BOCHUM. (hpd) Dass am Karfreitag in Bochum der Film "Das Leben des Brian" aufgeführt wird, ist inzwischen schon eine Tradition. Die säkulare Initiative Religionsfrei im Revier protestiert mit der Filmvorführung gegen das Feiertagsgesetz von Nordrhein-Westfalen. Die Zahl derer, die sich an diesem Protest beteiligen, steigt mit jedem Jahr.
Bereits eine Stunde vor Beginn der Filmvorführung hat sich vor der Veranstaltungshalle eine große Menge an Menschen eingefunden. Sie alle wollen an jener Protestaktion teilnehmen, die in Bochum inzwischen Tradition hat. Am vierten Karfreitag in Folge führt die säkulare Initiative Religionsfrei im Revier öffentlich den Film "Das Leben des Brian" auf, um damit gegen das Feiertagsgesetz von Nordrhein-Westfalen zu protestieren. Das Gesetz verbietet an sogenannten stillen Feiertagen wie Karfreitag nicht nur Tanz- und Sportveranstaltungen sondern auch die Aufführung bestimmter Filme. Brian ist einer von ihnen.
Die Brian-Karfreitagstradition hat sich weit über die Grenzen Bochums hinaus herumgesprochen. Aus ganz Nordrhein-Westfalen sowie den angrenzenden Bundesländern sind Interessierte angereist, um durch ihre Anwesenheit die Protestaktion der Bochumer zu unterstützen. Das Publikum: gut durchmischt – von jung bis alt, von links bis gut bürgerlich.
Da sich zeigte, dass in jedem Jahr mehr Besucher zu der Filmaufführung strömen, wählte Religionsfrei im Revier diesmal einen wesentlich größeren Veranstaltungsort als in den Vorjahren: das Bochumer Riff im "Bermudadreieck" – kulturelles Zentrum und Partymeile von Bochum. Rund 500 Personen fasst die Veranstaltungshalle. Doch auch in diesem Jahr musste vielen Besuchern der Einlass verwehrt werden, da das Interesse für die Veranstaltung die Erwartungen des Veranstalters erneut um ein Vielfaches übertraf.
Martin Budich von der Initiative Religionsfrei im Revier betont, dass es bei der Aktion nicht darum gehe, Menschen, die aus religiösen Gründen diesen Tag in Stille verbringen wollen, bei ihrem Vorhaben zu stören –was bei der Vorführung eines Films in einem geschlossenen Raum auch schlicht unmöglich sei. Vielmehr richte sich der Protest dagegen, dass durch das Feiertagsgesetz nicht-religiöse Menschen oder Anhänger anderer Religionen staatlich verordnet zu christlicher Stille gezwungen würden. In einem Land, in dem der Anteil der Konfessionslosen inzwischen bei über einem Drittel liegt und ständig zunimmt, während die christlichen Kirchen rasant an Mitgliedern verlieren, ist nach Auffassung von Religionsfrei im Revier ein solches Feiertagsgesetz nicht mehr zeitgemäß und verletzt durch seine religiöse Bevormundung die Freiheitsrechte nicht-religiöser Menschen.
Ziel der durch das Feiertagsgesetz verbotenen öffentlichen Aufführung von "Das Leben des Brian" war es daher von Anfang an, ein Bußgeld auferlegt zu bekommen, um dagegen klagen und den Instanzenweg bis zum Bundesverfassungsgericht ausschöpfen zu können. Dort soll das NRW-Feiertagsgesetz selbst auf den Prüfstand gestellt werden. Für die Filmaufführung am Karfreitag 2014 wurde gegen Martin Budich als "Brian-Verantwortlichem" der Initiative Religionsfrei im Revier von der Stadt Bochum tatsächlich ein Bußgeld verhängt. Nach Durchschreiten der ersten Instanz am Amtsgericht Bochum wartet das Verfahren aktuell auf Zulassung der Rechtsbeschwerde am Oberlandesgericht.
