Gut 60 Personen sind zu einer Kundgebung am gestrigen Safe Abortion Day vor das Städtische Klinikum in Karlsruhe gekommen. Dazu aufgerufen hatten mehrere Organisationen, darunter auch die Regionalgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung (gbs) Karlsruhe. Das Karlsruher Klinikum weigert sich seit Jahren, Schwangerschaftsabbrüche durchzuführen; nur in Fälle von medizinischen Notlagen sind sie dazu bereit.
Bereits im Sommer übergaben mehrere Aktionsgruppen Bettina Lisbach, der zuständigen Bürgermeisterin und Vorsitzenden im Aufsichtsrat der Städtischen Klinikum Karlsruhe gGmbH, etwas mehr als 2.000 Unterschriften. Die Unterzeichnenden forderten, dass das Städtische Klinikum seiner Verantwortung gerecht wird und auch Schwangerschaftsabbrüche nach der Beratungsregelung anbietet
Es gibt nur vier Ärzt:innen in Karlsruhe, die Abtreibungen durchführen, drei davon nur mit der medikamentösen Methode, die nur bis zur neunten Schwangerschaftswoche zulässig ist. Das heißt, für Abbrüche ab der zehnten Woche steht nur eine einzige Ärztin in Karlsruhe zur Verfügung. Wenn sie im Urlaub ist gar keine.
Sechs Rednerinnen appellierten an das Klinikum, endlich seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen und an die zuständige Bürgermeisterin in ihrer Funktion als Aufsichtsratsvorsitzende entsprechende Schritte auf den Weg zu bringen.
Ulla Bonnekoh von der gbs Karlsruhe wies auf die Stellungnahme von Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, hin und kritisierte das Lebensschutzkonzept, das das Leben von Embryos über das Selbstbestimmungrecht von Frauen stellt. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinen beiden Urteilen zum Schwangerschaftsabbruch den Lebensschutz hauptsächlich aus Argumentationssträngen abgeleitet, die auf die Jahre 1794 und 1869 zurückgehen: Das Simultanbeseelungskonzept von Papst Pius dem IX. und das preußische Landrecht.
Doch die Gesellschaft hat sich seitdem grundlegend verändert: 88 Prozent der Menschen in Deutschland meinten 2018 bei einer Umfrage, dass Frauen selbst über einen Schwangerschaftsabbruch entscheiden können sollen.
Die gbs Karlsruhe wird in den nächsten Tagen ihre Stellungnahme an die beiden Geschäftsführer des Städtischen Klinikums, den Klinikdirektor der Frauenklinik und die Oberärzt:innen sowie die zuständige Bürgermeisterin mit einem Anschreiben übergeben, in dem sie darauf hingewiesen werden, wie unhaltbar die gesetzlichen Reglungen sind, verbunden mit der Aufforderung, zumindest die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten zu nutzen, um die Versorgungslage in Karlsruhe zu verbessern. Darüber hinaus erhalten alle weiteren Ärzt:innen der Frauenklinik die Stellungnahme per Mail. Die Regionalgruppe hofft, dadurch eine Diskussion in der Ärzteschaft der Frauenklinik am Städtischen Klinikum in Karlsruhe anzuregen.
Stellungnahme des Klinikums
Laut eines Artikels von ka-news.de hat sich das Klinikum inzwischen zu den von den Demonstrant:innen erhobenen Vorwürfen geäußert. Demnach bestehe im Städtische Klinikum Karlsruhe "selbstverständlich (...) die Möglichkeit zu einem Schwangerschaftsabbruch". In der Stellungnahme wird eingeräumt, dass Abtreibungen tatsächlich überwiegend aufgrund einer medizinischen Indikation erfolgten. "Es werden aber auch Eingriffe nach der gesetzlich vorgegebenen Beratungsregel am Klinikum durchgeführt", beteuerte man gegenüber der Redaktion von ka-news.de, diese lägen aber eher im Versorgungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigung und der niedergelassenen Vertragsärzte. Das Klinikum schloss sich einer der Forderungen der Protestierenden an: Paragraf 218, der eine Abtreibung grundsätzlich als kriminelle Handlung ausweist, müsse aus dem Strafgesetzbuch herausgelöst werden. Zur derzeitigen Vorsorgungslage verwies man auf einen von der Stadt eingerichteten "Runden Tisch", der noch 2022 seine Arbeit aufnehmen werde. "Hier ist selbstverständlich auch das Klinikum beteiligt", zitiert ka-news.de aus dem Statement.