Nachdem der Oberste US-Gerichtshof Ende Juni das Roe-v.-Wade-Urteil, welches das Recht auf den legalen Schwangerschaftsabbruch festlegte, gekippt hatte, fiel den Bundesstaaten eine Entscheidung über neue Regeln und Verbote zu. Am Dienstag entschieden sich die Menschen im Bundesstaat Kansas bei einem Referendum für den Schutz der legalen Abtreibung: Nach dem vorläufigen Auszählungsergebnis stimmten 58,8 Prozent der Wähler*innen gegen einen massiven Eingriff in reproduktive Rechte.
Obwohl das Ergebnis des Referendums noch vorläufig ist und nach Angaben des Staatssekretariats von Kansas noch bis morgen weiter ausgezählt wird, dürfte das Ergebnis feststehen: Die Mehrheit der Menschen im konservativen Kansas hat sich für den Erhalt des Schutzes legaler Abtreibung ausgesprochen. Ein freudiger Tag für alle, die sich für reproduktive Rechte vor allem von Frauen ausgesprochen haben. Die demokratische Gouverneurin Laura Kelly hatte immer wieder dafür plädiert, Frauen die Entscheidung zu überlassen, die sie mit sich, ihrer Familie und medizinischem Personal treffen sollten.
Doch nicht nur in Kansas ist der Jubel über die Entscheidung, die vielleicht die Richtung für weitere Abstimmungen in anderen Bundesländern aufzeigen könnte, groß. Auch Präsident Joe Biden hat bei Twitter seine Freude darüber ausgedrückt, dass das Recht von Frauen auf eine Wahl und ihr Zugang zu reproduktiver Gesundheitsfürsorge erhalten bleibt. Eine Einstellung, die ihm im Wahlkampf um die Präsidentschaft bereits die Unterstützung konservativer Christ*innen gekostet hatte. Hinzu kommt die Erleichterung derjenigen, die im Notfall aus Bundesstaaten mit Abtreibungsverboten, wie zum Beispiel Texas, nach Kansas ausreisen müssten.
Mit 58,8 Prozent (534.134 Stimmen) hat sich eine deutliche Mehrheit gegen etwa 41 Prozent (374.611 Stimmen) beim Referendum durchgesetzt. Und das, obwohl die Frage "Should the Kansas constitution be amended to remove protections of abortion rights?" (Soll die Verfassung von Kansas geändert werden, um den Schutz der Abtreibungsrechte aufzuheben?) schon etwas komplizierter formuliert war. Ein "Yes" hätte in diesem Fall die Aufhebung des Schutzes des Schwangerschaftsabbruchs bedeutet. Einfacher für die Wähler*innen wäre sicherlich die Frage gewesen, ob der Schutz der Abtreibung in der Verfassung erhalten bleiben solle.
In Kansas ist ein Schwangerschaftsabbruch also weiterhin bis zur 20. Woche nach Befruchtung ohne Einschränkungen möglich, danach nur noch mit gewichtigen Gründen wie zum Beispiel einer Gefahr für Gesundheit oder Leben der Schwangeren. Eine Möglichkeit, die in den letzten Jahren immer wieder von Konservativen und christlichen Gruppen, die auch in diesem Referendum ihre Chance sahen, angegriffen wurde. Wahrscheinlich ist, dass diese Gruppierungen ihre Bemühungen vor zukünftigen Abstimmungen, wie sie zum Beispiel für Kalifornien im November dieses Jahres vorgesehen ist, intensivieren werden.
Glücklich schätzen können sich daher Bewohner*innen von Bundesländern wie New York, welches bereits im Jahr 2019 vorausschauend den Status legaler Abtreibung unter Schutz gestellt hatte.