In seiner Eröffnungsansprache beim diesjährigen Brian-Filmfest war es Budich ein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass es außer dem Protest gegen religiöse Bevormundung auch noch weitere sehr drängende Themen gebe. Ganz besonders die aktuelle Situation der Flüchtlinge. Er warb deshalb um Unterstützung und Spenden für das Flüchtlingsprojekt des Sozialen Zentrums Bochum, dem die Initiative Religionsfrei im Revier eng verbunden ist und das in den Vorjahren seine Räumlichkeiten für die Karfreitags-Vorführung des Brian zur Verfügung gestellt hatte.
Da die meisten der Besucher "Das Leben des Brian" schon unzählige Male gesehen hatten, präsentierte die Initiative Religionsfrei im Revier dem Publikum diesmal ein kurzes Rahmenprogramm. Bei Jan Böhmermanns humorvollem Outing-Song "Es ist wie es ist: Ich bin Atheist!" als Vorfilm amüsierte sich das Publikum ebenso prächtig wie bei dem kurzen Referat über "Das Leben des Brian" von Filmanalytiker Dr. Rainer Vowe.
Aus Köln war Rainer Ponitka, Sprecher des Internationalen Bundes der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) e.V., angereist, um die Wichtigkeit von Veranstaltungen wie dieser zu betonen. Ponitka hatte in den Vorjahren in Köln an Karfreitagen eine "Religionsfreie Zone" ausgerufen und dort ebenfalls öffentlich nicht-feiertagsfreie Filme vorgeführt. "Wir haben es in all den Jahren nie geschafft, dafür ein Bußgeld zu bekommen", sagte Ponitka, "daher kann ich euch Bochumern nur herzlich gratulieren!". In diesem Jahr pausiert Ponitka in Köln, da der Veranstaltungsort renoviert wird.
Dass mit säkularen Protestaktionen tatsächlich gesellschaftliche Änderungen bewirkt werden können, hob Daniela Wakonigg hervor, IBKA-Regionalsprecherin für das Münsterland und Mitglied der Aktionsgruppe Das 11. Gebot: Du sollst deinen Kirchentag selbst bezahlen. Indem Das 11. Gebot das Thema Kirchentagsfinanzierung in die Öffentlichkeit trug, konnte die Aktionsgruppe bewirken, dass in Münster zum ersten Mal in der Geschichte der Kirchentagsfinanzierung ein Stadtrat den vom Kirchentagsveranstalter beantragten Barzuschuss in Millionenhöhe aus der Stadtkasse ablehnte. Die historische Abstimmung im Stadtrat von Münster jährte sich am Karfreitag zum ersten Mal.
Wakonigg beglückwünschte Religionsfrei im Revier zu dem Erfolg ihrer Aktion, betonte allerdings, dass es ebenfalls wichtig sei, an diesem Tag auch auf die religiösen Gefühle gläubiger Mitmenschen Rücksicht zu nehmen. Sie gratulierte daher den anwesenden Pastafari zum Garfreitag – jenem Tag, an dem nach dem Glauben der Anhänger des Fliegenden Spaghettimonsters erstmals eine Nudel richtig gegart wurde.
Anders als in den Vorjahren blieb es nicht bei der Aufführung des Films "Das Leben des Brian", den die meisten Besucher im Stehen genießen mussten, da die 150 Sitzplätze schnell belegt waren. Religionsfrei im Revier präsentierte dem Publikum diesmal neben dem Rahmenprogramm noch zwei weitere Filme, die auf der FSK- Liste nicht-feiertagsfreier Filme zu finden sind: "Rififi am Karfreitag" sowie "Dogma".
Der Veranstalter Religionsfrei im Revier freut sich über das überwältigende Interesse für seine Brian-Protestaktion. Ein Interesse, das zeigt, wie stark staatlich unterstützte religiöse Bevormundung in der Gesellschaft auf immer mehr Gegenwehr trifft. "Und jetzt sind wir gespannt, ob wir von der Stadt Bochum wieder ein Bußgeld aufgebrummt bekommen", sagt Martin Budich und lächelt, während das Publikum zusammen mit den Gekreuzigten auf der Leinwand das berühmte Schlusslied aus "Das Leben des Brian" anstimmt: "Always look on the bright side of life …!"
