"1000 Kreuze Marsch" Münster 2016

Christen demonstrieren gegen Abtreibung

MÜNSTER. (hpd) Wie in jedem Jahr fand der Saisonauftakt der alljährlichen "Lebensschützermärsche" in Deutschland am vergangenen Samstag in Münster/Westfalen statt. Flankiert wurde der Marsch christlicher Abtreibungsgegner von zahlreichen Gegendemonstranten.

Weiße Holzkreuze sind ihr Markenzeichen. Mit ihnen demonstrieren christliche Lebensschützer weltweit gegen das Recht auf Abtreibung, indem sie "der Opfer dieser 'Kultur des Todes'" gedenken, "die uns auf eindrucksvolle Weise in verabscheuungswürdiger Weise verdeutlicht, wozu der angeblich moderne und aufgeklärte Mensch heutzutage in der Lage ist und sogar auf ein Recht auf solche Art des Tötens Unschuldiger pocht."

Aus dem geplanten Marsch unter dem Motto "1000 Kreuze für das Leben" wurde in Münster jedoch allenfalls ein 100-Kreuze-Marsch, denn auf dem Vorplatz der Aegidiikirche hatten sich am frühen Samstagnachmittag nur knapp 100 potentielle Kreuzträger versammelt.

Der von der christlichen Lebensschutzvereinigung EuroProLife organisierte 1000-Kreuze-Marsch durch Münster findet seit 2003 statt. Der Gebetszug durch die konservative westfälische Metropole ist in jedem Jahr traditionell der erste Marsch der sogenannten Lebensschützer in Deutschland. Ihm folgen Märsche verschiedener christlicher Organisatoren in diversen Großstädten wie beispielsweise der "Marsch für das Leben" in Berlin.

Während die Anzahl der christlichen Marsch-Teilnehmer in Münster mit knapp 100 gegenüber dem Vorjahr geringer war, gab es in diesem Jahr erstaunlich viele junge Männer und Frauen unter den Lebensschützern.

Wolfgang Hering, Versammlungsleiter des 1000-Kreuze-Marsches, gab den Versammelten vor Veranstaltungsbeginn neben klärenden Details zum Ablauf der Kreuzausgabe bekannt, dass es sich bei dem Marsch um einen "Gebetszug" und nicht um eine politische Demonstration handele. Auf etwaigen Widerstand oder gar Anfeindungen empfahl er, mit verstärktem Gebet zu reagieren.

Dass mit Widerstand zu rechnen sein würde, war aufgrund der Gegendemonstrationen in den Vorjahren kein Geheimnis. Auch in diesem Jahr hatte das Aktionsbündnis "Gegen 1000 Kreuze" wieder dazu aufgerufen, den Marsch der christlichen Lebensschützer nicht unwidersprochen hinzunehmen und deutlich für das Recht auf Abtreibung einzutreten.

Als sich der 1000-Kreuze-Marsch, ausgerüstet mit Holzkreuzen, Bildern von Föten und Neugeborenen, "Abtreibung? – Nein danke!"-Aufklebern  sowie einem Marienbildnis an der Spitze singend in Bewegung setzte, säumten bereits rund 200 Gegendemonstranten den Weg der knapp 100 Lebensschützer. Zwischen beiden Gruppen: Ein enormes Polizeiaufgebot. Einsatzzüge mehrerer Polizei-Hundertschaften aus Nordrhein-Westfalen versuchten, die Gegendemonstranten von den Lebensschützern fernzuhalten. 

Vollständig gelang die Trennung jedoch nicht. Mit Sprechchören und Trillerpfeifen ließen die Gegendemonstranten die Teilnehmer des 1000-Kreuze-Marsches auf ihrem Weg durch die Altstadt von Münster wissen, was sie von christlich fundamentalistischen Auffassungen zu Themen wie Schwangerschaftsabbruch, Frauenrechte und Homosexualität hielten. Die Teilnehmer des christlichen Marsches wurden von Gegendemonstranten mit Konfetti und Kondomen sowie einer Flasche Rote-Beete-Saft beworfen.

Als ein Gegendemonstrant dem Versammlungsleiter der Lebensschützer das Mikrofon aus der Hand riss, drohte die Situation kurzzeitig zu eskalieren: Ein Journalist hatte das Entwenden des Mikrofons zufällig mit seinem Handy gefilmt, was ihm aus Reihen der Gegendemonstranten Schläge sowie den Versuch einbrachte, sein Handy zu stehlen.

Der 1000-Kreuze-Marsch endete nach rund anderthalb Stunden mit einem Gebet am Kardinal-von-Galen-Denkmal auf dem Domplatz von Münster. Kardinal von Galen wird von den christlichen Lebensschützern besonders verehrt, da er sich als Bischof von Münster während des Dritten Reichs für den Schutz des sogenannten "unwerten Lebens" und damit gegen die vom NS-Regime angeordnete Tötung von Kranken und Behinderten aussprach. Außerhalb konservativer christlicher Kreise ist Galen aufgrund weiterer Äußerungen hingegen nicht unumstritten. Hitlers Krieg gegen die Sowjetunion lobte er beispielsweise ausdrücklich als Kampf gegen den gottlosen Bolschewismus. Die ehemalige Theologieprofessorin Uta Ranke-Heinemann sieht in der Person des Kardinals von Galen die Bündelung der "Lebenslüge des deutschen Nachkriegskatholizismus"

Das Schlussgebet am Galen-Denkmal wurde überraschend von Gegendemonstranten unterbrochen, die sich bereits vor Beginn des 1000-Kreuze-Marsches unter die Teilnehmer gemischt hatten. Während die Lebensschützer knieten, sprangen sie auf und demonstrierten lautstark gegen christlichen Fundamentalismus, ehe sie von der Polizei zu Boden gerungen und in Gewahrsam genommen wurden. Laut Polizeiangaben kam es während der gesamten Veranstaltung zu fünf Anzeigen gegen Gegendemonstranten.