11 Kommentare
Kommentare
Stefan P. am Permanenter Link
Nachdem der ach so tiefgläubige Trump, das legitime Sprachrohr Gottes, die Entscheidung des Supreme Courts zur „Entscheidung Gottes“ erklärt hatte, hat der allmächtige Gott offenbar das Terrain doch schon wieder dem T
Gott hat offenbar aus Jahrzehnten gottloser Abtreibungspraxis nix gelernt...
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Ein kleiner Funke Hoffnung auf Vernunft und Realitätssinn in den USA
David Z am Permanenter Link
Prima, eine erfreuliche Nachricht. So läuft das in einem demokratischen Rechtsstaat.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Den Regeln des Rechtsstaat ja, aber leider nicht den Regeln der Vernunft, so wie man es eigentlich von einem hohen Gericht erwarten sollte.
David Z am Permanenter Link
Das würde ich anders sehen. Die Auslegung, ob etwas gegen die Verfassung verstösst, hat mMn weniger mit Vernunft als vielmehr mit juristischen Argumenten zu tun.
Die Vernunftkomponente sehe ich daher eher bei den Politikern, die a) entweder rechtskonform die Verfassung ändern oder b) jetzt lokal die Gesetze so anpassen, dass sie dem entsprechen, was vorher zentral vorgegeben war.
Wenn wir Ethik/Moral, die inherent immer auch subjektiv ist, über das Gesetz stellen, sind wir im Grunde nicht besser als die Taliban.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Langsam fange ich an Ihre Denkungsart zu verstehen, diese ist rein Faktenorientiert und ohne Emotionen.
Der Vergleich mit den Taliban hat mich dann doch etwas geschockt.
Ethik und Moral sind mE eine Menschenfreundliche und Zukunftsorientierte Gefühlslage und wenn die absolute Mehrheit der Menschen nach diesen Prämissen handeln und denken würden, wären wir auf dem Weg in eine bessere Welt.
Leider sieht die Realität momentan noch diametral anders aus, es geht mE in die entgegengesetzte Richtung und manches davon sehe ich den Religionen geschuldet.
Sieh Papst und Krill I.
David Z am Permanenter Link
Ja, damit schätzen Sie mich tatsächlich richtig ein. Das heisst natürlich nicht, dass ich keine Emphatie hätte.
Auch in einer ethisch orientierten Gesellschaft werden Gesetze benötigt, weil auch Ethik unterschiedlich gedeutet werden kann und somit Menschen in Konflikt zueinander bringt. Der funktionierende Rechtsstaat und seine Einhaltung ist damit die absolute Grundlage, ohne die menschliche Gesellschaften nicht, und ich meine wirklich nicht, funktionieren.
Daher meine Überspitzung anhand des Beispiels der Taliban. Die Taliban glauben ebenfalls, sie würden Gutes tun für die Gesellschaft. Dürfen sie sich deshalb über das Gesetz stellen? Natürlich nicht. Anderes Beispiel: Klimaaktivisten,
die mit dem Gedanken spielen, Pipelines zu sabotieren und in die Luft zu jagen. Die politische Forderung dahinter mag man akzeptieren können, das Ignorieren unserer Gesetze ist jedoch inakzeptabel.
Kurzum: Das Ziel rechtgfertigt nicht die Mittel.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Volle Zustimmung, wobei ich es als äusserst schwierig sehe, Empathie in ein Gesetz zu fassen.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Meines Erachtens wäre die Entscheidung anders ausgefallen wenn nicht D.T. Richter ausgetauscht hätte welche die Republikanische Politik und deren Ansichten zum Thema Abtreibung präferieren.
den Bedürfnissen der Mehrheit in den USA widerspiegeln.
David Z am Permanenter Link
Ja, das halte ich auch für wahrscheinlich. Das macht die Sache aber nicht besser. Im Gegenteil.
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Und genau dahingehend ist meine Befürchtung, sollte, was ich eigentlich nicht glaube , DT
noch einmal gewählt werden.
Aber Amerikanern traue ich so ziemlich alles zu.