"Religion und Außenpolitik"

Außenministerium lässt Projekt mit Islam-Vertreterin nach Kritik ruhen

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Das Auswärtige Amt in Berlin.

Erst im Juli hatte das Auswärtige Amt die stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Nurhan Soykan, zur Beraterin für sein Projekt "Religion und Außenpolitik" ernannt. Nach massiver öffentlicher Kritik erklärte das Ministerium nun, das Projekt vorerst ruhen zu lassen.

"Mit dem Ziel, Religionsgemeinschaften und ihren möglichen Einfluss auf Gesellschaft und Politik besser zu verstehen, widmet sich auch das Auswärtige Amt dem Thema Religion", erklärt das Außenministerium auf seiner Webseite unter dem Titel "Religion und Außenpolitik". Und weiter: "Das Auswärtige Amt möchte das konstruktive Potenzial von Religionsgemeinschaften stärken. Zu diesem Zweck wird ein internationales und interreligiöses Netzwerk von Religionsvertreterinnen und -vertretern gepflegt."

Ob das Auswärtige Amt bei der Besetzung dieses Netzwerks immer ein glückliches Händchen hat, darf nach seiner jüngsten Besetzungsentscheidung angezweifelt werden. Kaum hatte das Außenministerium die Berufung von Nurhan Soykan als ständige Beraterin des Projekts "Religion und Außenpolitik" berufen, hagelte es jedenfalls Kritik von vielen Seiten. Liberale Muslime, Politiker und säkulare Organisationen kritisierten, dass die Juristin Soykan sich als stellvertretende Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) nicht deutlich genug von Antisemitismus und Islamismus distanziere. Da überdies verschiedene Mitgliedsverbände des ZMD vom Verfassungsschutz beobachtet werden, sei die Wahl der stellvertretenden Vorsitzenden des Zentralrats der Muslime in Deutschland als Beraterin im Außenministerium mehr als unangemessen. Überdies sei die Personalie Soykan auch im innermuslimischen Kontext höchst problematisch, da ihr Wirken in diesem Kontext von Intoleranz und Spaltung geprägt sein, teilte der Liberal-islamische Bund (LIB) gegenüber t-online.de mit. Soykan erkläre beispielsweise liberale Muslim*innen zu Nicht-Muslim*innen, so der LIB.

Auch der Zentralrat der Ex-Muslime in Deutschland forderte unmittelbar nach Bekanntwerden der Personalie das Außenministerium auf, die Zusammenarbeit mit Soykan zu beenden, und startete eine entsprechende Petition. Bereits die Gründung des Projekts "Religion und Außenpolitik" wird darin als Abrücken von säkularen Prinzipien kritisiert.

In der vergangenen Woche reagierte das Auswärtige Amt auf die Kritik. "Ziel dieses Gesprächs- und Austauschprozesses, den wir anstoßen möchten, ist es, das Projekt im Bereich von Religion und Außenpolitik so auszugestalten, dass es breite Unterstützung von denjenigen in Politik und Gesellschaft erhält, die wir für diese Arbeit brauchen. Bis dahin lassen wir die Arbeit an dem Projekt ruhen", erklärte ein Sprecher des Ministeriums in einer Pressekonferenz. Dies gelte sowohl für die Arbeit am Projekt "Religion und Außenpolitik" als auch für die Personalie Nurhan Soykan.

Mina Ahadi, Vorsitzende des Zentralrats der Ex-Muslime in Deutschland, begrüßte die Entscheidung des Ministeriums. "Ich denke, das ist ein Erfolg für uns alle, die wir diese Zusammenarbeit kritisiert haben", erklärte Ahadi gegenüber dem hpd. "Allerdings bezieht sich unsere Kritik nicht nur auf die Zusammenarbeit mit Nurhan Soykan und dem Zentralrat der Muslime in Deutschland, sondern auch darauf, dass vom Außenministerium überhaupt dieses Projekt 'Religion und Außenpolitik' ins Leben gerufen wurde", so Ahadi. "Wir betrachten das als einen gefährlichen Rückschritt, durch den säkulare Prinzipien verraten werden. Und wir verlangen, dass die Politik endlich aufhört, mit fanatischen islamischen Organisationen zusammenzuarbeiten und dass sie aufhört, Ex-Muslime und andere Menschen, die solche Verbände kritisieren, zu ignorieren."

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