Vor kurzem wurde in Berlin erneut der "Goldene Aluhut" an die Desinformationsverbreiter des Jahres verliehen. Auch wieder mit dabei: der Positivpreis "Facts Heroes Award". Bei einer Rede zum Thema Israel kam es zum Eklat.
Unter dem diesjährigen Motto "Carnival of Facts" wurden wie im vergangenen Jahr drei Positiv- und drei Negativ-Preise vergeben – an die "Schwurbler" und jene, die über unseriöse "Informationen" aufklären wollen. Die User hatten abgestimmt und die Preisträger auserkoren: Mit 25,1 Prozent beziehungsweise 1.247 Stimmen sicherte sich die AfD-Vorsitzende Alice Weidel den "Goldenen Aluhut" in der Kategorie "Gesellschaft und Politik" "für die erstaunliche Leistung, als lesbische Frau einer Partei vorzustehen, deren Parteidoktrin auf queerfeindlichen Ideologien basiert, sowie ihre kreative-interessante Erklärung dafür", so die Begründung auf der Website des "Goldenen Aluhuts". Bei "Medien und Blogs" konnte YouTuber Niklas Lotz alias "Neverforgetniki" das Rennen für sich entscheiden, indem er 33,7 Prozent der Stimmen (in Zahlen: 1.636) auf sich vereinte. Er verbreite "auf reißerische Art und Weise verschwörungsideologische Motive und Erzählungen, indem er die Eigenheiten des Influencer-Marketings mit rechtspopulistischen Inhalten verbindet". EIKE e.V. – Europäisches Institut für Klima und Energie erhielt 1.529 der abgegebenen Stimmen, was 31,6 Prozent entspricht. Die "Lobbyorganisation, die sich als wissenschaftlich fundiertes Institut gibt, in Wirklichkeit jedoch ein Medien-Outlet für Wissenschaftsleugnung zum Thema Klimawandel ist" (Beschreibung von der Website des "Goldenen Aluhuts"), gewann damit in der Kategorie "Pseudowissenschaften und Esoterik". Das sei eine echte Verschwörung, fügte Giulia Silberberger, die Gründerin und Geschäftsführerin des "Goldenen Aluhuts", hinzu.
Der im letzten Jahr neu eingeführte "Facts Heroes Award" ging für "Gesellschaft und Politik" an Alexander Prinz, besser bekannt als "Der dunkle Parabelritter" (25,1 Prozent der 2.524 Stimmen). In der Unterkategorie "Iceberg" seines YouTube-Kanals nimmt er Verschwörungsmythen unter die Lupe. "Der Graslutscher" konnte für "Medien und Blogs" 2.956 Stimmen auf sich vereinen (33,1 Prozent), für seine "fundierten Recherchen und Erklärungen zu Energiewende, Klimawandel, und allem, was thematisch dazu gehört", so die Erläuterung auf der Website des "Goldenen Aluhuts". "Flo Plus" schaffte es mit einer einzigen Stimme Vorsprung zur Zweitplatzierten in der Kategorie "Wissenschaften" mit 31,6 Prozent beziehungsweise 2.995 Stimmen. Der Astrophysiker, der anonym bleiben will, zerlege auf YouTube die Argumente der Flacherdler und zeige auf, dass die Erde eben doch nicht flach sei, heißt es auf der Website des Veranstalters.
Giulia Silberberger führte in gewohnt launiger Weise durch den Abend, wies aber auch gleich zu Beginn darauf hin, dass jeder mit seiner Eintrittskarte auch ein einmaliges "Pöbelticket" erworben habe, dass danach aber abgelaufen sei und man von der Security hinausbegleitet werde. Dies nahmen dann auch einige Personen in Anspruch: zuerst im Rahmen der Preisverleihung an Alice Weidel und später während der Gastrede von Tilman Tarach, dem Autor von "Der ewige Sündenbock", der über Antisemitismus, antijüdische Verschwörungserzählungen, Fake News der Hamas und den Nahostkonflikt sprach. "Ich wäre überzeugt gewesen, dass ich einen Fehler mache, wenn so etwas nicht passieren würde", bemerkte der Redner trocken, nachdem die Störenden den Raum verlassen hatten und er fortfahren konnte. Dafür gab es Applaus. Er verabschiedete sich zum Schluss mit den Worten: "Lang lebe Israel".
Ein weiterer Gastbeitrag kam von der Journalistin und Podcasterin Victoria Graul vom "Digga Fake"-Podcast, der sich mit Fake News und Fact-Checking beschäftigt und sich an junge Menschen richtet. Sie wolle aufklären und Menschen helfen, Desinformationen im Netz zu erkennen und dann nicht weiterzuverbreiten, so die Rednerin.
Zum Schluss bedankte sich die Gastgeberin des Abends beim Publikum, "dass ihr wieder mit uns zusammen Präsenz gezeigt habt, gegen Desinformation, gegen Menschenfeindlichkeit, gegen Rechtspopulismus und gegen Pseudowissenschaften". Wir lebten in geschichtsträchtigen Zeiten, so Silberberger, denn Geschichte wiederhole sich gerade: "Vor circa hundert Jahren haben die Menschen ebenfalls eine Pandemie erlebt, sie haben eine Wirtschaftskrise erlebt, sie haben Zeiten erlebt, in denen sie Angst um ihre Identität hatten, um ihre Zukunft, und sie sind Rechtspopulisten in die Arme gelaufen", fügte sie nachdenklich hinzu. Umso wichtiger sei es, weiter zu machen mit kritischem Denken, Faktenchecken, Selbstreflexion und allem, was uns gut und richtig erscheine, um eine freie, demokratische Gesellschaft aufrecht zu erhalten.