3 Kommentare
Kommentare
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Herzlichen Glückwunsch für den großen Erfolg! Weiter so!
Wir haben in Mannheim, in weit bescheidenerem Maße, bei der gbs-Regionalgruppe Rhein-Neckar "Das Leben des Brian" geschaut. Allerdings war auch unser Raum gut gefüllt - mit viele neuen Gesichtern, die sich religiöse Bevormundung nicht länger gefallen lassen wollen.
Ich fürchte nur, dass wir kein Bußgeld aufgebrummt kriegen, aber es fühlte sich herrlich an, so richtig fies kriminell zu sein...
Aber wir sollten nicht nur auf die Sonnenseite des Lebens schauen, sondern auch einen Blick in die andere Richtung riskieren, wo viele im Schatten ihrer Leidensphilosophie glauben, dereinst mit ewigem Leben für ihre irdischen Entbehrungen belohnt zu werden...
Marvin am Permanenter Link
Erst einmal großes Lob für das Vorhaben!
„dass es … nicht darum gehe, Menschen, die … diesen Tag in Stille verbringen wollen, bei ihrem Vorhaben zu stören“
Warum? Ich kann ja auch nicht erwarten dass an einen mir wichtigen Tag die ganze Stadt die Klappe hält. Das ist so eine Art des ja nicht anecken wollenden Blödsinns den ich so gar nicht abkann.
„In einem Land, in dem der Anteil der Konfessionslosen inzwischen bei über einem Drittel liegt und ständig zunimmt“
Auch wieder so eine Argumentationsfloskel die nicht verwendet werden sollte. Gibt es die Homo-Ehe auch erst wenn 1/3 der Bevölkerung Schwul sind oder wie?
„Er warb deshalb um Unterstützung und Spenden für das Flüchtlingsprojekt“
Ja, sehr gut. Wird das Geld eingesetzt um den Atheismus zu verbreiten, atheistische Flüchtlinge vor dem Hass der Religiösen zu beschützen? Nein, sicher nicht. Da unterstützen Atheisten einfach mal weiter ihren eigenen Untergang.
Nudelmops am Permanenter Link
Auch ich gratuliere heftigst zu dieser wieder mal gelungenen Aktion.
Leider konnte ich nicht anwesend sein und somit solidarisch nur zuhause quasi im kleinen Kreis "Das Leben des Brian" anschauen.
Aber ich würde mich freuen, wenn es bundesweit noch mehr solcher Aktionen gäbe.
Es kann nicht sein, dass der Staat, der eigentlich weltanschaulich neutral sein sollte, weiterhin die christlichen Religionen bei ihrer Bevormundung des gesamten Volkes aktiv unterstützt.
Und die Unsinnigkeit dieser Anordnung, bestimmte Filme in geschlossenen Räumen an diesem Tag nicht zeigen zu dürfen, belegt in meinen Augen ganz klar, dass es hier nicht um den Schutz der Religionsausübung geht, sondern schlicht darum, dem gesamten Volk diesen Glauben und seine Rituale aufzuzwingen.
Schliesslich bedeutet ja eine "öffentliche" Vorführung nicht, dass die Filme als "Public Viewing" auf einem Marktplatz vorgeführt werden.
Kein Christ wird gezwungen, eine solche Filmvorführung zu besuchen, also ist die Begründung für dieses Gesetz abenteuerlich und völlig absurd. Sich dagegen zu wehren sollte eine Selbstverständlichkeit in einer Demokratie sein.
Aber als gläubiger Mensch nehme ich natürlich ebenfalls Rücksicht auf die religiösen Gefühle unserer Mitmenschen und danke Frau Wakonigg für ihre Glückwünsche an uns Pastafaris, denn der Garfreitag hat auch für uns eine wichtige religöse Bedeutung.
RAmen!