Kritik des theistischen Weltbildes aus naturwissenschaftlicher, philosophischer und theologischer Sicht

BONN. (hpd) Der promovierte Philosoph Peter Kamleiter nimmt in seinem Buch "Der entzauberte Glaube" entsprechend des Untertitels "Eine Kritik am theistischen Weltbild aus naturwissenschaftlicher, philosophischer und theologischer Sicht" vor. Auch wenn die einzelnen Aussagen nicht neu sind, ist die Publikation angesichts der Kombination der Perspektiven von Interesse, hätte aber auch inhaltlich entsprechend der beschworenen Absicht auf die Kritikperspektive stärker zugeschnitten sein können.

Über die Jahrhunderte bzw. Jahrtausende ist von den Protagonisten und Repräsentanten des Christentums ein detailliertes theistisches Weltbild entwickelt worden. Dabei nahmen sie indessen immer wieder Anpassungen an neue Erkenntnisse und Korrekturen von bisherigen Gewissheiten vor. Gleichwohl blieben einschlägige Auffassungen in der inhaltlichen Substanz bestehen. Daran wurde auch aus dem Blick unterschiedlicher Wissenschaftsdisziplinen immer wieder deutliche Kritik formuliert.

Eine Art inhaltliche Bilanz solcher Einwände präsentiert der promovierte Philosoph Peter Kamleiter in seinem Buch "Der entzauberte Glaube. Eine Kritik am theistischen Weltbild aus naturwissenschaftlicher, philosophischer und theologischer Sicht". Der Untertitel macht bereits die Perspektive deutlich. Allgemein sollen damit "Glaubwürdigkeit und Geltungsansprüche des theistischen Welt- und Gottesbildes – paradigmatisch in seiner christlichen Variante – unter Berücksichtigung natur- und geisteswissenschaftlicher Aspekte hinterfragt werden" (S. 7).

Die erstgenannte Perspektive ist die philosophische Kritik. Kamleiter macht eine Frontstellung von progressiv-aufkläererischen und repressiv-metaphysischen Positionen deutlich. Dabei setzt seine Darstellung in der Antike ein und geht bezogen auf die Entwicklung vom Mythos zum Logos bis in die Gegenwart. Bilanzierend heißt es: "Der Mensch gilt in den empirischen Wissenschaften vom Menschen nicht mehr, wie in der christlich-jüdischen Überlieferung, als Krone der göttlichen Schöpfung, der wahre und vollkommene (d. i. der rechtgläubige) Mensch nicht mehr als das immanente Ziel eines heilgeschichtlichen Prozesses" (S. 93).

Danach geht es bei Kamleiter um die Unvereinbarkeit des theistischen Weltbildes mit dem modernen naturwissenschaftlichen Kenntnisstand. Seine Ausführungen beginnen mit der Kosmologie, behandeln die Evolutionsbiologie und thematisieren das Leib-Seele-Problem. De Autor betont dabei, dass entgegen des Glaubens an übernatürliche Entittäten "Leben, Seele und Geist eine natürliche Ursache" (S. 250) haben.

Und schließlich wird die Infragestellung des christlichen Theismus durch die christliche Theologie selbst thematisiert. Dabei geht es um die Erkenntnisse von kritischen Theologen, die sich in Kenntnis neuer Einsichten immer mehr von traditionellen Vorstellungen absetzten. Derartigen Ausführungen vorgeschaltet sind zunächst noch einmal philosophische Kritiken am Theismus, wobei Ludwig Feuerbach ebenso wie das Theodizee-Problem eine herausragende Rolle spielen. Erst danach behandelt der Autor ausführlicher die theologisch begründete Kritik am Theismus. Eine Auffassung wie "Es bedarf keines Wortes, dass sich Jesus in der Erwartung des nahen Weltendes getäuscht hat" (S. 302) von dem bedeutenden Theologen Rudolf Bultmann steht exemplarisch für eine solche Perspektive. Dem folgen noch weiter Beispiele für die Selbstwiderlegung des christlichen Theismus. Denn die kritische Theologie habe selbst „am meisten zu einer kaum mehr aufzuhaltenden Entmythologisierung ehemals unantastbarer religiöser Glaubenswahrheiten“ (S. 359) beigetragen.

Kamleiter liefert in der Gesamtschau eine gut begründete Kritik bzw. Widerlegung des theistischen Weltbildes aus den genannten drei wissenschaftlichen Perspektiven. Die einzelnen Argumente sind nicht neu, sondern entstanden auf der Grundlage jahrhundertelangen aufklärerischen Denkens. Besondere Interesse verdient die Kombination der Kritikperspektive miteinander – und hierbei insbesondere die Rezeption von selbstkritischen Theologen. Kamleiter macht auch deren Dilemma angesichts von gewonnenen Einsichten und fehlenden Konsequenzen deutlich. Kritische Anmerkungen können daher mehr aus formalen und weniger aus inhaltlichen Gründen vorgetragen werden. Frei nach dem Motto "Weniger ist (manchmal) mehr" wäre eine klarere Konzentration auf das eigentliche Kritikpotential angemessen gewesen. Mitunter wirken die Ausführungen allzu weitschweifig und weniger zielführend. Darüber hinaus fällt bei einer so breiten Anlage der Erörterung eine eher dünne Grundlage an Sekundärliteratur zum Thema auf.

Peter Kamleiter, Der entzauberte Glaube. Eine Kritik am theistischen Weltbild aus naturwissenschaftlicher, philosophischer und theologischer Sicht, Marburg 2016 (Tectum-Verlag), 369 S., 19,95 Euro