Großbritannien

Birmingham: Muslime verhindern LGBT-Unterricht

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In Großbritannien lernen Schülerinnen und Schüler bereits im Grundschulalter Toleranz gegenüber Minderheiten – unter anderem gegenüber Homosexuellen. In Birmingham haben muslimische Eltern gegen diesen Unterricht protestiert und ihn aktuell an mehreren Schulen erfolgreich verhindert.

"No Outsiders" ("Keine Außenseiter") heißt die Unterrichtsreihe, mit der Kindern in Großbritannien bereits im Grundschulalter Toleranz gegenüber nicht heterosexuellen Menschen beigebracht werden soll. Von der Schulkommission genehmigt nähert sich die Reihe auf kindgerechte Weise dem Phänomen an, dass es in der Gesellschaft auch andere Familienmodelle als "Vater, Mutter, Kind" gibt. Eines der Bücher, das in der Unterrichtsreihe gelesen wird, ist beispielsweise "Mommy, Mama, and Me" über ein Kind mit zwei Müttern.

Beispielbild
Cover "Mommy, Mama, and me"

2014 wurde die Unterrichtsreihe an der Parkfield Community Grundschule in Birmingham als Pilotprojekt gestartet und seitdem auch von anderen Schulen übernommen. Doch in diesem Jahr störte sich die muslimische Mutter einer 10-Jährigen an der Unterrichtsreihe. Fatima Shah erklärte, die Kinder wären zu jung, um etwas über gleichgeschlechtliche Ehen und LGBT zu lernen, und nahm ihre Tochter aus dem Unterricht. "Den Kindern wird beigebracht, dass es OK ist, homosexuell zu sein, aber 98 Prozent der Kinder an dieser Schule sind Muslime. Es ist eine muslimische Gemeinschaft", sagte Shah laut der britischen Zeitung The Guardian. Sie beschwerte sich darüber, dass die Kinder durch diesen Unterricht verwirrt würden und dass er unangemessen und vollkommen falsch sei. Zwar respektiere man in der muslimischen Gemeinschaft die britischen Werte, doch das Problem sei, dass diese umgekehrt nicht ihr Ethos als Religionsgemeinschaft respektieren würde.

Aus Shahs Aufbegehren gegen den "No Outsiders"-Unterricht entwickelte sich in kurzer Zeit eine Protestbewegung hauptsächlich muslimischer Eltern in Birmingham. Hunderte Schülerinnen und Schüler wurden von ihren Eltern aus dem Unterricht genommen. Inzwischen haben mehrere Schulen in Birmingham das "No Outsiders"-Programm deshalb vorerst ausgesetzt. Man wolle eine Einigung mit den Eltern erzielen, wie der Gleichbehandlungsgrundsatz adäquat unterrichtet werden könne.

Dass man sie nun als homophob darstellt, ärgert die protestierenden Eltern. Amir Ahmed, einer der Anführer der Parkfield-Proteste, betonte, dass seine Gemeinschaft respektvoll und tolerant sei und dass man sich deshalb nun als Opfer fühle. "Das grundsätzliche Problem, das wir mit 'No Outsiders' haben, ist, dass es die moralische Einstellung unserer Kinder gegenüber familiären Werten und Sexualität verändert und wir eine traditionelle Gemeinschaft sind", sagte Ahmed laut BBC. "Moralisch akzeptieren wir Homosexualität nicht als eine gültige sexuelle Beziehung. Das hat nichts mit Homophobie zu tun. Das wäre ja so, als würde man sagen, dass jemand islamophob ist, weil er nicht an den Islam glaubt."

Eine ganz andere Einstellung vertritt hierzu der homosexuelle muslimische Aktivist Khakan Qureshi aus Birmingham: "Ich und viele andere wussten schon in sehr jungen Jahren, dass wir anders waren und wir hätten uns diese Art von Erziehung gewünscht." Die Haltung der  Protestierenden gegenüber dem "No Outsiders"-Programm sei komplett homophob, findet Qureshi.  

Die Parkfield Proteste haben in Großbritannien zu einer erneuten Diskussion darüber geführt, inwieweit bezüglich des Schulunterrichts auf die Wünsche von Religionsgemeinschaften eingegangen werden oder diese kategorisch abgelehnt werden sollten. Insbesondere – aber nicht nur – im Bereich des Sexualkundeunterrichts kam es in den vergangenen Jahren immer wieder zu Boykotten religiöser Eltern.