Mit drei Aktionsfiguren demonstriert die Giordano-Bruno-Stiftung anlässlich des 3. Ökumenischen Kirchentags in Frankfurt auf dem Römer gegen die Subventionierung des Glaubensfestes mit Steuergeldern und die schleppende Aufarbeitung der Missbrauchsfälle innerhalb der Kirchen. Dem Protest mit dem "Hängemattenbischof" hat sich erneut das Aktionsbündnis Betroffeneninitiativen angeschlossen. Mit dabei ist auch ein mobiles Kirchenaustrittsbüro, da auch in Frankfurt kaum Termine für den Austritt verfügbar sind.
Das von der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) getragene Aktionsteam "11. Gebot: Du sollst Deinen Kirchentag selbst bezahlen!" wird vom 12. bis 15. Mai mit drei großen Aktionsfiguren auf dem Frankfurter Römer demonstrieren. Am 15. Mai muss die Protestaktion auf den Rathenauplatz ausweichen. Gezeigt werden die Figuren "Moses und das 11. Gebot", der "Hängemattenbischof" und "Die nackte Wahrheit über Martin Luther". Die Figuren werden in einer Linie stehen und den Frankfurter Römer in zwei Hälften teilen. Damit soll an die in Deutschland immer noch unzureichende Trennung von Kirche und Staat erinnert werden.
Der zornige "Moses" und das 11. Gebot
Der fast drei Meter hohe "Moses" verkündet auf einer ebenso großen Steintafel das für das Aktionsteam namensgebende elfte Gebot: "Du sollst Deinen Kirchentag selbst bezahlen!" Damit klärt das Aktionsteam über die verfassungswidrige Subventionierung von Kirchen- und Katholikentagen mit allgemeinen Steuermitteln auf. Der 3. Ökumenische Kirchentag wird aller Voraussicht nach mit 10,4 Millionen Euro und damit zu über 50 Prozent von der öffentlichen Hand finanziert werden (der hpd berichtete). Im Einzelnen stellen die Stadt Frankfurt 3,9 Millionen, das Land Hessen 4 Millionen und das Bundesinnenministerium 2,5 Millionen Euro zur Verfügung. Da der Kirchentag dieses Mal digital stattfindet, ist der "Nutzen" für die Stadt sogar noch geringer als sonst.
Diese Subventionierung verstößt gegen die Pflicht des Staates, sich weltanschaulich neutral zu verhalten, denn andere Weltanschauungen werden nicht in diesem Umfang gefördert. Kirchentagsvertreter rechtfertigen die öffentlichen Zuschüsse immer wieder damit, dass Deutschland "kein laizistischer Staat" sei und daher auch religiöse Veranstaltungen bezuschussen dürfe. Es müsse lediglich die Gleichbehandlung gewährleistet sein und dies sei der Fall. Dies stimmt jedoch nicht. Drei Beispiele:
- Der Förderantrag des Bundes für Geistesfreiheit (bfg) für seinen Humanistentag 2014 in Regensburg wurde abgelehnt – Begründung: keine Relevanz.
- Der Humanistentag 2018 in Nürnberg erhielt "(so gut wie) keine Zuwendungen aus öffentlicher Hand". Insbesondere hat die Stadt keine Räume mietfrei zur Verfügung gestellt. (Dem kann auch nicht entgegengehalten werden, dass Kirchentage ja ebenfalls Miete zahlen müssten, denn dies hat nur buchhalterische Gründe. Die Miete bestreitet der Kirchentag ja gerade von den öffentlichen Zuschüssen, sodass das Geld nur "von der rechten in die linke Tasche" geschoben wird.)
- Der Förderantrag des Humanistentags 2019 in Hamburg wurde ebenfalls abgelehnt.
Die Frankfurter Integrationsdezernentin Sylvia Weber kritisierte Anfang 2021, dass die über 150 religiösen Gemeinden der Stadt in Bezug auf die sogenannte Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung nicht gleich behandelt würden. Wenn es nicht einmal in diesem Bereich klappt – wie soll es dann auf finanzieller Ebene funktionieren? Die einzig gerechte Lösung besteht daher darin, dass Stadt und Staat gar keine Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften unterstützen. Nur dies ermöglicht einen unverzerrten "Wettbewerb der Meinungen".
