Rezension zu Carsten Frerk: Kirchenrepublik Deutschland

Die Gottesfraktion als verdeckt mitbestimmende Überpartei

Vieles bewegt sich zudem in einer rechtlichen Grauzone. Von einer Trennung von Staat und Kirche kann überhaupt nicht die Rede sein. Das zu beobachtende Verhalten von Politik und Kirchen lässt vielmehr den Verdacht der strafrechtlich relevanten Korruption aufkommen. Denn es geht um immaterielle Vorteile, um Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung, von der permanenten Verletzung des Dienstgeheimnisses ganz zu schweigen. Und wie ist es zu beurteilen, dass sieben Bundesverfassungsrichter einen päpstlichen Orden für ihre Verdienste um Papst und Kirche erhielten? Der Autor endet mit der beunruhigenden, eigentlich schockierenden Frage: “Ist Deutschland tatsächlich eine Demokratie?”

Die Einheitspartei der Kirchen

Cover

Dem Rezensenten drängt sich in der Tendenz der Vergleich auf mit der einst alle politischen und gesellschaftlichen Institutionen beherrschenden SED der damaligen DDR. Sie saß krakenhaft in allen die Politik und Gesetzgebung bestimmenden Positionen. Dabei war der damaligen Bevölkerung der DDR die "führende Rolle der Partei" sehr wohl bekannt. Im Unterschied dazu ist sich heute die Bevölkerung der mitregierenden Kirchen im Sinne einer verdeckt mitbestimmenden Überpartei allenfalls schemenhaft bewusst. Nur bedingt beruhigend ist die Feststellung, dass die Kirchen heute (noch?) nicht diese flächendeckende und durchgreifende Macht haben wie einst die SED.

Diese überaus verdienstvolle Arbeit ist – soweit der Rezensent das überblickt – in den Medien bisher sehr zögerlich wahrgenommen worden. Das ist bezeichnend für eine Presse, die nicht frei ist vom Wohlverhalten gegenüber den Kirchen. Lediglich das Handelsblatt und der Deutschlandfunk brachten Interviews mit dem Autor. Buchbesprechungen lieferte die säkulare Presse, allen voran der Humanistische Pressedienst, und die in dieser Hinsicht erfreulicherweise neutralen Internet-Buchversender. Jeder Leser sollte daher auf seine Weise für die Verbreitung der in diesem Buch enthaltenen brisanten Botschaft sorgen.

Bei einer weiteren Auflage erlaubt sich der Rezensent die Anregung, wichtige und grundsätzliche Aussagen optisch zusätzlich zu betonen, um sie aus der Fülle der Details hervorzuheben. Hilfreich wären gewiss auch noch mehr grundsätzliche Überlegungen, die die demokratiezerstörende Untergrundarbeit der Kirchen bloßlegen, und aus der intimen Kenntnis der Verflechtungen von Staat und Kirchen Wegweisungen, wie die vom Autor zu Recht geforderte Trennung von Staat und Kirche umgesetzt werden kann. Das würde dieser Arbeit zu einem Thema, das bisher in dieser Gründlichkeit noch nie bearbeitet wurde, gesteigerte öffentliche Aufmerksamkeit zuteilwerden lassen und hoffentlich mehr notwendige politische Bewegung auslösen.

Carsten Frerk: Kirchenrepublik Deutschland – Christlicher Lobbyismus. Alibri Verlag, Aschaffenburg 2015, 303 S. 18,00 Euro

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