Österreich

Globuli vom Onkel Doktor

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Nach Plänen des österreichischen Gesundheitsministeriums soll gesetzlich festgeschrieben werden, dass die Anwendung komplementär- und alternativmedizinischer Heilverfahren zukünftig zum Berufsbild von Ärzten gehört. Der Reformentwurf findet ein geteiltes Echo.

In Österreich hat die Regierungskoalition aus der konservativen ÖVP und der rechtpopulistischen FPÖ seit ihrem Antritt im Dezember 2017 mit einem weitreichenden gesellschaftlichen Umbau begonnen.

Eine zwar kleine aber sehr weitreichende Änderung plant die Regierung nun auch im österreichischen Ärztegesetz.

Bislang war im Gesetz festgeschrieben, dass der Arztberuf "jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit" umfasst. Diese Formulierung will das Gesundheitsministerium nun mit dem Zusatz "... einschließlich komplementär- und alternativmedizinischer Heilverfahren" versehen.

Die liberale Oppositionspartei NEOS kritisiert den Reformentwurf des Gesundheitsministeriums und hält ihn laut der österreichischen Tageszeitung "Der Standard" für einen "bedenklichen Freibrief für die Anwendung von esoterischen Verfahren durch Ärztinnen und Ärzte". In der Tat würde das Festschreiben von "komplementär- und alternativmedizinischen Heilverfahren" im Ärztegesetz unwissenschaftliche Verfahren wie Homöopathie oder diverse Formen der Energieheilung inhaltlich aufwerten und auf eine Stufe mit wissenschaftlichen Heilmethoden stellen – schon allein deshalb, weil es ein ausgebildeter und zugelassener Arzt ist, der diese Verfahren anwendet.

Anders als die NEOS beurteilen Ärztevertreter in Österreich das Vorhaben des Gesundheitsministeriums positiv. Laut "Standard" geht Alfred Radner, Präsident der österreichischen Gesellschaft für Medizinrecht, davon aus, dass die geplante Änderung dazu führen würde, dass Nicht-Mediziner keine alternativmedizinischen Methoden mehr praktizieren dürften, wodurch "Kurpfuschern" das Handwerk gelegt werde. Ähnlich schätzt der Präsident der österreichischen Ärztekammer Thomas Szekeres die Erweiterung des Gesetzestextes ein und begrüßt das Vorhaben des Gesundheitsministeriums als Erhöhung der Sicherheit für Patienten, weil so sichergestellt sei, dass jemand, der schulmedizinische Versorgung benötige, diese auch bekomme.

Was nun tatsächlich die Stoßrichtung der geplanten Änderung des Gesetzestextes ist, dazu äußerte sich das Gesundheitsministerium bisher nicht. Fraglich ist jedoch, ob eine Aufnahme von "komplementär- und alternativmedizinischen Heilverfahren" in den gesetzlich festgelegten ärztlichen Arbeitsbereich tatsächlich ausschließende Wirkung hat, also ob diese Verfahren tatsächlich nur noch von Ärzten angewendet werden dürfen.

Mindestens diskussionswürdig dürfte auch sein, ob die ärztliche Begeisterung über die geplante Gesetzesänderung ihren Ursprung nicht vielleicht darin hat, dass der Glaube an esoterische 'Heilverfahren' in Österreich weit verbreitet ist und lukrative Geschäfte verspricht.