Ein namhafter christlicher Blogger fragt jetzt: Ist Yoga ein Werkzeug des Satans? Wir stehen ihm in dieser schweren Zeit zur Seite.
Glaube ist das beste Unterhaltungsprogramm für unser oft ja eher eintöniges Leben auf Erden. Arbeiten gehen, Tag für Tag, dann langsam sterben? Das kann es doch irgendwie nicht sein. Da muss es doch noch etwas geben.
Ja, sagt der Glaube, und je radikaler er ist, desto mehr Salz kann er in die Suppe streuen. Man muss nur jede noch so alltägliche Tätigkeit ins universale Gut-Böse-Schema pressen, muss nur sekündlich sich vormachen, dass jeder Schritt zur Seite in die Höllenschlünde führen kann, während Wohlverhalten uns einem Himmel näherbringt, in dem die hiesige Langeweile per göttlicher Verfügung abgeschafft ist.
"Göttliche" Offenbarungen sind meist sehr bemüht, noch die fitzeligsten Kleinigkeiten zu regulieren. Orthodoxen Juden wird eine bestimmte Haarmode anempfohlen, Essen wird bei Muslimen in gut und böse unterteilt, ja, im Alten Testament steht eine relativ gründliche Anweisung, wie man seine Notdurft zu verrichten und die Produkte zu entsorgen hat. Gott hat offensichtlich einigen Bedarf, die von ihm geschaffene Welt und die von ihm geschaffenen Menschen laufend zu patchen, als wäre das Ganze eine nicht ganz so ausgegorene Windowsversion.
Yoga! Findet in der Bibel und konkurrierenden Werken irgendwie keine Erwähnung. Ist es böse, ist es gut? In diese Unsicherheit hinein hat das Yoga die Frechheit besessen, sich einfach immer weiter auszubreiten, während klassisch christliche Freizeitaktivitäten wie Rosenkranzbeten, Rumknien oder Sich-den-Rücken-blutig-Peitschen eher rückläufig sind. Vielleicht besteht da sogar ein geheimnisvoller Zusammenhang? Treibt Gottes Juniorpartner, Bad Cop Satan, hier einmal wieder sein Unwesen?
Man macht sich ja so seine Gedanken, namentlich der christliche Blogger Matt Walsh, der sonst auch in Abtreibungsbefürwortern die Sklavenhalter der Jetztzeit erkennt, und für den der "Women's March" ein Ausdruck von "Ignoranz und Hass" ist. Jetzt hat er ernsthafte Bedenken, was Yoga angeht. Yoga habe seine Wurzeln in heidnischer Spiritualität und in der antichristlichen Gegenkultur der Sechziger, gewürzt mit ein bisschen New-Age-Gebrabbel. Ob die christliche Seele, so zart, so verführbar, da nicht automatisch Schaden nehmen muss?
Die physische Praxis des Yoga, einer Hindu-Gottesanbetung, so führt er weiter aus, sei nicht denkbar ohne ihre spirituellen Inhalte: Man könne ja auch keinen Porno drehen, der gleichzeitig für die ganze Familie freigegeben sein solle. (Zusammenhang? Ergibt sich nach sehr, sehr intensivem Nachdenken oder per göttlicher Eingebung.) Yoga diene letzten Endes dazu, "in eine dämonische Trance" zu fallen. Niemand würde fünf Mal am Tag nach Mekka beten, nur um seinen Rücken zu trainieren. Und was sei eigentlich für einen Christen falsch daran, auf einem Crosstrainer zu latschen?
So argumentiert Walsh vor sich hin, und man wartet gespannt darauf, wann er christliche Sichtweisen aufs Nasebohren, Müllrausbringen und Candy Crush verkünden wird – der Satan lauert ja im Prinzip überall. Das eigentliche Problem ist damit aber nicht gelöst: Der Christ ist doch in gewisser Weise verpflichtet, seinen Körper, der ihm von himmlischer Seite für ein paar Jahr zu Verfügung gestellt wurde, auch pfleglich zu behandeln. Ein bisschen Sport muss also sein. Aber kann es genügen, auf dem Crosstrainer imaginäre Treppen zu laufen, die gar nie in den Himmel hochführen? Ist Joggen einem Christen möglich, wo den Langstreckenlauf ja nachweislich die heidnischen Griechen erfanden? Spotten wir nicht, indem wir schwimmen gehen, des Heilands, der bekanntlich ein praktizierender Wasserläufer war?
Wie es aussieht, müssen christliche Sportarten erst noch erfunden werden, und wir freuen uns auf die ersten Wettkämpfe in biblischen Fernsehsendern: Kreuzschleppen dürfte dabei sein, Passivboxen (bei dem man immer die andere Wange auch noch hinhält), dazu Steinweitwurf auf nichtbewegliche Ziele, in der Bibel eine der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen, da sich zum Steinigen von Leuten immer mal wieder ein gottgewollter Anlass findet.
6 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Matt Walsh hat völlig Recht!
Yoga muss des Teufels sein, denn wenn man das Wort in sein Gegenteil verkehrt erhält man Agoi. Dies ist eine Sprache, die in Nigeria von 12.000 Einwohnern gesprochen wird. Das sind tausend Menschen für einen von Jesu Jüngern. Diese leben im Bundesstaat Cross River. Muss man mehr dazu sagen? Cross ist das Kreuz Jesu, River steht für die Ausbreitung des Christentums. Agoi zählt zu den Cross-River-Sprachen, ist also eine hochheilige Jesus-Sprache, die jeder der tausend Stellvertreter seiner Jünger spricht.
Wie viel deutlicher muss man noch beweisen, dass das Gegenteil von Agoi, nämlich Yoga, des Teufels ist? Pfui Deibel...
Rene Goeckel am Permanenter Link
Bitte, was heisst hier "Bad Cop Satan"? Der Mann ist stets gut gekleidet, sehr höflich und drückt sich gewählt aus.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Toller Ungerer. Wie geil ist das denn? "Ein bisschen Sport muss" sein. Und Spott: Kreuzschleppen etc. ...
Karol Dittel am Permanenter Link
War das nicht im Christentum irgendwie so, dass man auch seine Feinde lieben sollte ? Wäre demnach nicht das Größte im Christentum seinen allergrößten Feind zu lieben... den Teufel ? ;)
Hans am Permanenter Link
ich mache seit 1Jahr selber Yoga und wenn man es richtig macht entsteht zwischen den Teilnehmer etwas sehr privates, verbundenes, offenes, einen guten start in den Tag und ich denke das meint er mit "teuflisch&qu
Roland Fakler am Permanenter Link
Ein unterhaltsamer Text, der tief in gläubige Gehirne blicken lässt!