TERRE DES FEMMES – Menschenrechte für die Frau e.V. setzte mit der traditionellen Fahnenaktion am 25. November vor dem Brandenburger Tor, gemeinsam mit Vertreterinnen von Politik und Zivilgesellschaft, ein klares Zeichen gegen Zwangs- und Frühehen.
Mit der eindrucksstarken Aktion hat TERRE DES FEMMES auf das Schicksal von zwangsverheirateten Mädchen und Frauen aufmerksam gemacht: Es wurden Schilder mit Zitaten von Mädchen und Frauen, wie zum Beispiel: "Mit 20 Jahren musste ich mein Studium abbrechen und "durfte" zwischen Cousin 1, 2 oder 3 meinen zukünftigen Ehemann wählen" in die Kameras gehalten. Die Schilder wurden im Verlauf der Aktion umgedreht und auf den Rückseiten erschienen positive, ermächtigende Sprüche wie "Mein Herz gehört mir!". Danach wurden gemeinsam mit den Bundestagsabgeordneten Nicole Bauer (FDP), Leni Breymaier (SPD), Sylvia Pantel (CDU), Katja Suding (FDP), Linda Teuteberg (FDP) Luftballons mit Wünschen zur Überwindung von Zwangs- und Frühehen in den Himmel steigen gelassen.
"In Deutschland ist Zwangsverheiratung verboten und für Eheschließungen existiert seit 2017 ein Mindestheiratsalter von 18 Jahren. Trotzdem finden Zwangsverheiratungen und Frühehen im Rahmen traditioneller und religiöser Zeremonien in Deutschland statt oder die Betroffenen werden dafür ins Ausland verschleppt", so Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin von TERRE DES FEMMES in ihrer Rede vor dem Brandenburger Tor. Sie forderte eine dringende Nachbesserung bei dem "Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen", das seit 2017 in Kraft ist. Mit diesem Gesetz, für das TERRE DES FEMMES sich stark eingesetzt hat, sind Ehen unter 18 Jahren in Deutschland verboten. Auch Eheschließungen von Minderjährigen im Ausland sind dadurch in Deutschland entweder unwirksam (bei unter 16-Jährigen), oder aufhebbar (bei 16 oder 17-Jährigen). "Dieses Gesetz muss jedoch auch umfassend in der Praxis angewandt werden. Von 2017 bis zum 1. Quartal 2020 wurden über 1.200 Fälle von Frühehen im Alter von 16 bis 18 Jahren gemeldet. Lediglich 11 Ehen wurden davon aufgehoben."
TERRE DES FEMMES fordert die Schließung der Gesetzeslücken im Strafrecht: Auch religiöse und soziale Zwangsverheiratungen müssen nach § 237 StGB strafbar werden, um Mädchen zu schützen. Außerdem muss die Präventionsarbeit in Schulen zu diesem Thema ausgebaut werden, um von Zwangsheirat bedrohte Mädchen über ihre Rechte rechtzeitig zu informieren. Auch MitarbeiterInnen von Jugendämtern müssen speziell zu diesem Thema geschult werden, um Betroffenen helfen zu können.
1 Kommentar
Kommentare
Christian am Permanenter Link
Es war ein großer Fehler vor einigen Jahren die Gesetzeslage so zu ändern, dass religiöse Trauungen auch ohne vorherige standesamtliche Trauung stattfinden können.
Hätte man alles beim alten gelassen, dann hätte alleine der Staat die Konrolle darüber, wer wen heiraten darf (insbesondere beim Thema Mindestalter) und die Religionsgemeinschaften müssen sich dem fügen.
Durch die Gesetzesänderung dürfen religiöse Trauungen nun auch stattfinden, ohne dass die Partner zuvor standesamtlich geheiratet haten, was Kinder- und Zwangsehen in Deutschland Tür und Tor geöffnet hat.