Der als Komödie angelegte Kinofilm "Barbie" erhitzt die Gemüter Reaktionärer weltweit – vor allem in islamischen Ländern. Bei der Debatte geht es nicht um den Film oder die Puppe, sondern um LGBTQ-Referenzen. Entsprechend holprig verlief der Filmstart in den arabischen Ländern.
Der Hollywood-Film "Barbie" (Buch und Regie von Greta Gerwig) startete nur in Tunesien und in Marokko wie geplant am 20. Juli. In anderen Ländern der arabischen Welt wurde der Filmstart auf den 31. August verschoben. Die Kinos hatten sich schon für das Debüt mit rosa Popcorn-Boxen, rosa Erfrischungsdrinks und sogar rosa Abayas ausgerüstet. "Uns wurde gesagt, dass wir die Eröffnung verschieben müssten. Doch niemand wusste warum", sagte Anis Tabet, ein in Beirut ansässiger Filmpromoter.
Schließlich ging "Barbie" in Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Ägypten, Jordanien und Bahrain im August an den Start. In Kuwait und Oman wurde der Film verboten und in Algerien nach einer kurzen Laufzeit aus den Kinos genommen. Es ist noch unklar, ob der Film in Katar oder im Libanon gezeigt wird. Auch in Ländern, in denen "Barbie" gezeigt wurde, drängten Politiker:innen die Behörden dazu, die Genehmigungen zu widerrufen. Ein jordanischer Politiker wollte den Kassenschlager verbieten, weil er "falsche Ideen" wie Homosexualität und Feminismus unterstütze. Der libanesische Kulturminister Mohammed al-Mortada mokierte: "Barbie bewirbt Homosexualität und sexuelle Transformation."
"Es ist doch nur ein Film"
In Bahrain kritisierte der beliebte islamische Prediger Hassan Husseini den Film als "Auflehnung gegen die Idee von Ehe und Mutterschaft". Husseini stieß sich auch an der Darstellung von Männern "ohne Männlichkeit". Die Engländerin Julianna Aoun, die in Beirut lebt kann nur den Kopf schütteln: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass 'Barbie' das alles bewirbt. Es fühlt sich einfach albern an – es ist doch nur ein Film."
Für die aufstrebende Kinoindustrie im Nahen Osten ist die verstärkte Prüfung von LGBTQ-bezogenen Inhalten ein großer Hemmschuh. Die Verleiher fungierten als Bindeglied zwischen Zensurbehörden und Studios, erklärt Ignace Lahoud, Geschäftsführer von Majid Al Futtaim Leisure, Entertainment & Cinemas, dem regionalen Verleiher von "Barbie" mit Sitz in Dubai. "Wenn man anfängt, bei jedem Film Änderungen zu fordern, und es 130 Filme gibt, die jedes Jahr von den Majors herausgebracht werden, dann bedeutet die Änderung jedes Films für jedes Land eine Menge Arbeit", sagt Lahoud.
Zensur von Filmen als Indikator
Die Entscheidungen der jeweiligen nationalen Zensurbehörden können als Indikator dafür dienen, wie liberal oder konservativ ein Land geworden ist. So lassen etwa die konservativen Golfstaaten verstärkt westliche Unterhaltungsindustrie zu, während im ehemals offenen Libanon die islamischen Schrauben angezogen werden. "In den letzten Jahren standen die meisten Zensurprobleme im Zusammenhang mit LGBTQ-Referenzen", so Filmverleiher Lahoud.
"'Barbie' ist Teil eines umfassenderen Spiels geworden. Es geht nicht um den Film, sondern um LGBTQ, Trans- und Gender-Fluidität", sagt Ayman Mhanna, Geschäftsführer der Samir Kassir Foundation, einer in Beirut ansässigen Menschenrechtsorganisation. Als Anspielung auf die sich verändernde Dynamik in der Region bemerkte ein prominenter ägyptischer Kommentator, dass Kuwaiter:innen jetzt nach Bahrain fahren würden, um sich den Film anzusehen – während es vor ein paar Jahren noch umgekehrt gewesen sei.