England und Wales: Christen in der Minderheit

In England und Wales sind Christen erstmals in der Minderheit. Das ergab eine Volksbefragung des britischen Statistikamtes ONS (Office for National Statistics), die nun veröffentlicht wurde.

Nur noch 46,2 Prozent der Befragten gehören nach eigenen Angaben dem christlichen Glauben an, bei der letzten Befragung 2011 waren es noch 59,3 Prozent gewesen. Trotzdem bilden sie weiterhin die größte Bevölkerungsgruppe, gefolgt von den Konfessionsfreien mit 37,2 Prozent. Deren Quote ist im selben Zeitraum erheblich gestiegen, 2011 betrug sie lediglich 25,2 Prozent. Ein Zuwachs ist auch bei nicht christlichen Religionen zu verzeichnen. So stieg die Quote der Muslime von 4,9 auf 6,5 Prozent, die der Hindus von 1,5 auf 1,7 Prozent. Die Umfrage war Teil einer umfassenden Befragung unter der Bevölkerung beider Länder, wobei die Auskunft über die religiöse Einstellung im Gegensatz zu anderen Fragen freiwillig erfolgte. Sie wurde von 94 Prozent der Teilnehmenden beantwortet.

Insbesondere Wales hat sich in der Befragung als Hochburg der Konfessionsfreien erwiesen. Laut den aktuellen Zahlen gehört Wales nun zu den Ländern mit dem geringsten religiösen Bevölkerungsanteil weltweit. Dort stellen die Konfessionsfreien auch die größte Bevölkerungsgruppe. Sahen sich 2011 noch 32,1 Prozent der Waliser und Waliserinnen als "nicht religiös", waren es 2021 bereits 46,5 Prozent. Dagegen sank die Quote der Christen von 57,6 auf 43,6 Prozent.

Auch wenn beide Länder zusammengenommen betrachtet werden, hat die Quote der Konfessionsfreien im Verlauf der letzten 20 Jahre zugenommen. 2021 zählten sich 37,2 Prozent der Befragten dazu. Vor 20 Jahren waren es noch lediglich 14,8 Prozent.

Andrew Copson, Geschäftsführer der britischen säkularen Organisation Humanists UK, wertet diese Ergebnisse als Beleg, dass die Politik die Weltanschauungen der Bevölkerung nicht mehr widerspiegelt: "Kein Staat in Europa ist in Bezug auf Gesetzgebung und Gesellschaftspolitik so religiös aufgestellt wie wir, während gleichzeitig die Bevölkerung so wenig religiös ist", wird Copson im Guardian zitiert.

Nach Schätzung der Humanists UK sind die ermittelten Quoten der verbleibenden Religiösen wahrscheinlich noch zu hoch gegriffen. Als Ursache für diese Verzerrung betrachten sie die Verwendung von suggestiven Formulierungen in der Befragung. So sei seit langem bekannt, dass Personen ohne religiöse Bindung auf die Frage "Welche ist Ihre Religion?" dazu neigen, diejenige Glaubensrichtung anzugeben, die im Elternhaus oder der Schule vorherrschte.

Einer anderen Umfrage, der jährlichen British Social Attitudes Survey, zufolge waren im Jahr 2020 immerhin 53 Prozent der Erwachsenen in Großbritannien konfessionsfrei, nur 37 Prozent bezeichneten sich als Christen. Einen weiteren Hinweis auf die umfassenden weltanschaulichen Veränderungen der letzten Jahre wirft auch eine Umfrage, die Humanists UK 2019 durchführte. Darin bekannten sich 29 Prozent der Befragten – fast die Hälfte der Konfessionsfreien – zu humanistischen Überzeugungen.

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