Zum kirchlichen Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen für Lippstädter Arzt

Die katholische Kirche will durch Verbote für ÄrztInnen Kontrolle über ungewollt Schwangere ausüben

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Klinikum Lippstadt
Klinikum Lippstadt

In Lippstadt geht heute ein Arzt vor Gericht, weil er nicht hinnehmen will, was sein neuer Arbeitsgeber verlangt: Schwangerschaftsabbrüche abzulehnen, sogar wenn sie medizinisch notwendig sind. Der Arbeitgeber: die katholische Kirche, nach einer Fusion neuer Träger der Klinik. Katholische Krankenhäuser lehnen Schwangerschaftsabbrüche ab oder führen sie nur in absoluten Ausnahmefällen durch.

"Die katholische Kirche verbietet ÄrztInnen Schwangerschaftsabbrüche – damit setzt sie die Gesundheit von ungewollt Schwangeren aufs Spiel und verweigert Frauen das Recht auf Selbstbestimmung", sagt Sina Tonk, Bereichsleiterin Referate bei Terre des Femmes. "Der Ausgang des Prozesses wird zeigen, ob der Staat die Gesundheit und die Selbstbestimmung von Frauen sichert, oder ob er sie den frauenfeindlichen Regeln der katholischen Kirche unterordnet."

Bis heute ist Abtreibung eine Straftat, die nur straffrei bleibt, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Damit verharrt Deutschland seit Jahren in Stillstand, anstatt den Paragrafen 218 endlich aus dem Strafgesetzbuch zu streichen.

Sina Tonk: "Die Versorgungslage ist bereits jetzt mangelhaft, immer weniger ÄrztInnen bieten Abbrüche an. Dass aber jetzt auch noch durch Klinikfusionen die katholische Kirche als Träger an Einfluss sogar gewinnt, ÄrztInnen mit Kündigung droht und Patientinnen die Versorgung verweigert, ist ein inakzeptabler Rückschritt."

Terre des Femmes stellt sich klar an die Seite von Prof. Joachim Volz und fordert, dass die Regeln der katholischen Kirche nicht über den staatlichen Versorgungsauftrag gestellt werden.

In einem zivilgesellschaftlichen Gesetzesentwurf, der federführend von den Juristinnen Prof. Liane Wörner, Prof. Maria Wersig und Prof. Friederike Wapler im Auftrag einer Gruppe von 26 der zu diesem Thema maßgeblichen Verbände und Organisationen und in Zusammenarbeit mit diesen erstellt wurde, heißt es zum Thema Versorgungsicherheit contra Religionsfreiheit:

"Juristische Personen, Organisationen oder Führungskräfte haben jedoch keinen Anspruch darauf, (im Fall von Führungskräften für andere) die Vornahme von Schwangerschaftsabbrüchen zu verweigern. Dies gilt auch für öffentliche Krankenhäuser, deren Träger sich auf die Religionsfreiheit berufen; hier ist der Sicherstellungsauftrag der Versorgung vorrangig. Sie wird auch dadurch gerade ermöglicht, dass der rechtmäßige Schwangerschaftsabbruch Gesundheitsleistung und damit Teil bereitzustellender Versorgung ist. Zur Sicherstellung des Versorgungsauftrags dürfen Stellenausschreibungen die Voraussetzung der Bereitschaft zur Mitwirkung an Schwangerschaftsabbrüchen formulieren."

Heute Morgen fand bereits eine Demonstration in Lippstadt statt. Die Verhandlung hat in diesen Minuten begonnen.

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