Thüringer "Links"-Regierung

Pro "Bibelschulen" und Missionierung

ERFURT. (hpd) Am 5. Dezember 2014 ist in Thüringen mit Bodo Ramelow erstmalig in der Bundesrepublik Deutschland ein Politiker der Partei DIE LINKE zum Ministerpräsidenten eines Bundeslandes gewählt worden. Mit den Stimmen seiner Partei, der SPD und der GRÜNEN. Diese stellen auch die Mitglieder einer 3-Parteien-Koalitionsregierung. Bezüglich dieses politischen Novums scheiden sich die deutschen Geister.

Die einen, vor allem Parteien wie die CDU und CSU sowie die Mainstream-Medien, wollen darin die Wiederkehr kommunistischer Diktatur sehen und warnen vor dem dadurch bedingten Untergang des Abendlandes. Die anderen, insbesondere Mitglieder, Sympathisanten und Wähler der LINKEN, kritisieren die LINKE für deren bedingungungslose Anerkennung des politischen Kampfbegriffes “Unrechtsstaat DDR”. Sowohl diese eine als auch die andere Sicht sollen im Folgenden unbeachtet bleiben. Der hpd will stattdessen zwei Aspekte näher betrachten, die für die säkulare Szene, für Religionsfreie und Laizisten von besonderer Bedeutung sind, also Aussagen zur verfassungsgemäß gebotenen Trennung von Staat und Kirche sowie der Trennung der Kirche von der Schule.

Privilegierung kirchlicher Schulen besonders wichtig

Was mit der bisherigen CDU-SPD-Landesregierung unter Führung der Pastoren Christine Lieberknecht und Christoph Matschie nicht zu machen war, das hat insbesondere für LINKE und Grüne Vorrang, und zwar die noch stärkere finanzielle Privilegierung der sogenannten Freien Schulen, also der “Schulen in freier Trägerschaft”. Wobei sich hinter dem schillernden Begriff “Freie Träger” überwiegend diverse kirchliche Träger verstecken. Und mit großem Abstand die Waldorf-Schulen mit einem doch sehr esoterischen Weltbild.

Aus dem Abschnitt 5 des Koalitionsvertrages soll daher an dieser Stelle ohne Abstriche zitiert werden:

5.3 Freie Schulen Die Koalition ist sich einig darin, dass sowohl staatliche Schulen als auch Schulen in freier Trä­gerschaft den öffentlichen Bildungsauftrag erfüllen. Entsprechend des Urteils des Thüringer Verfassungsgerichtshofs wird eine unmittelbare Neu­regelung der Finanzierung freier Schulen bis zum 1. April 2015 angestrebt. Die Neuregelung beinhaltet ein Festbetragsmodell mit jährlichen Steigerungsraten, um die Nachvollziehbarkeit der Entwicklung der Finanzhilfen zu verbessern sowie transparent und auskömmlich zu gestal­ten. Dafür werden im ersten Jahr mindestens zehn Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung ge­stellt. Es geht um gleiche Chancen von Schülerinnen und Schülern in freier und staatlicher Trägerschaft. Bei den staatlichen Finanzhilfen für die Freien Schulen soll den Besonderheiten der unterschiedlichen Schultypen Rechnung getragen werden. Es soll verhindert werden, dass die Elternbeiträge sich in einer Weise entwickeln, die den Zu­gang zu diesen Einrichtungen zu einer Frage sozialer Segregation macht. Die Finanzierung der Förderschulen in freier Trägerschaft soll so ausgestaltet werden, dass dort keine Elternbei­träge erhoben werden müssen. Ferner besteht Einigkeit darin, Genehmigungspflichten für das pädagogische und das Lei­tungspersonal abzubauen und die Verwendungsnachweisführung zu vereinfachen. Die bisher festgelegten Wartefristen entfallen, wenn es sich um Schulen bewährter Träger oder die Weiterentwicklung bestehender Schulen handelt, sofern dies nicht offensichtlich der staatlichen Schulnetzplanung zuwiderläuft. Die Flexibilität der Berufsschulen in freier Träger­schaft muss gewährleistet sein, um auf die Erfordernisse des Thüringer Arbeitsmarktes reagie­ren zu können. Für eventuelle Streitfälle wird eine Clearingstelle benannt. Kooperationen zwischen staatlichen und freien Schulen sind ausdrücklich gewünscht und sol­len gefördert werden. Die Träger der freien Schulen werden in den Gesetzgebungsprozess partnerschaftlich einbe­zogen. (S. 49 – 50)

Begründet wird das mit schön klingenden und vor allem irreführenden Worten wie Chancengleichheit, keine soziale Segregation, keine Elternbeiträge…

Nur, diese Schulen in freier Trägerschaft sind rechtlich gesehen private Wirtschaftsbetriebe, die auf die Zufriedenheit ihrer Kunden – Schüler und Eltern – angewiesen sind. Privatschulen stellen ihr Lehrpersonal selbst ein und können sich so diejenigen Lehrer aussuchen, die zu ihrem Schulkonzept am besten passen. Vor allem aber können sie sich ihre Schüler aussuchen, Eltern sind nicht verpflichtet, ihre Kinder dort anzumelden.

