoch entwickeltes, sehr gutes Verhältnis zwischen den Religionsgemeinschaften und der Landesregierung sowie dem Parlament. Insbesondere wenn es darum geht, gegen extremistische Ausschreitungen oder Demonstrationen Flagge zu zeigen, stehen wir zusammen - alle Parteien, Kirchen und Religionsgemeinschaften. Mit Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 werden wir die Zusammenarbeit sicher noch mal verstärken. Frage: Gibt es darüber hinaus weitere Bereiche, wo Sie auf die Unterstützung der Kirchen zählen? Ramelow: Immer dann, wenn es um ethische Grundfragen geht, etwa in der Debatte um Sterbehilfe und Palliativmedizin. Da sind die Kirchen und Religionsgemeinschaften wichtige Mahner.

Hier erübrigt sich wohl jedweder Kommentar, denn deutlicher kann die jetzt noch stärker werdende Nichttrennung von Staat und Kirche nicht zum Ausdruck gebracht werden!

Allerdings soll nicht verschwiegen und auch anerkannt werden, dass der frömmelnde Bodo Ramelow (der übrigens erst anno 2000 wieder in die evangelische Kirche eingetreten ist) bei seiner Vereidigung auf die religiöse Formel verzichtet hat.

Im Video von Spiegel online hört man aber, wie jemand anderes (!) “Mit Gottes Hilfe” in den Plenarsaal des Landtages hinein brüllt. Bei aller Kritik an Ramelow und dem Koalitionsvertrag kann das nur als Respektlosigkeit gegenüber Amt und Person und auch gegenüber den religionsfreien Thüringern verstanden werden.

Fazit, wer befürchtet oder gehofft hatte, dass mit einer erstmaligen Landesregierung “Rot-Rot-Grün” ein Machtwechsel oder wenigstens ein Politikwechsel stattfinden würde, der geht fehl. Es war und ist nur ein Regierungswechsel und so bleibt trotz wohlfeiler Worte und fortschrittlicher Ankündigungen in anderen Abschnitten (allerdings allesamt unter Finanzierungsvorbehalt) im Grundsätzlichen alles beim Alten.