Säkulare Blogger aus Bangladesch

"Es war ein Albtraum"

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Säkulare Aktivisten aus Bangladesch auf dem Bundesparteitag der Grünen: (v.l.n.r.) Ahmed Nadir, Mahmudul Haque Munshi, Arnab Goswami
Säkulare Blogger

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Vortrag der säkularen Blogger aus Bangladesch am Rande des Bundesparteitags der Grünen
Vortrag säkulare Blogger

Am Rande der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen am vergangenen Wochenende machten säkulare Blogger aus Bangladesch auf die lebensbedrohliche Situation von atheistischen Aktivisten in ihrem Heimatland aufmerksam.

Während im großen Saal der Halle Münsterland die Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen in vollem Gange ist, herrscht am Samstagnachmittag plötzlich auch am Parteistand vor dem Eingang des Saals geschäftiges Treiben. Ein Plakat verrät den Vorübereilenden, das hier gleich eine Veranstaltung stattfinden wird: "Säkulare Blogger aus Bangladesch – Aktivist*innen berichten über ihr Leben und Arbeit, Flucht und Verfolgung".

Plakat Säkulare Blogger

Auf Einladung der Säkularen Grünen NRW sind Mahmudul Haque Munshi, Arnab Goswami und Ahmed Nadir zur Bundesdelegiertenkonferenz nach Münster gekommen. Alle drei sind Atheisten und Internet-Aktivisten aus Bangladesch, die nach Deutschland flohen, um nicht ermordet zu werden – wie so viele andere säkulare Blogger in Bangladesch im Verlauf der letzten Jahre.

Journalist Munshi ist einer der Hauptaktivisten der 2013 entstandenen säkularen Shabag-Bewegung, in der Menschen in Bangladesch Gerechtigkeit für Kriegsverbrechen durch islamische Parteien forderten. Zehntausende gingen damals für diese Forderung auf die Straße und zahlreiche Menschen beteiligten sich als Internet-Aktivisten an der Bewegung. Kurz darauf starteten islamische Parteien und Organisationen jedoch einen Propaganda-Feldzug gegen die Blogger und säkularen Aktivisten der Shabag-Bewegung. Dies führte dazu, dass seit 2013 mehrere säkulare Blogger in Bangladesch auf offener Straße mit Macheten zu Tode gehackt wurden. Und der Einsatz staatlicher Kräfte beim Auffinden und Bestrafen der Mörder halte sich sehr in Grenzen, berichtet Munshi. "Es war ein Albtraum", sagt er. "Diese Blogger waren unsere Freunde, wir haben sie alle gekannt". Munshi selbst floh aufgrund sich häufender Morddrohungen im Herbst 2015 nach Deutschland. Zusammen mit seiner Frau, die in Bangladesch für das Kinderhilfswerk Terre des Hommes gearbeitet hatte. Seitdem versuchen er und die anderen Aktivisten, denen die Flucht ins Ausland gelang, die Weltöffentlichkeit auf die problematische Situation von offen Nicht-Gläubigen in Bangladesch aufmerksam zu machen.

Ob sie nach all dem, was sie seit Beginn der Shabag-Bewegung erleben mussten, ihren politischen Aktivismus bereuen? "Nein", antwortet Arnab Goswami. "Es war wichtig, dass wir unsere Stimme für Gerechtigkeit, Menschlichkeit und Freiheit erhoben haben – ich würde es jederzeit wieder tun". Goswami, ebenfalls Journalist, ist erst seit Oktober in Deutschland. Er versucht derzeit, seiner Frau und seinem kleinen Sohn zur Flucht aus Bangladesch zu verhelfen, denn auch sie befinden sich dort in Lebensgefahr.

Werner Hager, Organisator des Blogger-Vortrags und Sprecher der Säkularen Grünen NRW, zeigt sich zufrieden mit dem Ergebnis der Veranstaltung. Ziel des Vortrags sei es gewesen, innerparteilich auf die problematische Situation von Nicht-Gläubigen in Bangladesch im Besonderen und in vielen Staaten weltweit im Allgemeinen aufmerksam zu machen. Dieses Konzept ist laut Hager aufgegangen. Es sei gelungen, mit dem Vortrag jene Menschen anzusprechen, die in Hinblick auf Religions- und Weltanschauungspolitik sowie auf die Außen- und Menschenrechtspolitik innerhalb der Partei wichtige Rollen spielten.  

Grünes Gruppenfoto Säkulare Blogger
Interessiert am Vortrag der säkularen Aktivisten aus Bangladesch waren neben Mitgliedern der "Bundesarbeitsgemeinschaft Säkulare Grüne" und der "Säkularen Grünen NRW" unter anderem auch Mitglieder der grünen "Bundesarbeitsgemeinschaft Christinnen und Christen" sowie Bettina Jarasch, Leiterin der grünen Partei-Kommission "Religionsgemeinschaften, Weltanschauungen und Staat" und Volker Beck, religions- und migrationspolitischer Sprecher von Bündin 90/Die Grünen. (Foto: Daniela Wakonigg)

 

Ein Wermutstropfen jedoch bleibt: Es war den Säkularen Grünen NRW nicht gelungen, für die Blogger aus Bangladesch Redezeit vor der Versammlung der Delegierten im großen Saal zu erhalten. Andere parteiexterne Redner hatten es da leichter, an einen Teil der heiß begehrten Redezeit zu kommen. Beispielsweise Dieter Zetsche, Vorstandsvorsitzender der Daimler AG – eine Entscheidung der Konferenz-Organisatoren, die bei der grünen Partei-Basis für einigen Unmut sorgte.