Indonesiens Ex-Präsident Habibie in Münster

Habibie ruft zum Dialog der Religionen auf

Indonesiens Ex-Präsident Prof. Dr. Bacharuddin Jusuf Habibie hat sich bei einem Besuch an der Universität Münster für den friedlichen Dialog der Religionen ausgesprochen. Der interreligiöse Austausch sei "essentiell für das friedliche Zusammenleben" in einer Gesellschaft, in der Menschen unterschiedlichster Glaubensrichtungen lebten, sagte er am Mittwochabend bei einer Veranstaltung des Zentrums für Islamische Theologie (ZIT) und des Exzellenzclusters "Religion und Politik" der Universität Münster.

"Gleich, ob Muslim, Christ oder Atheist: Jeder trägt die Verantwortung dafür, eine lebenswerte Gesellschaft zu schaffen." Habibie betonte, die positive gesellschaftliche Entwicklung seines Landes, des Vielvölkerstaates Indonesien, lasse sich auch auf ein Wechselspiel zwischen Kultur, Religion, Politik und Wissenschaft zurückführen. Mit Blick auf die Zuwanderung von Flüchtlingen nach Deutschland hob Habibie hervor, dass das Land viel vom friedlichen Umgang Indonesiens mit kultureller und religiöser Vielfalt lernen könne. 

Der ehemalige Präsident des bevölkerungsreichsten muslimisch geprägten Landes hat in Indonesien in einer kurzen Amtszeit von 1998 bis 1999 durch verschiedene Reformen den Grundstein zur Demokratisierung seines Landes gelegt. Der Politiker, der 1936 in Indonesien geboren wurde und von 1954 bis 1960 der an der Technischen Hochschule in Aachen Luft- und Raumfahrttechnik studierte und promovierte, kam auf eigene Initiative nach Münster, um das ZIT und den Exzellenzcluster "Religion und Politik" kennenzulernen. Er regte eine vertiefte und dauerhafte Zusammenarbeit der beiden Einrichtungen mit indonesischen Wissenschaftlern aus vergleichbaren Forschungsgebieten an. Am Mittag hatte der ehemalige Präsident WWU-Rektor Prof. Dr. Johannes Wessels und den indonesischen Botschafter in Berlin, Dr. Fauzi Bowo, getroffen. Am Nachmittag empfing Bürgermeisterin Wendela-Beate Vilhjalmsson den Gast aus Indonesien im Friedenssaal des Historischen Rathauses von Münster. Anschließend trug er sich in das Goldene Buch der Stadt ein.

Gruppenbild

Rektor Prof. Dr. Johannes Wessels (1.v.r.), Prof. Dr. Bacharuddin Jusuf Habibie (3.v.r.), Bürgermeisterin Wendela-Beate Vilhjalmsson (mitte), indonesischer Botschafter in Berlin, Dr. Fauzi Bowo (3.v.l.) (Foto: Peter Grewer/WWU)

Religionssoziologe: Mehrheit der Muslime weltweit für Demokratie

Der öffentliche Vortrag am Abend trug den Titel "Wie demokratiefähig ist der Islam?". Bei der anschließenden Diskussion mit Geistes- und Sozialwissenschaftlern des Exzellenzclusters und des ZIT sprach der islamische Theologe Prof. Dr. Mouhanad Khorchide über "ein komplexes Verhältnis von Demokratie und islamischen Gesellschaften". In vielen Ländern würden die Menschen durch diktatorische Regime ausgebeutet, die vom Westen gestützt würden, sagte der ZIT-Leiter. "Das bringt Demokratien in Verruf." Der Religionssoziologe Prof. Dr. Detlef Pollack, Sprecher des Exzellenzclusters, unterstrich, dass die Mehrheit der Muslime nach Umfragen nicht nur in Europa, sondern auch in Ländern des Nahen Ostens und des Maghreb die Demokratie als Regierungsform akzeptiere. Differenzen zwischen der Einstellung der Bevölkerung in überwiegend islamisch geprägten Gesellschaften des Nahen Ostens und in den christlich geprägten westlichen Gesellschaften bestünden weniger in Fragen der Demokratieakzeptanz als in Fragen nach der Gleichberechtigung von Mann und Frau oder nach der öffentlichen Rolle von Frauen.

Mit dem indonesischen Gast diskutierten zwei weitere Islam- und Indonesien-Kenner: der evangelische Theologe Prof. Dr. Hans-Peter Großhans und der islamische Theologe Prof. Dr. Milad Karimi. Die Moderation übernahm der Journalist Eitel Riefenstahl, dessen Kurzfilm "Indonesien - Das größte muslimische Land der Welt" zu Beginn gezeigt wurde. Grußworte sprachen Prof. Dr. Michael Quante, Prorektor für Internationales und Transfer der WWU, und der ZIT-Leiter Prof. Dr. Mouhanad Khorchide. (exc/ska/vvm)