Der schlafende "Hängemattenbischof"
Mit dem schlafenden "Hängemattenbischof" protestiert die Giordano-Bruno-Stiftung gegen die schleppende Aufarbeitung der Missbrauchsfälle – sowohl in der katholischen als auch in der evangelischen Kirche. Wie schon bei den beiden vorangegangenen Aktionen in Köln mit dem "Eichelbischof" und wenige Wochen später dem "Hängemattenbischof" hat sich das Aktionsbündnis Betroffeneninitiativen dem Protest angeschlossen. Dazu Matthias Katsch, Geschäftsführer des Betroffenenverbandes Eckiger Tisch: "In der Vergangenheit stand oft die katholische Kirche im Fokus. Der Ökumenische Kirchentag ist daher eine gute Gelegenheit, um darauf hinzuweisen, dass auch die evangelische Kirche noch viel Aufarbeitung vor sich hat."
Die nackte Wahrheit über Martin Luther
2021 begeht die evangelische Kirche die Feierlichkeiten zu "500 Jahre Wormser Reichstag" und erinnert daran, wie Martin Luther sich vor Kaiser Karl V. weigerte, seine Lehren zu widerrufen.
Wie schon 2017 im Rahmen des Jubiläums "500 Jahre Reformation" droht auch dieses Jahr Martin Luther von Kirche und Politik zum Volkshelden hochstilisiert zu werden. Diesem unkritischen und geschichtsverfälschenden Luther-Bild soll der "Nackte Luther" entgegenwirken. Die über vier Meter hohe Skulptur zeigt eine nackte Lutherfigur mit geöffnetem Mantel. Auf der Innenseite des Mantels prangt ein Zitat des Philosophen Karl Jaspers: "Luthers Ratschläge gegen die Juden hat Hitler genau ausgeführt". Auf der Rückseite sind die judenfeindlichen Ratschläge des Reformators, unter anderem Niederbrennen der Synagogen, Zwangsenteignung und Zwangsarbeit für Juden, zu lesen.
Luther war einer der wirkmächtigsten Vertreter des Judenhasses von Golgatha bis Auschwitz und hetzte auch gegen Hexen, Behinderte und aufständische Bauern. In einer schon 2017 publizierten und seitdem stark nachgefragten Broschüre lässt die Giordano-Bruno-Stiftung den Reformator selbst zu Wort kommen – ganz im Sinne des reformatorischen Credos "sola scriptura" entlarvt ihn das bereits als einen Mann, den man nicht feiern sollte.
Mobiles Kirchenaustrittsbüro
Mit dabei ist auch noch ein "mobiles Kirchenaustrittsbüro", denn in Frankfurt (wie auch in über 30 anderen deutschen Städten) ist es momentan kaum möglich, einen Termin für den Kirchenaustritt zu bekommen. David Farago vom 11. Gebot: "Die Stadt gibt zwar 3,9 Millionen Euro für den Kirchentag aus, aber sie ist nicht willens, mehr Personal bereitzustellen, um genügend Kirchenaustrittstermine anbieten zu können. Zur Religionsfreiheit gehört aber auch, unkompliziert aus einer Religionsgemeinschaft austreten zu können. Dieses Grundrecht kann die Stadt nicht einfach ignorieren. Mit unserem Kirchenaustrittsbüro wollen wir die Bürger über diesen Skandal und über andere Austrittsmöglichkeiten informieren." Damit niemand länger Kirchensteuer zahlen muss, als es erforderlich ist, stellt die gbs wieder ihr Kirchenaustritts-Formular zur Verfügung, das sie bereits im März in Köln präsentiert hat.
Die Versammlung mit den drei Figuren wird vom 12. bis 14. Mai täglich von jeweils 10:00 Uhr bis 20:00 Uhr vor dem Frankfurter Römer stattfinden. Am 15. Mai wird die Aktion zu denselben Zeiten auf dem Rathenauplatz zu finden sein. Die bestehenden Auflagen zur Eindämmung der Corona-Pandemie werden selbstverständlich eingehalten.
3 Kommentare
Kommentare
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Geniale Aktionen, hoffentlich fangen viele Bürger an über die dargestellten Tatsachen nachzudenken und ihre Schlüsse, sowie Reaktionen daraus daraus zu ziehen.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Oh - da käme ich gut hin!
David See am Permanenter Link
ich versuche vorbei zu kommen