Kirchliche Stiftungen sind dem staatlichen Einfluss entzogen

Die Kirchen gehen stiften

BERLIN. (hpd) Rechtsfähige Stiftungen bürgerlichen Rechts sind wichtige Akteure der Bürgergesellschaft. Ihre Gesamtzahl stieg in Deutschland im vergangenen Jahr auf 21.301, wie der Bundesverband Deutscher Stiftungen kürzlich bekannt gab. Zunehmend an Beliebtheit gewinnen unselbständige Stiftungen, die nicht statistisch erfasst werden. Erkennbar ist zudem, dass sich insbesondere die beiden Kirchen auf dem Stiftungsmarkt verstärkt tummeln.

Stiftungen haben in Deutschland eine rund tausendjährige Tradition. Im Mittelalter gründeten vor allem Adlige, kirchliche Autoritäten und begüterte Privatpersonen Stiftungen, um im Sinne christlicher Nächstenliebe mildtätig zu wirken. Auf mehr als 30.000 kirchliche Stiftungen unterschiedlicher Rechtsformen schätzt der Bundesverband Deutscher Stiftungen ihre Anzahl heute. In der von ihm herausgegebenen Publikation "Engagiert für Gott und die Welt. Kirchliche Stiftungen in Deutschland" werden im Wesentlichen 110 kleine und große Stiftungen aus beiden Kirchen porträtiert. Das Buchprojekt wurde durch neun kirchliche Förderer wie die Evangelische Bank und die Pfarrpfründestiftung der Erzdiözese Freiburg finanziert. "Dieser Band", so Prof. Michael Ling, stellvertretender Leiter des "Arbeitskreises Kirchen im Bundesverband Deutscher Stiftungen" und Justiziar und Stiftungsbeauftragter des Bistums Mainz "ist ein wichtiger Beitrag zur Erhöhung der Transparenz im kirchlichen Stiftungswesen".

Dem muss vehement widersprochen werden, er taugt allenfalls als Werbebotschaft, kirchliche Stiftungen mit Spenden und Zeit zu unterstützen.

Dem staatlichem Einfluss entzogen

Die kirchlichen Stiftungen haben unterschiedliche Rechtsformen. Sie können sowohl rechtsfähige Stiftungen privaten und öffentlichen Rechts als auch nicht rechtsfähig sein. Selbst eine kirchliche Stiftung bürgerlichen Rechts kann der Kirche zuzuordnen sein, mit der Konsequenz, dass Ordnung und Verwaltung der Stiftung durch die Kirchen deren durch Art. 140 GG i.V.m.Art. 137 Abs. 3 WRV geschützten Selbstbestimmungsrecht unterliegen und vor staatlicher Einflussnahme geschützt sind (Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 16.12.2010 – 8 ME2 76/10). Gerade auch die unselbständigen kirchlichen Stiftungen unterliegen nicht der staatlichen Stiftungsaufsicht, weil sie aufgrund ihrer fehlenden Rechtsfähigkeit nicht am allgemeinen Rechtsverkehr teilnehmen. Hierzu erlassen allein die Kirchen Stiftungsordnungen.

Über welche Zahl von Stiftungen die beiden Kirchen tatsächlich verfügen, liegt im Dunkeln. Fachleute taxieren sie auf über 30.000 mit deutlich steigender Tendenz. Nach Schätzungen des Maecenata Instituts für Dritte-Sektor-Forschung existierten 1998 ca. 100.000 Kirchen- und Kirchenpfründenstiftungen in Deutschland. Allein der Evangelisch-lutherische Pfründestiftungsverband verwaltet derzeit rund 1.700 Stiftungen.

Hinsichtlich des Vermögens und der jährlichen Ausgaben der kirchlichen Stiftungen gibt es keine verlässlichen Zahlen. Die Größenordnungen reichen dabei von der Stiftung einer einzelnen Kirchengemeinde, um deren Erträge beispielsweise das Gehalt des Pfarrers subventioniert wird, bis hin zu bedeutenden Stiftungen mit Millionen-Vermögen wie die Karl-Kübel-Stiftung. Gelegentlich kommt doch ein wenig Transparenz beim Kapital kirchlicher Stiftungen zum Vorschein. So wurde im Juni 2016 bekannt, dass das Bistum Limburg seine Vermögensverhältnisse neu geordnet hat. Drei Stiftungen halten nunmehr ein Vermögen von fast zwei Milliarden Euro; den größten Anteil davon übertrug das Münchner Erzbistum den Stiftungen erst im Jahr 2015.

Stiftungen der beiden Amtskirchen

Die katholische Kirche sieht die Stiftungslandschaft in Deutschland schon seit Jahren vor einer Renaissance. Bereits 1999 gründete das Bistum Mainz in Kooperation mit der Dresdner Bank das Zentralinstitut für kirchliche Stiftungen (zks), das potentielle Stifter bei der Errichtung und Organisation von Stiftungen berät. Das Institut ist selbst als Stiftung konzipiert; die Bank stellte 100.000 Euro Stiftungskapital zur Verfügung.

Auch die evangelische Kirche sprang auf den Zug der Etablierung kirchlicher Stiftungen auf. So rief der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Wolfgang Huber, im September 2013 die kirchlichen Stiftungen auf, sich stärker in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Stiftungen seien eines der Wachstumsfelder der Kirche. Ähnlich dem Modell der katholischen zks unterstützt die Stiftung der Evangelischen Landeskirche in Württemberg andere kirchliche Stiftungen. Auf diesem Wege sind seit 2008 71 neue Stiftungen gegründet worden, deren Vermögen inklusive der Landeskirchenstiftung aktuell 23,5 Millionen Euro beträgt. Auch die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Hannover fördert seit zehn Jahren die Errichtung neuer Stiftungen, insbesondere durch finanzielle Zuwendungen. Für die Bonifizierung eingeworbener Drittmittel stellte die Landessynode für 2015 die Summe von 5 Millionen Euro zur Verfügung.

Religiöse Arbeit wird auch von Geldern säkularer Steuerzahler finanziert

Angesichts der aktuellen Niedrigzinsphase brauchen Stiftungen einen steten finanziellen Ertrag, um ihren Zwecken zu genügen. Das gilt natürlich auch für die kirchlichen Stiftungen. Die verstärkte Erschließung der Geldquelle "Stiftung" ist völlig legal und wird vom Staat u.a. durch das Gemeinnützigkeitsrecht gefördert. Die systematische Nutzung von Stiftungskapital durch die Kirchen hat aber auch problematische Seiten. Neben der Kirchensteuer und Spenden für kirchliche Zwecke sind auch Zahlungen an kirchliche Stiftungen steuerlich absetzbar. Das führt zu Steuerausfällen in erheblichem Umfang, wenn z.B. eine Kirchengemeinde unter Zuhilfenahme ihres eigenen Vermögens ein oder zwei Stiftungen gründet, damit alle Zustifter und Spender in den Genuss von erhöhten Steuervergünstigungen kommen. Die religiöse Arbeit der Gemeinde wird damit gezielt auch von den Geldern aller (säkularen) Steuerzahler finanziert.