Ureinwohner töten Amerikaner mit Pfeilen

Missionierung unerwünscht

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North Sentinel Island, Satellitenfoto der NASA, 2009 (Ausschnitt)
North Sentinel Island, Satellitenfoto der NASA, 2009

"Mein Name ist John", soll er gerufen haben, "Ich liebe Euch und Jesus liebt Euch." Doch der Missionierungsversuch auf einer Insel im indischen Ozean endete tödlich für John Allen Chau. Der 26-jährige US-Amerikaner starb im Pfeilhagel der Eingeborenen.

Der Mann, der sich selbst als Anhänger der evangelikalen Gruppierung "The Way" bezeichnete, hatte sich für seine Verkündigung die Insel North Sentinel ausgesucht. Sie gehört zu den Andamanen, einer Inselgruppe vor Myanmar. Die Einwohner, die Sentinelesen lehnen jeden Kontakt mit der Außenwelt ab und sind bekannt dafür, Eindringlinge mit Pfeilen zu beschießen. Die indische Regierung hat Besuchern per Gesetz verboten, sich der Insel weiter als auf drei Seemeilen zu nähern. Die Vorschrift soll die Kultur der Eingeborenen bewahren und sie vor Infektionskrankheiten schützen.

Von derlei Überlegungen ließ sich der Missionar offenbar nicht aufhalten. Nach Angaben der Polizei ließ er sich zunächst gegen Bestechungsgeld in einem Fischerboot in die Nähe der Insel bringen und paddelte von dort in einem Kajak weiter.

An Bord hatte er neben dem Wort Gottes – auf der Zunge und in Gestalt einer Bibel – auch Geschenke für die Ureinwohner, wie Fisch, Fußbälle und eine Schere.

Weiteren Aufschluss über seine Motive gibt das Tagebuch, das Chaus Mutter der "Washington Post" zur Verfügung stellte. Demnach war dies bereits sein zweiter Versuch, ins Gebiet der Sentinelesen einzudringen. Bereits am Tag zuvor hatten die Eingeborenen ihm überdeutlich gezeigt, was sie von solchen Annäherungen halten. Als er sie ansprach und aufforderte, gemeinsam eine Lobpreisung Gottes anzustimmen, schossen sie ihre Pfeile auf ihn ab. Einer davon traf Chaus wasserfeste Bibel. Trotzdem versuchte er es am nächsten Tag wieder, nachdem er die Nacht auf dem Fischerboot verbracht hatte.

Offenbar war sich Chau der Gefahr durchaus bewusst. Die "Washington Post" zitiert aus einem Brief, den er an seine Eltern schrieb: "Ihr werdet mich für verrückt halten, aber ich denke, dass es sich lohnt, diesen Menschen Jesus nahezubringen". Für dieses selbstgewählte Ziel war er sogar bereit, sein Leben aufs Spiel zu setzen: "Bitte seid nicht wütend auf sie oder auf Gott, wenn ich getötet werde."

Wie der Missionar ums Leben kam, geht aus Augenzeugenberichten von Fischern hervor. Sie sagten aus, dass er bei seiner erneuten Annäherung an die Insel im Pfeilhagel starb und seine Leiche von den Eingeborenen ans Ufer gezerrt worden sei, so Deepak Yadav von der örtlichen Polizei. Die Fischer wurden festgenommen.

Die weiteren Ermittlungen stellen die Behörden jedoch vor erhebliche Probleme, da die Behörden nicht in das Gebiet der Sentinelesen eindringen dürfen. Derzeit suchen zwei Teams per Schiff und Hubschrauber nach der Leiche des Missionars.

Die Sentinelesen gehören zu den sogenannten "unkontaktierten Völkern", die jede Annäherung mit der Außenwelt ablehnen. Aufgrund ihrer abgeschiedenen Lebensweise ist wenig über sie bekannt, man nimmt jedoch an, dass der Stamm weniger als hundert Personen umfasst, die als Jäger und Sammler leben.