Für alle Schulen in sogenannter Freier Trägerschaft gilt bezüglich ihrer Finanzierung ein 3-Säulen-Modell aus Eigenmitteln des Trägers, Elternbeiträgen (Schulgeld) und staatlichen Zuschüssen. Bundesweit betrachtet stammen aber nur etwa 15 Prozent der Mittel aus privaten Säulen (Eigenmittel und Elternbeiträge. Der öffentliche Finanzierungsanteil beläuft sich dagegen auf rund 85 Prozent (allgemeinbildende Schulen), wovon 78 Prozent die Länder, 4 Prozent die Gemeinden und 2 Prozent der Bund zur Verfügung stellten.

Auf staatliche Zuschüsse (wohlgemerkt nur auf Zuschüsse, nicht auf Vollfinanzierung) haben sogenannte Freie Träger als schulische Alternative zum öffentlichen Schulwesen einen Anspruch, da sie an der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe, Schulvielfalt herzustellen, beteiligt sind. Aber bei der Bemessung der staatlichen Förderung ist nach der Rechtsprechung darauf zu achten, dass diese nicht zu einer Benachteiligung öffentlicher Schulen führen darf.

Im Übrigen sei an dieser Stelle auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes verwiesen, das damit schrittweise von einer zuvor äußerst kirchenschulschulfreundlichen Rechtsprechung abgerückt ist:

lt. BVerwG-Beschluss vom 4. März 1997 – 1 BvL 26/96, 1 BvL 27/96 ist den Freien Trägern die Differenz zwischen Schulgeldeinnahmen und geforderten Aufwendungen von der öffentlichen Hand nicht mehr vollständig zu erstatten, sondern dass Eigenleistungen die Voraussetzung für Zuschüsse sind; und lt. BVerwGE 112,75 ist die staatliche Förderpflicht erst dann verletzt, wenn die Institution Privatschule insgesamt in ihrer Existenz gefährdet wird, es also auf eine einzelne Schule nicht ankommt.

Dieser höchstrichterlichen Vorgaben sollte sich eine fortschrittliche Landesregierung annehmen und nicht auf eine Quasi-Vollfinanzierung privater Schulunternehmen orientieren.

Übrigens gilt bezüglich der Elternbeiträge aus sozialen Gründen ein sogenanntes Sonderungsverbot, d.h. sich eine Begrenzung der Schulgeldhöhe bzw. die Auflage an Schulen, das Schulgeld nach dem Einkommen zu staffeln. Und dieses Schulgeld für private und kirchliche Einrichtungen ist steuerlich nach Abzug von Beherbergungs-, Betreuungs- und Verpflegungskosten zu 30 Prozent als Sonderausgabe abzugsfähig (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG).

Die Finanzierung ist das eine, nicht minder wichtig ist die inhaltliche Seite, also die Frage, was vermitteln diese Schulen im Unterricht: Dazu heißt es im Thüringer Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft (ThürSchfTG) vom 20. Dezember 2010: §2 (3) Schulen in freier Trägerschaft sind im Rahmen der Gesetze frei in der Schulgestaltung, insbesondere in der Entscheidung über eine besondere pädagogische, religiöse oder weltanschauliche Prägung, über Lehr- und Unterrichtsmethoden, über Lehrinhalte und die Organisation des Unterrichts.

So dass man aufgrund der “religiösen Prägung” und der “Lehrinhalte” die Schulen in kirchlicher Trägerschaft zugespitzt auch als “Bibelschulen” bezeichnen kann… Denn Schöpfungsmythos u.a. biblische Dogmen stehen hier im Vordergrund, nicht aber die Vermittlung wissenschaftlich fundierten Wissens. Auch dazu sollte eine fortschrittliche Landesregierung eine sehr distanzierte Haltung einnehmen und nicht solche Schularten hoch- und lobpreisen und über Gebühr finanziell fördern.