Einer internationalen Gruppe von Astronomen unter Beteiligung des Max-Planck-Instituts für Astronomie in Heidelberg ist es gelungen, beim nur sechs Lichtjahre entfernten Barnards Stern einen Planeten nachzuweisen, der gut drei Mal so viel Masse wie die Erde aufweist und ähnlich kalt ist wie der Saturn.
Barnards Stern (GJ 699) ist mit einer Entfernung von etwa sechs Lichtjahren der uns am nächsten gelegene Einzelstern. Von der Erde aus gesehen, bewegt er sich von allen Sternen am schnellsten über den Himmel, weil er die größte Eigenbewegung hat. Schon seit langer Zeit hat man dort erfolglos nach Planeten gesucht. Doch nun haben Astronomen aus den 771 Einzelmessungen, die sie im Laufe von zwei Jahrzehnten gesammelt haben, ein Signal entschlüsselt, das auf einen Planeten hindeutet. Dieser umläuft seinen Mutterstern ein Mal innerhalb von 233 Tagen in einem Abstand von 0,4 Astronomischen Einheiten (AE); 1 AE entspricht 150 Millionen Kilometer, also dem mittleren Abstand zwischen Sonne und Erde. Der Planet wurde auf den Namen Barnard's Star b getauft.
"Für die Analyse haben wir Messungen von sieben verschiedenen Instrumenten über 20 Jahre hinweg gesammelt. Dies ist damit einer der größten und unfangreichsten Datensätze, der je für präzise Radialgeschwindigkeitsstudien erstellt wurde", sagt Ignasi Ribas vom Institut de Ciènces de l'Espai (ICE, CSIC) in Spanien, Erstautor des in Nature veröffentlichten Aufsatzes.
Barnards Stern ist ein roter Zwerg, der nur vier Promille der Strahlungsleistung unserer Sonne abgibt. Daher erreicht den Planeten Barnard's Star b nur etwa zwei Prozent der Intensität, welche die Erde von der Sonne empfängt. Daraus folgern die Wissenschaftler, dass der Planet mit einer mittleren Temperatur von etwa minus 170 Grad Celsius wahrscheinlich eine lebensfeindliche, eisige Wüste ist, in der es kein flüssiges Wasser gibt. Mit einer Masse von mindestens 3,3 Erdmassen zählt er zur Klasse der Supererden – also solchen Exoplaneten, die in der Massenskala zwischen der Erde und dem Neptun liegen.
Die Entdeckung basiert auf der Radialgeschwindigkeitsmethode. Hierbei registriert ein empfindlicher Spektrograf kleine periodische Verschiebungen der Linien im Spektrum eines Sterns, weil der Planet gleichsam an ihm zerrt und seinen Mutterstern dadurch in Bewegung entlang der Sichtlinie versetzt. Daraus lässt sich die Masse des Planeten berechnen. Ist die Planetenbahn gegenüber der Sichtlinie geneigt, unterschätzen wir jedoch die Geschwindigkeitsänderung des Sterns und damit die Masse des Planeten. In den meisten Fällen kennen wir die Neigung nicht. Daher sind die 3,3 Erdmassen von Barnard's Star b nur ein Minimalwert, wenngleich dieser als recht wahrscheinlich gilt.
Schon in den bis zum Jahr 2015 gesammelten Daten gab es Hinweise auf einen Planeten. Hierzu hat der Max-Planck-Astronom Martin Kürster alleine 76 Datensätze des Uves-Spektrografen beigesteuert. Allerdings konnte die letzte Gewissheit nur mit zusätzlichen Messungen erlangt werden. Daher schloss man sich zu einer internationalen Arbeitsgruppe genannt "Red Dots" zusammen, um gemeinsam mit den weltbesten Spektrografen Carmenes, Harps und Harps-N rote Zwerge wie Barnards Stern genauer unter die Lupe zu nehmen. Präzise Spektrografen wie Carmenes, zu dessen Entwicklung das Heidelberer Max-Planck-Institut wesentlich beigetragen hat, ermöglichen es den Astronomen, immer kleinere Exoplaneten zu finden, die immer weiter von ihren Sternen entfernt ihre Bahn ziehen.
"Bis in die 1980er-Jahre war in beinahe allen professionellen und populären Astronomiebüchern zu lesen, dass zwei jupiterartige Planeten bei Barnards Stern gefunden worden seien", sagt Martin Kürster. "Dies stellte sich durch neuere Messungen, an denen ich zum Teil beteiligt war, als Irrtum heraus. Deswegen ist es jetzt umso faszinierender, dass wir mittlerweile in der Lage sind, diesen wesentlich masseärmeren Planeten nachzuweisen."
Bereits im Jahr 2016 wurde beim sonnennächsten Stern Proxima Centauri ein Planet entdeckt. Mit Barnard's Star b kennen wir nun vier Planetensysteme in einem Abstand von bis zu zehn Lichtjahren vom Sonnensystem. Im Umkreis von 15 Lichtjahren sind es sogar 14. Somit trägt die aktuelle Entdeckung zu der Erkenntnis bei, dass die Entstehung von Planeten offenbar ein sehr häufiges Phänomen im Kosmos darstellt. (mpg/MN/HOR)